Flirt mit dem Tod
hervorzuquälen. Mit einem Stöhnen rollte sie sich aus dem Bett.
Eine heiße Dusche ließ sie sich schon etwas besser fühlen. Sie zog mühevoll einen Hosenanzug an und war gerade dabei, ihre Haare zu einem festen Knoten zusammenzufassen, als es klingelte. Dominic stand auf der Veranda, in Jeans, Hemd, Lederjacke und mit Kaugummi. In seinem Hemdausschnitt steckte die obligatorische Pilotenbrille. Lächerlich – bis zum Sonnenaufgang würden noch Stunden vergehen.
Mit einem jungenhaften Grinsen hielt er ihr einen dampfenden Styroporbecher Kaffee hin.
»Wie komme ich zu der Ehre?«
»Wir sind doch jetzt Freunde, oder?« Sein Grinsen war blanke Ironie.
»Aha. Heißt das, du holst mich jetzt jeden Tag mit einem Becher Kaffee zur Arbeit ab? Nicht, dass du dich noch an mich gewöhnst, wo du mich doch so schnell wie möglich wieder loswerden willst.«
Sein Grinsen vertiefte sich angesichts ihres sarkastischen Tonfalls und ließ das Grübchen rechts neben seinem Mundwinkel erscheinen. »Ich habe mich über dich schlaugemacht.«
»Ach ja?« Elena schnappte sich ihre Handtasche von dem Tischchen im Flur und schloss die Haustür hinter sich ab.
»Ja. Du willst gar nicht beim Morddezernat bleiben, sondern so schnell wie möglich zur Special Victims Unit . Bis du das geschafft hast, nutze ich dich und dein Talent, ordentliche Berichte zu schreiben und den Schreibtisch aufzuräumen.« Langsam gingen sie zu seinem Wagen. »Dafür werde ich nicht ganz so gemein zu dir sein, wie ich es eigentlich vorgehabt habe. Wenn die Zeit reif ist, werde ich dir eine Wahnsinnsempfehlung für die SVU geben und wieder meine Ruhe haben.« Mit einer galanten Bewegung hielt er ihr die Beifahrertür auf.
Elena dachte kurz über seine Worte nach. Sollte sie das als Friedensangebot akzeptieren? Sie blickte in seine leuchtend blauen Augen, die auch in der Dunkelheit charmant funkelten. Vor fünf Tagen hatten sie sie noch mit eisiger Kälte fixiert. Die Kugel, die sie gefangen hatte, hatte definitiv alles zwischen ihnen verändert. So ganz traute sie dem Frieden aber noch nicht. Etwas gesundes Misstrauen würde im Fall Dominic Coleman nicht schaden.
»Um die Frage zu beantworten, die du mir gleich stellen wirst: Ich bringe dich nachher wieder zurück, damit du deinen Wagen holen kannst, bevor wir ins Department fahren. Ich dachte, für dich ist es angenehmer, mit den Schmerzen mitten in der Nacht nicht selbst durch die ganze Stadt fahren zu müssen.«
»Wie nobel«, brummte sie und kletterte mühsam auf den Beifahrersitz des SUV. »Worum geht es?«
Dominic startete den Motor und fuhr los. »Zwei Leichen in einem kleinen Supermarkt, Genaueres weiß ich noch nicht.«
Sie legten den Weg schweigend zurück. Kein unangenehmes Schweigen, wie Elena überrascht feststellte. Sie nippte an ihrem Kaffee und lauschte den Killers , die leise im Radio liefen. Als sie den Tatort erreichten, war sie fast wieder eingenickt.
Der Supermarkt lag in einem der ärmeren Viertel der Stadt. Es grenzte auf der einen Seite an Mietskasernen, die von sozialen Randgruppen bewohnt wurden, und am anderen Ende an ein hübsches, aber schlichtes, Vorstadtviertel, lag also irgendwo zwischen diesen beiden Milieus.
Die Nacht wurde von einem rot-weiß-blauen Spektakel beleuchtet. Neben einigen Streifenwagen standen zwei Vans auf der Straße. Die Spurensicherung und der Gerichtsmediziner, vermutete Elena. Von außen betrachtet hätte sie den Supermarkt nicht als schäbig bezeichnet. Viel fehlte allerdings nicht. Auf dem Gehweg lag Müll, ein Müllcontainer an der Ecke quoll über. Die Hauswand war mit diversen Zetteln beklebt – von Partyangeboten über Mietgesuche bis hin zu Plakaten mit verschwundenen Katzen. In den Fenstern des Marktes prangten große Sonderangebotshinweise.
Vor dem gelben Absperrband hatte sich eine kleine Gruppe versammelt. Es waren nur wenige Leute, angesichts der Tageszeit nichts Ungewöhnliches. Automatisch scannte sie die Gesichter. Gab es jemanden, der etwas gesehen hatte? War gar der Mörder unter ihnen?
Ein Officer, den Elena nicht kannte, trat auf sie zu. Dominic hob das Absperrband, damit sie sich nicht bücken musste, und zückte seine Marke. Mit einem Nicken grüßte der Officer und begann, seine Informationen an sie weiterzugeben. »Zwei Opfer, eines männlich, eines weiblich. Ob es ein Raubüberfall war, kann ich nicht sagen. Die beiden Morde scheinen nicht zusammenzupassen. Ebenso wie die Opfer. So wie es aussieht, wurde die Kasse
Weitere Kostenlose Bücher