Flirt mit dem Tod
eine weitere Kopfnuss.
Nachdem sie sich von den lachenden Colemans verabschiedet hatten, begleiteten Dominics Eltern sie zur Tür. Während Maria wieder ihr Ritual durchführte und Dominic und Elena auf die Wange küsste, drückte Ed Coleman Elena fest an sich. »Ich möchte Ihnen danken«, raunte er ihr ins Ohr. »Sie haben meinem Jungen das Leben gerettet.« Als er sie wieder freigab, glänzten die Augen des älteren Mannes verdächtig.
Elena hatte augenblicklich einen Kloß in der Kehle. Die Schießerei mit Angel Delaware hatte sie neben den aktuellen Mordermittlungen schon fast vergessen.
»Ich … ähm …«
Ed drückte sanft ihren Arm. »Nein. Sagen Sie nichts. Ich wollte das nur loswerden.« Er umarmte sie noch einmal.
Elena nickte den Colemans zu und lief so schnell zu ihrem Auto, dass es gerade eben nicht nach Flucht aussah. Aber Dominic folgte ihr natürlich.
»Alles okay?«
Elena öffnete ihre Autotür. »Ja, klar.«
»Sollen wir noch was trinken gehen? Ins The Bullet oder so?«
Sie schüttelte den Kopf und stieg in ihren Wagen. Sie musste unbedingt weg von hier. Von ihm. Von seiner viel zu großherzigen Familie. Das hier war von allem zu viel. Sie musste wirklich weg hier und sich beruhigen. Mit einem gemurmelten Gruß zog sie die Autotür zu und fuhr los.
*
Dominic blickte ihr hinterher. Irgendetwas an seiner Familie hatte sie ziemlich aufgewühlt. Seine sonst so korrekte Partnerin hatte sich nicht einmal angeschnallt, bevor sie losgefahren war.
Er hätte wirklich gern noch etwas mit ihr getrunken. Den Abend mit ihr ausklingen zu lassen, schien ihm plötzlich sogar eine richtig gute Idee. Nur weil sie gerade geflüchtet war, ließ er sich noch lange nicht abwimmeln. Und wenn er schon dabei war, würde er herausfinden, was an seiner Familie ihr so zu schaffen machte.
*
Elena legte ihren Sicherheitsgurt doch noch an, zwei Straßenkreuzungen vom Haus der Colemans entfernt. Der Nachmittag mit Dominic und seiner Familie hatte sie durcheinandergebracht. Sie vergaß sogar die einfachsten Dinge.
Seufzend ließ sie den Gurt einrasten und lenkte ihren Wagen dorthin, wo das einzige Familienmitglied lebte, das sie noch hatte.
Im St. Mary, dem Pflegestift, in dem ihre Großmutter lebte, waren die Lichter und die Geräusche bereits gedämpft. Die Bewohner und das Personal hatten sich für die Nacht eingerichtet. Elena durfte ihrer Großmutter nur einen kurzen Besuch abstatten, weil diese bereits eine Schlaftablette bekommen hatte. Nachdem sie ein paar Minuten im dämmrigen Zimmer der alten Frau gesessen hatte, öffnete eine Schwester leise die Tür und bat Elena, zu gehen.
Sie küsste Elinore auf die runzlige Wange und verließ das Zimmer. Wie immer hatte ihre Großmutter nicht auf ihren Besuch reagiert. Es gab keinen Hinweis darauf, ob sie Elena noch erkannte. Als die Schwester die Tür hinter ihr ins Schloss zog, warf sie einen Blick zurück auf die alte Frau, die in ihrem Bett lag und mit halb geschlossenen Augen stumm vor sich hin starrte. Elinore hätte es gehasst, hätte sie gewusst, wie die letzten Jahre ihres Lebens verlaufen würden.
Elena ging die breite, geschwungene Treppe ins Foyer hinab. Mit einem Nicken verabschiedete sie sich von der Empfangsdame und trat in den kühlen Abend hinaus. Sie war noch genauso unruhig wie vor dem Besuch bei ihrer Großmutter, und sie wollte noch nicht nach Hause. Das große leere Haus, das eigentlich ihr größter Schatz sein sollte, war im Moment so anziehend wie eine Gefängniszelle.
Sie lenkte ihre Schritte hinter das Gebäude und streifte eine Weile durch den wunderschönen, einsamen Park des Pflegeheims. Doch in der Dämmerung fühlte sie sich plötzlich nicht mehr wohl. In ihrem Nacken prickelte es. Wurde sie beobachtet? Als sich das Gefühl zu einer Gänsehaut ausdehnte, die ihren gesamten Körper überzog, drehte sie den Kopf und starrte in die dichten Büsche, in denen sich nichts regte.
»Super, Mädchen«, murmelte sie vor sich hin. »Jetzt leidest du schon unter Verfolgungswahn.« Sie lief zum Parkplatz zurück. »Höchste Zeit, nach Hause zu gehen.«
*
Elena St. James. Fast wäre sein Herz stehen geblieben, als sie ihm über den Weg gelaufen war. Eine Sekunde lang dachte er, dass sie seinetwegen hier sei. Dass sie herausgefunden hatte, wer hinter den Morden steckte und ihn festnehmen wollte.
Eine Sekunde lang kämpfte er gegen die aufsteigende Panik. Nein, es hatte mit Sicherheit keine Sekunde gedauert. Er hatte
Weitere Kostenlose Bücher