Flora Segundas magische Missgeschicke
mein Mund viel zu sehr damit beschäftigt war, kulinarische Köstlichkeiten zu kauen. Und da Paimon dafür sorgte, dass unsere Teller niemals leer wurden, nahmen die zu kauenden kulinarischen Köstlichkeiten kein Ende. Ich fühlte mich schon viel besser.
Bis ich nach der Teetasse griff und merkte, dass ich schwach das Blumenmuster der Tischdecke durch meine Hand sehen konnte. Ich nahm das Messer – es fühlte sich weich in meinen Fingern an, irgendwie gummiartig und schwer zu halten.
»Ah!«, sagte Paimon, dem mein Problem nicht entgangen war. Er stellte die wie ein Fisch geformte Teekanne ab. »Bitte gib mir deine Hand, Madama.«
Die Hand, die er mir entgegenstreckte, war so groß wie ein Essteller, blau wie der Abendhimmel. Die silbernen Fingernägel glitzerten. Meine eigenen Fingernägel waren purpurfarben und Udos glänzten in einem grellen Rot, aber die Farbe von Paimons Fingernägeln war natürlicher Art, nicht künstlich aufgemalt, und wieder fiel mir auf, wie messerscharf sie waren.
»Komm, Madama, ich werde dir nicht wehtun«, lockte er.
Seine Hand umschloss die meine vollkommen und die Wärme seines Griffs – fest, aber nicht drückend – wirkte besänftigend. Die Enge in meiner Brust löste sich und die Kälte wich aus meinen Knochen. Als er meine Hand ein paar Sekunden später wieder
freigab und ich sie gegen das Licht hielt, war mein Fleisch wieder fest und solide geworden.
»Wie hast du das gemacht?«, wollte ich wissen.
»Ich habe dir etwas von meinem Willen gegeben, Madama – aber keine Sorge: Du schuldest mir deswegen nichts. Ich habe mehr Selbstbeherrschung als der junge Valefor. Und vielleicht ist es jetzt an der Zeit, auf euer Problem zu sprechen zu kommen und die möglichen Lösungen zu erörtern. Bitte, erzählt mir alles.«
Ich überließ Udo das Wort, denn ich fühlte mich ein wenig unbehaglich, die Geschichte selbst zu erzählen. Außerdem war ich immer noch mit Kauen beschäftigt. Irgendwie gelang es Udo, mich nicht wie einen vollkommenen und unverbesserlichen Idioten dastehen zu lassen, und dafür war ich ihm dankbar.
»Noch etwas Tee, Madama?«, fragte Paimon, als Udo seinen Bericht mit der Bitte schloss, Paimon möge uns das Semiotische Verb leihweise überlassen, nur für eine kurze Weile, und wir versprechen, dass wir es schnellstmöglich in bestem Zustand zurückbringen werden, bitte, bitte, bitte!
»Nein, danke«, antwortete ich. Ich war randvoll; ich hatte Angst, dass ich gleich platzen würde.
»Der Tee war ein Gedicht«, sagte Udo schmeichlerisch. »Wir möchten dir wirklich keine weiteren Umstände machen, aber das Semiotische Verb ist unbedingt nötig, um Flora wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Wir möchten auch nicht drängeln, aber wir sind etwas in Eile. Flora hat nicht mehr viel Zeit.«
»Bitte«, ergänzte ich. »Bitte, Sieur Faktotum, bitte!«
»Ich würde euch das Verb ja gerne geben«, sagte Paimon. »Aber das kann ich nicht.«
Plötzlich war ich wieder hungrig. Ich nahm mir noch ein Eiersandwich, aber diesmal schmeckte es nicht halb so gut.
»Warum nicht?«
»Ein Semiotisches Verb ist extrem gefährlich. Wenn es falsch ausgesprochen wird, kann es unermesslichen Schaden anrichten, nicht nur bei demjenigen, der damit herumspielt, sondern auch in der gesamten wirklichen Welt um diese Person herum. Ich kann es nicht in ungeübte Hände geben. Ich bitte um Verzeihung, wenn ich an euren Fähigkeiten zweifle, aber ich muss mich vorsehen.«
Mit jammervoller Stimme sagte ich: »Aber es ist meine einzige Hoffnung. Was soll ich denn sonst machen? Ich werde verschwinden.«
Paimon fuhr unbeirrt fort. »Abgesehen von der Macht des Verbs würde es keinerlei Wirkung auf Valefors Wiederherstellung haben und daher auch keine Hilfe für Madama Fyrdraaca sein. Valefor wurde vom Oberhaupt der Fyrdraaca-Familie verbannt, von der Generalin. Nur sie hat die Macht, ihn wieder einzusetzen. «
»Mama«, flüsterte ich. »Sie wird mich umbringen, wenn sie herausfindet, was ich getan habe.«
»Das bezweifle ich stark. Die Generalin Fyrdraaca hat ein ungestümes Temperament, das ist richtig, aber sie ist keineswegs blutrünstig. Sie wird vermutlich zornig sein, aber wohl kaum Mordgelüste entwickeln«, antwortete Paimon.
»Du kennst Buck nicht«, sagte Udo düster.
»Ich glaube, ihr seid es, die die Generalin Fyrdraaca unterschätzen«, sagte Paimon. »Aber ich kann gut verstehen, wenn jemand die unerfreulichen Konsequenzen des eigenen Handelns
Weitere Kostenlose Bücher