Flieh solange du kannst
– gegen einen verbeulten Kombi, seinen einzigen Besitz, gelehnt – zu stehen, mit einer Pistole unter der Motorhaube und einem Krebs verursachenden Glimmstängel zwischen den Lippen.
Das Leben hielt wirklich einige Überraschungen bereit.
Er zuckte mit den Schultern und zog an der Zigarette, mit der vagen Hoffnung, dass das Nikotin ihn vielleicht bald umbringen würde, dann stieß er langsam und genüsslich den Rauch aus.
“Sind Sie bald fertig?”, rief er.
Gordons Hinweise auf Vincent Wendells Aufenthaltsort beschäftigten ihn. Endlich eine Spur. Er wollte unbedingt weiterfahren. Es war falsch, jemanden mitzunehmen, und dann auch noch eine Mutter mit ihrem Kind. Dennoch machte er sich Gedanken über die Brandwunde an Emmas Hand. Was für ein brutaler Mistkerl, der einer Frau so etwas vorsätzlich zufügte! Außerdem fand er es gar nicht so anstrengend, die beiden im Auto zu haben. Sie kämen ja bald nach Salt Lake City. Länger als einen Tag konnte die Fahrt nicht dauern. Das würde er schon aushalten.
“Dauert noch einen Moment!”, rief Emma zurück.
Preston hörte Max von einem Stein sprechen, den er offenbar gefunden hatte. Emma wollte ihn überreden, ihn wieder wegzulegen. Als Max sich weigerte, verlangte sie, dass er ihn in seine Hosentasche steckte. Kurz darauf schimpfte sie ihn aus, weil er sich schmutzig gemacht hatte.
Wie sie den Jungen bemutterte, gefiel Preston gar nicht. So ein bisschen Dreck hat noch keinem geschadet. Das hätte er ihr am liebsten gesagt. Und wenn Max sein eigener Sohn gewesen wäre, hätte er das auch getan. Aber sein Sohn war tot, und Preston wollte sich nicht in Emmas und Max’ Leben ziehen lassen. Er würde sich nicht weiter um die beiden kümmern, bis sie nach Salt Lake City kamen.
“Domin… Ich meine Max, hör jetzt endlich auf damit”, rief Emma.
Max lachte: “Jetzt hast du es beinahe vergessen.”
“Sei ruhig. Du weißt doch, dass wir das machen müssen.” Danach senkte sie die Stimme und sprach flüsternd auf ihn ein. Preston verstand nicht, um was es ging, bis sie schließlich laut erklärte, dass sie es jetzt geschafft hätten.
“Hat Max auch alles erledigt?”, fragte er. Noch einen solchen Halt konnte er nun wirklich nicht brauchen.
“Ja, hat er.”
“Gut, dann kann es ja weitergehen.” Er trat seine Zigarette aus, drehte sich um und fuhr zurück, als er Max am Heck des Wagens stehen sah. Ungläubig starrte der Junge ihn an.
“Du rauchst ja”, stellte er fest.
Wo steckte Emma? Sie sollte doch auf ihren Sohn aufpassen und ihn so weit wie möglich von ihm entfernt halten.
Als er den Ausdruck ungläubigen Staunens auf dem Gesicht des Jungen bemerkte, pochte sein Herz laut. Preston schaute durch die Fenster auf die andere Seite des Lieferwagens und sah Emma, die sich gerade die Hände säuberte.
“Meine Mommy mag es überhaupt nicht, wenn Leute rauchen”, erklärte Max. “Sie sagt, das stinkt eklig. Und außerdem kann man davon ein Loch im Hals kriegen.”
“Sie hat recht.” Preston zog die Fahrertür auf und zögerte. Er konnte jetzt nicht einfach einsteigen und die Tür zuschlagen. Zwar war die Straße nicht sehr belebt, aber Max könnte auf die Fahrbahn laufen, wenn niemand auf ihn aufpasste.
“Mein Dad raucht auch”, sagte der Junge.
Obwohl er eigentlich überhaupt nicht mit Max reden wollte, siegte Prestons Neugier. War der Vater von Max der Mann, von dem Emma diese hässliche Wunde hatte? “Wo ist dein Dad denn jetzt?”
“In Mexiko.”
“Und wie lange schon?”
Max zuckte mit den Schultern. “Weiß ich nicht.”
“Max?”, rief Emma.
Der Junge drehte sich um und lief um den Wagen. “Was?”
“Ich hab dir doch gesagt, dass du hierbleiben sollst.”
“Er hat eine Zigarette geraucht”, rief Max.
Emma senkte ihre Stimme. “Das geht uns nichts an.”
“Ich hab ihm gesagt, dass du es nicht leiden kannst.”
“Na, dann vielen Dank.”
Preston konnte ein amüsiertes Lächeln nicht unterdrücken, als er den sarkastischen Unterton in ihrer Stimme hörte. Kinder verstanden solche Feinheiten nicht. Sie waren ehrlich, geradeheraus und unschuldig …
Auch Dallas war so gewesen.
Die Erinnerung an seinen Sohn wühlte jenen Schmerz wieder auf, den er so lange unterdrückt hatte.
Du hast ihn im Stich gelassen, du hast nicht auf ihn aufgepasst.
Es war alles seine Schuld. Christy hatte er auch im Stich gelassen. Aber vor allem seinen Sohn.
Emma kam mit Max an der Hand um den Wagen herum. “Soll ich mal eine Weile
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