Flirt mit dem Tod
Wohnzimmer setzte er die Flaschen ab.
Während er auf sie wartete, betrachtete er die Fotos, die auf dem Kaminsims standen. Bei seinem letzten Besuch in ihrem Haus hatte er keine Gelegenheit gehabt, sie sich anzusehen. Die Bilder zeigten Elena mit ihrer Mutter, ihrem Vater – in der Uniform eines Marines – und einer alten Frau, wahrscheinlich ihrer Großmutter. Keine Geschwister. Keine Verwandten oder Freunde.
Als Elena ins Wohnzimmer trat, trug sie Jeans, einen hellgrünen Pulli und ihre Füße steckten in dicken Stricksocken. Das Haar fiel ihr in einer offenen, wilden Lockenmähne über die Schultern. Bei ihrem Anblick zog sich sein Magen zusammen. Elena war auf so einfache Weise sexy.
Sie ließ sich auf das große blau-weiß gestreifte Sofa fallen und nahm das Bier entgegen, das er ihr reichte. Er setzte sich neben sie und drehte sich so, dass er sie ansehen konnte. »Was hast du für Geheimnisse, Elena St. James?«
Sie nahm einen Schluck von ihrem Bier. »Ich habe keine Geheimnisse. Kein einziges.«
»Komm schon. Niemand weiß etwas über dich. Außer vielleicht Bobby Pattison, aber der redet nicht mit mir. Wenn das nicht geheimnisvoll ist, dann weiß ich auch nicht.«
Mit einer langsamen Bewegung stellte Elena ihr Bier auf dem Couchtisch ab. Ihre Wangenknochen färbten sich dunkler und ihre Augen fingen an zu blitzen. »Du hast im Department Informationen über mich eingezogen?« Ihre Stimme vibrierte vor Empörung.
»Logisch. Gleich zu Beginn, als du meine neue Partnerin geworden bist. Ich wollte schließlich wissen, mit wem ich es zu tun habe. Behaupte bloß nicht, du hättest es nicht genauso gemacht.«
»Das war nicht nötig. Es spricht sowieso jeder davon, was für ein frauenverschleißender, sturköpfiger Idiot du bist, der sich an keine Vorschriften hält«, fauchte sie. »Und vergiss nicht, ich hatte bereits das Vergnügen mit dir, bevor ich deine Partnerin wurde.«
Dominic lehnte sich auf dem Sofa zurück und grinste sie an. »Gut auf den Punkt gebracht. Ich glaube, diese Beschreibung trifft mich wohl ziemlich genau.«
»Willst du wirklich so in der Öffentlichkeit dastehen?«
»Hey, so bin ich nun mal. Warum sollte ich das verheimlichen?« Er zuckte die Achseln und grinste. »Es ist mir ziemlich egal, was die anderen von mir denken.«
»Ja. Das glaube ich dir gern«, gab Elena, immer noch wütend, zurück. »Dir ist schließlich so ziemlich alles egal.«
Ihre Worte bewirkten, dass er sie mit seinem Blick fixierte. »Du bist mir aus einem unerklärlichen Grund nicht egal.«
*
Elena griff nach ihrem Bier, um seinem Blick auszuweichen. Dominic interessierte sich für sie? Über so etwas wollte sie nicht nachdenken, das brachte nur Erinnerungen an den Kuss von neulich hoch. Der Kuss, nachdem sie von Dominics Affäre mit Carly Paulson erfahren hatte. Das war starker Tobak gewesen, den sie noch nicht verarbeitet hatte. Dazu war noch keine Zeit gewesen – oder sie hatte sich noch nicht die Zeit dafür genommen.
Oder sie hatte es bislang lieber verdrängt.
»Also, was willst du von mir wissen?«, fragte sie, um ihn – und sich – abzulenken.
Lässig zurückgelehnt trank Dominic noch einen Schluck Bier. »Wer bist du? Woher kommst du? Was ist mit deiner Familie? Wieso wohnst du in einem solchen Haus in der Vorstadt anstatt in einer Singlewohnung in Boston?«
Sie schnaubte undamenhaft. »Elena St. James. Neunundzwanzig Jahre alt. Geboren auf einer Marinebasis in Florida. Als Kind oft umgezogen. Meine Eltern sind verstorben. Meine Großmutter lebt in einem Pflegeheim hier in der Nähe. Ich wohne hier, weil das das letzte Haus ist, in das wir gezogen sind. Reicht dir das?«
»Warum bist du Polizistin geworden?«, fragte er, ohne auf ihren Sarkasmus einzugehen.
»Weil ich Gutes bewirken will. Ich will diesem Land dienen.«
Dominics Blick wanderte zum Kamin zurück, zum Bild des Marineoffiziers. »Dem Land dienen? Oder deinem Vater nacheifern?«
Elena spürte, wie sich ihre Wangen noch eine Spur dunkler färbten. Sie öffnete den Mund, ohne dass ein Ton herauskam. Langsam stand sie auf und ging zum Kamin hinüber, um die Bilder ihrer Familie zu betrachten. Ein Feuer wäre schön gewesen. Dann könnte sie jetzt ihre klammen Finger wärmen. »Du hast keine Ahnung«, brachte sie schließlich heraus. »Versuch nicht, mich in irgendeine Schublade einzuordnen. Und was ist überhaupt mit dir? Was ist mit deiner Vergangenheit? Wieso machst du einen Job, bei dem man sich unterordnen
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