Flirt mit dem Tod
zu tragen. Außer seiner Familie ließ er niemanden an sich heran. Und auch sie mussten sich die Nähe zu ihm hart erkämpfen.
Maria war nicht dumm. Sie wusste sehr genau, dass ihr Sohn mehr Alkohol trank als gut für ihn war und sich durch mehr Betten schlief als moralisch tragbar. Aber vielleicht war Elena St. James genau das, was Dominic brauchte. Man würde sehen. Jetzt würde sie die junge Frau erst einmal aus ihren Grübeleien herausholen. Sie stellte ihr Glas zur Seite und trat auf Elena zu. Behutsam legte sie den Zeigefinger auf die Falte zwischen ihren Brauen. »Tun Sie das nicht, meine Liebe. Noch bevor Sie vierzig sind, werden Sie diese Runzeln nicht mehr los«, unterbrach sie Elenas Gedanken. »Kommen Sie. Probieren Sie meine Soße. Und dann erzählen Sie uns, wie Sie die wundervollen Blumen in Ihrem Vorgarten hinbekommen haben.«
»Blumen«, warf Marias Tochter Michelle mit einem Seufzer und einer dramatischen, sehr italienischen Geste ein. »Ich liebe Blumen.«
»Du solltest ihre späten Rosen sehen«, stimmte Lara zu. »So hat Mom die noch nie hinbekommen.«
»Pff.« Maria warf ihren Töchtern einen strengen Blick zu. »Meine Rosen würden besser aussehen, wenn sich nicht jemand an ihnen vergangen hätte. Ich bin mir ziemlich sicher, wer die schönsten Blüten abgeschnitten hat«, ihr durchbohrender Blick traf Michelle, »um seine Angebetete um den Finger zu wickeln.«
»Mama.« Gespielt entrüstet riss ihre Tochter die Augen auf und legte die Hand auf ihr Herz. »Benjamin würde niemals deine Blumen anrühren. Das schwöre ich.«
»Taugenichts. Sag ihm, wenn ich ihn jemals erwische, zieh ich ihm das Fell über die Ohren.«
Die Frauen lachten. Michelle beugte sich zu Elena. »Taugenichts nennt sie ihn. Dabei liebt sie ihn wie einen Sohn und hat ihn schon längst in unsere Sippe integriert.«
Elena trank noch einen Schluck Wein und verfolgte mit wachen Augen die kleine Aufführung, die mit einer Umarmung Michelles und einem Kuss auf Marias Wange endete, wofür Maria ihr liebevoll übers Haar strich.
*
Der Tisch im Esszimmer war von den Kindern gedeckt worden und die Männer, die im Wohnzimmer lautstark das Footballspiel verfolgt hatten, gesellten sich zu den Frauen, als diese das Essen auftrugen.
Maria stellte Elena Dominics Vater vor. Dominic war immer wieder fasziniert davon, wie gelassen Edward ob des wilden Treibens in seinem Haus wirkte, aber jede Handbewegung seiner Frau mit Liebe im Blick verfolgte.
Er wandte sich von seinem Vater ab und beobachtete Elena aus den Augenwinkeln. Er machte sich Vorwürfe, dass er sie den Frauen der Familie einfach so ausgeliefert hatte. Sie wirkte müde und erschöpft. Aber seine Schwestern schienen sie nicht fertiggemacht zu haben, indem sie Elena mit Fragen bombardierten, was sie oft ohne jedes Taktgefühl taten. Jetzt saß sie an dem riesigen Esstisch der Colemans und beobachtete seine Familie. Und er beobachtete sie dabei.
*
Das Essen schmeckte vorzüglich. Dominics Vater achtete darauf, dass Elena von allem etwas probierte, bis sie das Gefühl hatte, platzen zu müssen. Während sie sich tausend italienische Köstlichkeiten in den Mund stopfte, verfolgte sie die Diskussion über das Footballspiel, die die Männer ziemlich hitzig führten. Die siebenjährigen Zwillinge Katie und Liz verhandelten mit ihrer Mutter Lara über einen neuen Disney-Rucksack und Dominics Schwester Michelle und seine Schwägerin Mandy trugen einen erbitterten Streit darüber aus, ob Brad Pitt mit Angelina Jolie besser oder schlechter dran war als mit Jennifer Aniston. Maria und Ed saßen wie ein altes Patriarchenpaar am oberen Ende des Tisches und betrachteten ihre Familie voller Liebe.
Elena war erstaunt, wie sehr sie das Geplänkel am Tisch genoss, und entspannte sich langsam, aber sicher. Als Lara ihr zuraunte, dass ihre Töchter sich jetzt schon bei der UN bewerben könnten und wahrscheinlich jeden Diktator der Welt in Grund und Boden verhandeln würden, musste sie kichern und ließ sich gern noch ein Glas Wein einschenken.
Als sich Dominic und Elena später auf den Heimweg machten, küsste ihr sein jüngerer Bruder Geno galant die Hand und fragte ganz ungeniert nach ihrer Telefonnummer, was ihm eine Kopfnuss von seinem Bruder einbrachte.
Elena musste lachen. »Wenn Sie mich sprechen wollen, rufen Sie einfach die 911.«
Unter dem Lachen der Tischrunde griff sich Geno ans Herz und ließ sich auf die Knie sinken. Für sein »Amore mio« kassierte er
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