Flowertown - Die Sperrzone
schlug, durchlebte Ellie Cauley innerhalb weniger Sekunden eine Reihe von Sinneseindrücken. Sie spürte, wie sie vom Boden gehoben wurde und wie sich eine merkwürdige Kälte in ihrer Schulter ausbreitete. Während sie mit den Füßen nach vorne durch die Luft wirbelte, verschwand der Laster aus ihrem Blickfeld. Hinter dem Laster rannte eine Gestalt die Straße hinunter. Sie hörte noch einen Schuss und sah, wie die Gestalt ebenso wie sie auf die tote Erde des Grenzstreifens fiel. Als ihr Kopf auf den Boden aufschlug, hörte sie einen langen, dumpfen Aufprall, und bevor sie das Bewusstsein verlor, sah sie in der Ferne mehrere Explosionen. Dann wurde es dunkel.
Langsam tauchte Ellie wieder aus einem tiefen, schwarzen Loch auf. Ihr erster Gedanke galt ihrem unvorstellbaren Durst. Sie versuchte, die Augenlider zu öffnen, aber sie schienen einhundert Kilo zu wiegen und mit Leim zugekleistert zu sein. Dann hörte sie ihren Atem durch die Nase rasseln und spürte, dass etwas auf ihrem Gesicht lag.
Mit schier übermenschlicher Kraft zwang sich Ellie dazu, die Augenlider doch zu öffnen. Um sie herum war alles weiß. Sie blinzelte. Es gab nichts, worauf sie ihre Augen richten konnte. Mit ihrer trockenen Zunge fuhr sie sich über die rauen Lippen. Das Schlucken schmerzte sie. Sie atmete tief ein und versuchte, sich zu bewegen. Sie spürte einen dumpfen, pochenden Schmerz in der linken Schulter, aber sie schaffte es nicht, ihren Hals zu drehen. Sie versuchte, ihre rechte Hand zu heben, aber etwas zog an ihrem Handgelenk. Sie hörte ein metallisches Rasseln. Mit einem Schlag war Ellie hellwach vor Panik. Sie versuchte, sich aufrecht hinzusetzen, aber gegen die Fesseln kam sie nicht an. Über ihrem Kopf sah sie einen Plastikbeutel, aus dem eine durchsichtige Flüssigkeit in einen Schlauch tropfte. Als sie langsam klarer sehen konnte, bemerkte sie einen Fernseher, der an die gegenüberliegende Wand montiert war. Ein Comic-Schwein tanzte zu einer tonlosen Melodie. Ellie sank zurück in das Kissen. Sie roch Blumen.
Das Zimmer war weiß. Das weiße Zimmer. Weiß, weiß, weiß.
Die Tür wurde geöffnet und eine Frau mittleren Alters trat an ihr Bett. Sie trug Krankenhausuniform und kontrollierte den Infusionsbeutel. Sie lächelte Ellie an. »Sie sind wach. Wie fühlen Sie sich?«
Ellie krümmte den Rücken und ein Schrei barst aus ihrer Kehle. Tränen schossen ihr in die Augen. Die Krankenschwester legte ihr die Hände auf die Schultern und drückte sie zurück in die Kissen. Ellies Schrei ging in einen Singsang über. »Fick dich! Fick dich! Fick dich!«
Als ein bewaffneter Soldat ins Zimmer stürmte, brach sie in hartes, abgehacktes Schluchzen aus. Die Schwester hatte alle Mühe, sie festzuhalten. Ellie hörte Stimmen auf dem Gang. Es war ihr egal. Sollten sie sie doch erschießen. Sie schrie und trat um sich, die dünnen Krankenhauslaken segelten zu Boden. Eine zweite Frau rannte in das Zimmer. In ihrer Hand hielt sie eine Spritze, die sie in den Infusionsbeutel injizierte. Unverzüglich breitete sich Wärme in Ellies Muskeln aus, und sie fiel zurück auf das Bett.
Die Krankenschwester lockerte ihren Griff.
»Haben Sie Schmerzen?«
»Fick dich.«
Die Frau atmete einmal tief ein, bevor sie einen weiteren Anlauf unternahm.
»Haben Sie Schmerzen?«
»Fick dich.«
»Okay.« Sie trat einen Schritt zurück. »Sie werden überleben.«
Die Tür wurde erneut geöffnet, und Ellie hörte eine männliche Stimme. »Oh, sie wird durchkommen. Eine Kugel bringt sie nicht zur Strecke.« Die Schwester trat beiseite, und Guy kam in ihr Blickfeld. Er balancierte auf Krücken. Ellie hörte auf zu schreien, der Atem gefror ihr in der Kehle. Guy lehnte sich gegen das Fußende ihres Bettes.
»Wir haben ihr ein Beruhigungsmittel gegeben.«
Guy lächelte. »Das ist wahrscheinlich eine gute Idee.«
»Wem sagen Sie das.« Die Krankenschwester warf Ellie einen bösen Blick zu und verließ hinter der anderen Frau das Zimmer. Guy wartete, bis sie die Tür geschlossen hatten, dann setzte er sich auf die rechte Bettkante. Ellie konnte sich vor Panik und Verwirrung laut hecheln hören.
»Guy?« Er strich ihr die Haare aus der Stirn. »Binde mich los.«
»Dich losbinden?«
Sie zog an den Fesseln um ihr rechtes Handgelenk und hörte wieder das metallische Rasseln. Guy runzelte die Stirn und betrachtete ihren Arm genauer.
»Du hast dich in den Laken verheddert.« Er befreite ihren Arm aus der verknoteten Bettwäsche. »Öffne deine Faust.«
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