Flowertown - Die Sperrzone
würde sie nichts wiegen. Annabeth lachte.
»Die Dosen sind leer. Mein Sohn hat die Luke gebastelt.«
Die Palette verdeckte steile, enge Treppenstufen, die in den Keller des Supermarktes hinabführten. Annabeth ging voran und klopfte dreimal, bevor sie die Stufen betrat. Erst als sie ebenfalls drei Klopfgeräusche hörte, ging sie hinunter. »Hier entlang.«
Mit großen Augen folgten alle Besucher der alten Frau in den Keller. Zuerst sahen sie nichts außer alten Deckenbalken und Regalen, die von oben bis unten mit Dosen bestückt waren. Bing musste den Kopf einziehen, als sie durch eine schmale Tür gingen und in einen breiten, niedrigen Raum gelangten, in dem es vor Kabeln und Autobatterien nur so wimmelte. An einer Wand hingen zwei Fernseher. Daneben saß ein junger Mann vor einem Computer und scrollte den Bildschirm herunter. An zwei der Wände klebten große Bögen aus Papier, an denen Notizen, ausgeschnittene Zeitungsartikeln und Fotos hingen. An der letzten Wand schließlich, die Wand, in der sich die Tür befand, waren Waffenständer angebracht, in denen Gewehre und Pistolen in allen Größen lehnten. Darunter lagerten haufenweise Kisten mit Geschossen jeden Kalibers.
Annabeth zeigte mit ausgebreiteten Armen um sich. »Willkommen bei ›So viel du willst‹.«
Die drei schwärmten aus und sahen sich staunend um. Ellie stand vor den Fernsehern, die ohne Ton liefen. »Was ist das?«
Der Junge am Computer blickte nicht von seinem Bildschirm auf. »Das ist alles, was du in den vergangenen drei Jahren nicht in Flowertown zu sehen bekommen hast.«
»Ich habe dir gesagt, dass sie Informationen zensieren.« Bing, der wie Ellie auf die Bildschirme starrte, knuffte Ellie in den Arm. »Du hast behauptet, ich sei verrückt.«
»Da lag ich wohl falsch.«
Annabeth stand neben ihnen. »Oh, es ist viel mehr als nur Zensur. Man veranstaltet einen ganz schönen Zirkus für uns. Wir wissen nicht, wie lange das schon geht, aber wir verfolgen das seit zweieinhalb Jahren. Erinnert ihr euch daran, als das Kabelfernsehen zwei Monate lang ausfiel, und wir danach alle Kanäle auf den höheren Frequenzen verloren?«
»Ich erinnere mich«, sagte Rachel. »Davor bekamen wir HBO und Showtime, und danach gab es nichts mehr außer Einkaufskanälen und Sportfernsehen.«
»Wir haben nicht nur die Filmkanäle verloren«, sagte Annabeth. Bing nickte zustimmend. »Wir haben auch die Nachrichtensender verloren.«
»Das stimmt, Bing. Anfangs fiel das niemandem weiter auf. Aber dann bekamen wir noch nicht einmal mehr die Nachrichten aus Sioux City. Plötzlich bekamen wir sie aus Fort Dodge. Zumindest dachten wir das.«
Annabeth schüttelte ihren Kopf. »Aber man kann zwanzig Kilo Kuhmist eben nur eine begrenzte Zeit lang in einer Tüte für zehn Kilo tragen. Es passierten Fehler. Die Kurznachrichten wurden von anderen Nachrichtensprechern vermeldet als in der Hauptsendung um achtzehn Uhr. Unterschiedliche Senderlogos flackerten auf. Verdammt noch mal, selbst die Sportergebnisse stimmten manchmal nicht.«
Annabeth legte ihre Hände auf die Schultern des Jungen, der am Computer saß. »Ihr kennt alle meinen Enkel Matt, oder?« Er blickte auf. Er war ungefähr siebzehn oder achtzehn Jahre alt, weswegen sein Blick umgehend an Rachel haften blieb.
»Nun, Matt und die Clark-Zwillinge haben herausgefunden, was zu tun war. Ihr wisst, dass es keinen Baum gibt, den Mindy Clark nicht bezwingen kann, und sie haben es geschafft, denKabelmast hochzuklettern und das Signal zu knacken. Sie haben irgendein Dingsbums benutzt, um das Signal zu dechiffrieren. Ich habe sie nie gebeten, mir zu erklären, was sie gemacht haben. Ich weiß nur, dass wir seitdem ganz andere Nachrichten sehen als alle anderen in Flowertown.«
Bing starrte den Jungen an, als habe er sich in ein Einhorn verwandelt. »Du wusstest, wie das geht?«
Matt zuckte nur mit den Achseln. »Klar. Es war gar nicht so schwer, sobald wir wussten, wonach wir suchen mussten. Sie verschlüsseln das Signal alle paar Monate, du weißt schon, als Sicherheitsmaßnahme. Aber normalerweise brauche ich nur ein paar Stunden, bis ich es dechiffriert habe.« Ellie starrte auf den Bildschirm und verfolgte die Highlights eines Basketballspiels. »Also, was haben wir nicht gesehen? Was haben sie blockiert?«
»Das war die Krönung«, sagte Annabeth und setzte sich auf eine Bank in der Nähe ihres Enkels. »Zuerst haben wir gar nichts bemerkt. Wir haben die Nachrichtensendungen gleichzeitig laufen lassen,
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