Flirt mit dem Tod
darauf, Licht in seine Vergangenheit zu bringen. Das war’s erst mal. Sie haben noch Zeit, also gehen Sie was essen und holen Sie sich was Heißes zu trinken. Die Nacht wird sicher weder kurz noch warm. Das Morgenmeeting verschieben wir auf den Zeitpunkt, wenn Coleman und St. James aus dem Staatsgefängnis zurück sind.«
Als Elena an ihren Schreibtisch zurückkehrte, sah sie auf ihre Uhr. Sie hatten tatsächlich noch Zeit. Bis zur Observation konnten sie es schaffen, Vionellos komplette Akte durchzugehen. Allerdings hatte Bergen sie daran erinnert, dass sie seit dem Morgen nichts mehr gegessen hatte. »Lass uns die Akten mitnehmen und in der Sandwichbar was essen.«
Dominic nickte knapp, schnappte sich einen Ordner und stampfte los. Ihr blieb nichts weiter übrig, als mit den Augen zu rollen und ihm zu folgen.
Tom March erinnerte sich an sie – und daran, was sie beim letzten Mal gegessen hatte. Sie machte dem jungen Mann, der sie anstrahlte, die Freude, zurückzulächeln und das Gleiche wie beim letzten Mal zu bestellen. Wenigstens ein männliches Wesen, das freundlich zu ihr war. Sie bedachte Dominic mit einem Seitenblick. Knurrend brachte er ein »Wie immer« heraus.
Sie hatten das Glück, eine kleine ruhige Sitzecke im hinteren Teil des Lokals zu ergattern. Hier würden sie den Fall in Ruhe durchsprechen können, falls sich ihr Partner dazu durchringen konnte, endlich ein einigermaßen normales Verhalten an den Tag zu legen. Als er sich mit sauertöpfischem Gesicht auf den Platz ihr gegenüber fallen ließ, platzte ihr der Kragen.
»Sag mir verdammt noch mal endlich, was los ist? Habe ich irgendwas falsch gemacht? Bist du sauer auf mich, weil ich heute Morgen mit Josh zusammengearbeitet habe? Liegt es … liegt es an gestern Abend?« Ihre Wangen begannen zu brennen und sie räusperte sich unbehaglich.
*
Hatte sie gerade geflucht? Hatte Elena St. James gerade das Wort verdammt in den Mund genommen? Sein Blick glitt über ihr gerötetes Gesicht und das herausfordernd vorgestreckte Kinn. O Mann, er mochte diese Frau wirklich. Er verzog seine Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen und legte seine Hand auf dem kleinen Bistrotisch über ihre. »Es hat nichts mit dir zu tun, Elena. Vor allem hat es nichts mit gestern Abend zu tun.« Während er das sagte, behielt er ihre Hand unter seiner und sah ihr fest in die Augen. »Ich bin einfach nicht gut drauf heute. Das kommt sicher nicht oft vor, aber es kommt vor.«
Elena schnaubte. »Nicht oft? Das kommt andauernd vor. Deine Stimmungsschwankungen sind schlimmer als die einer Schwangeren.«
Damit brachte sie ihn zum Lachen. »Du hast recht. Manchmal bin ich unausstehlich. Aber es liegt wirklich nicht an dir.« Grinsend drückte er ihre Hand. »Der Fall fängt an, mir richtig auf die Nerven zu gehen. Also lass uns sehen, was wir hier haben. Nimm es mir nicht übel, wenn ich schlecht gelaunt bin, nachdem ich das gelesen habe.« Er ließ ihre Hand los, schnappte sich einen der Ordner und begann zu lesen.
*
Elenas Finger prickelten, dort, wo Dominic sie berührt hatte. Um nicht über diese merkwürdige Reaktion nachdenken zu müssen, biss sie in ihr Sandwich und vertiefte sich in ihre Unterlagen.
Tom March hatte ihr lächelnd noch zweimal Kaffee nachgeschenkt. Es wurde spät und sie mussten sich beeilen, wenn sie rechtzeitig mit der Observation beginnen wollten. Sie räumte ihre Notizen zusammen, doch ein Blick zu Dominic ließ sie innehalten. Er hatte sich in seine Akte vertieft, die Brauen zu einem finsteren Blick zusammengezogen. Sein Kaffee stand eiskalt auf dem Tisch, sein Essen hatte er nicht angerührt.
Er schien jedes Wort in sich aufzusaugen. Das war es, was ihr der Lieutenant an ihrem ersten Tag in seinem Büro gesagt hatte. Dominic war ein außergewöhnlich guter Polizist. Er war nicht so cool und oberflächlich, wie er es die Leute glauben lassen wollte. Er fühlte mit den Opfern, litt mit ihnen, trauerte um sie. Und das war der Grund, warum er so sauer war. Er jagte einen Mörder, der schon viermal zugeschlagen hatte und es wieder tun würde, wenn sie nicht schneller waren. Sie horchte in sich hinein. Das machte auch sie sauer.
»Wir sollten los.«
Dominic blinzelte und blickte auf seine Uhr. »Ja, höchste Zeit.« Er schloss die Akte und stand auf.
»Du hast nichts gegessen.«
»Kein Hunger.« Die Linien um seinen Mund hatten bereits wieder einen grimmigen Zug angenommen.
Tom March winkte Elena zu, als sie das Bistro
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