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Flora Segundas magische Missgeschicke

Flora Segundas magische Missgeschicke

Titel: Flora Segundas magische Missgeschicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Eidotter.
Über den Augen bauschten sich schimmernde Federn und darunter lauerte ein scharfer schwarzer Schnabel.
    Ein Quetzal! Ein heiliger Wächter der Huitzil. Ich hatte noch nie einen zu Gesicht bekommen, hatte nur einmal eine grobe Zeichnung gesehen, in Nini Mo und die Adlerwachen. Man sagt, dass die Quetzal von Frauen geboren werden, die sich mit Adlern gepaart hätten, und dass sie aus riesigen grünen Eiern schlüpfen, zappelnde Babys mit kreischendem Adlerkopf. Man sagt auch, dass die Quetzal den Opfersklaven das Herz aus dem Leib reißen, während es noch schlägt. Und man sagt, dass ein Quetzal über keine menschlichen Gefühle verfügt. Liebe und Gnade kennen sie nicht, nur das Verlangen nach Blut und den Instinkt zu töten.
    Dieser Quetzal ließ mir das Blut in den Adern gefrieren, mit seinen starren goldenen Augen, der grazilen, schmalen Hand, der menschlichen Form, die sich nun deutlich unter den Gewändern abzeichnete. Valefor ist auch nicht menschlich, aber er sieht menschlich aus; er benimmt sich wie ein Mensch und man kann leicht vergessen, dass er keiner ist. Aber in den Augen dieses Wesens lag trotz seiner menschlichen Attribute nichts außer einem beißenden Hunger – dem Hunger eines Jägers. Der Quetzal war unnatürlich, unmenschlich und doch erschreckend schön. Seine prächtigen Federn changierten von einem Goldgelb in ein kräftiges Rotgold, der tödliche Schnabel war tintenschwarz und glänzte. Und diese Augen – so rund wie zwei Vollmonde, unbarmherzig und doch so faszinierend.

    Ich stand stocksteif da, eingefangen in diesen Blick, unfähig, mich loszureißen. Ich war so hypnotisiert wie eine Maus, die sich nicht rühren kann, wenn der Tod über sie kommt. Da senkte der Quetzal seinen Schleier wieder und wandte den Kopf ab. Ich war entlassen.
    Ich drehte mich um und floh wieder in die Sicherheit des Speisesaals.

Kapitel 15
Casa Tigger. Udo regt sich auf. Ein Plan.
    M eine Mutter kam ein paar Minuten später zurück. Sie wirkte grimmig und rührte ihren Schokoladenkuchen nicht an, genauso wenig wie ich. Zum ersten Mal in meinem Leben ließ mich Schokoladenkuchen völlig kalt. Das Essen war vorbei. Meine Mutter und Leutnant Sabre kehrten ins Gebäude Nr. 56 zurück und Flynnie und ich fuhren in der Kalesche der Generalin nach Hause. Endlich war ich allein, was ein Segen war, weil ich keine Sekunde länger Normalität vortäuschen konnte.
    Zurück in der Stadt bat ich den Kutscher, Sergeant Ziniea, mich beim Casa Tigger abzusetzen. Es war noch nicht besonders spät, erst neun Uhr, aber trotzdem brannte in Udos Zimmer kein Licht mehr. Die Landađons sind begeisterte Anhänger einer ungebührlich frühen Bettruhe, was der einzige Nachteil ist, wenn man bei ihnen übernachtet.
    Udos Zimmer liegt zur Straße hin im dritten Stock, aber direkt vor seinem Fenster wächst ein wunderbarer Kletterbaum. Ich bin ihn schon hundertmal
hoch- und auch wieder hinuntergestiegen. Vorsichtig öffnete ich das Hintertor und schob Flynnie hindurch, begleitet von der strengen Ermahnung, bloß nicht zu bellen. Dann schwang ich mich hinauf. Udos Fenster stand offen; die Landađons sind auch begeisterte Anhänger von frischer Luft.
    Die Laterne auf der anderen Straßenseite warf Licht und Schatten in Udos Zimmer und ich erkannte die Konturen einer Kommode und dreier Betten. Der arme Udo teilt sich das Zimmer mit zwei jüngeren Brüdern, aber weil Gernot ins Bett macht und Gesilher um sich tritt, schlafen sie – der Göttin sei Dank – getrennt.
    »Udo«, zischte ich. Ich stieß mit dem Schienbein gegen die Kommode und unterdrückte einen Fluch.
    Das größte der drei Betten quietschte. Ich zog meine Stiefel aus und kletterte über das Rollbett, in dem Gesilher in einem Gewirr aus Decken lag. Udos Bett hat die Form eines Schlittens und ist von Vorhängen eingehüllt, die von der Decke herab bis zum Boden hängen. Er zieht immer die Vorhänge zu, weil er Wert auf seine Privatsphäre legt. Ich schob sie beiseite. »Udo!«
    Udo grunzte und rührte sich im Halbschlaf. »Geh weg, Ges…«
    Ich stupste ihn an. »Ich bin’s.«
    »Flora?«, murmelte er. Udo aufzuwecken ist, als würde man die Toten wach rütteln wollen. Bei näherer Überlegung ist Letzteres wohl einfacher.
    »Ayah, ich bin’s – wach auf.« Wieder stupste ich ihn, dann fing ich an zu zwicken. Udo zuckte zusammen, rollte sich auf die Seite und setzte sich leise schimpfend
auf. »Rutsch rüber.« Ich krabbelte durch die Vorhänge ins Bett hinein und

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