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Flowertown - Die Sperrzone

Flowertown - Die Sperrzone

Titel: Flowertown - Die Sperrzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.G. Redling
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verschreiben?«
    Die Laborantin rollte mit ihrem Stuhl näher an Ellie heran und befestigte ein Gummiband oberhalb des Ellbogens. Währendsie mit einem desinfizierten Tuch über Ellies gewölbte Vene wischte, lachte sie verhalten.
    »Sie meinen, Sie wollen sich nicht mit Miss America vorne am Empfang anlegen?«
    »Was für eine Hexe.«
    »Wem sagen Sie das. Wie fänden Sie es, den ganzen Tag mit ihr hier drinnen eingesperrt zu sein?«
    Die Laborantin stach mit einer Nadel in Ellies Arm und begann mit der Blutabnahme. Um nicht hinsehen zu müssen, schaute Ellie auf die Frau und sah ihren Namen, der auf ihrem Revers aufgestickt war.
    »Olivia. Das ist ein schöner Name.«
    »Ja. Ich wurde nach einem Schwein benannt.«
    Ellie lachte. Sie erinnerte sich an das Kinderbuch über ein Schwein namens Olivia. »Sie müssen hier aus der Gegend stammen.«
    Olivia nickte und zog die Nadel vorsichtig aus der Vene. Sie blickte Ellie nicht an, also führte Ellie die Unterhaltung nicht weiter. Niemand sprach gerne darüber, wie er hier gelandet war.
    »Ich muss eine ziemlich umfangreiche Blutprobe nehmen.«
    »Ich brauche das Blut nicht. Nehmen Sie, so viel Sie wollen.« Olivia schaute sie kurz an, und Ellie spürte einen starken Stich. »Aua!«
    »Tut mir leid.« Olivia drückte ihre behandschuhten Finger auf die Einstichstelle und legte die gefüllte Ampulle zurück auf ihren Schreibtisch. Dann ersetzte sie ihre Finger durch etwas Verbandmull und zog Ellies Arm nach oben über ihren Kopf. »Drücken Sie eine Minute lang darauf. Ich hole Klebeband.«
    Olivia drehte Ellie den Rücken zu und zog einen langen Streifen medizinisches Klebeband hervor, das sie vorübergehend an der Schreibtischkante befestigte. Doch anstatt dasBand über den Mull zu wickeln, nahm sie erst das Telefon ab und drückte auf einen blinkenden Knopf. Ellie konnte nicht verstehen, was sie sagte, und es interessierte sie auch nicht. Stattdessen hielt sie weiter ihren Arm nach oben und drückte auf den Mullverband. Mit ihrem Glück würde sie noch verbluten. Ihre Finger begannen zu kribbeln, als sie hörte, wie die Laborantin mit dem Klebeband herumspielte und in den Telefonhörer hineinlachte. Sich zu beschweren wäre sinnlos, das wusste sie. Im Gesundheitszentrum blieb einem nichts anderes übrig als zu warten.
    Endlich wendete sich Olivia ihr wieder zu. Sie hatte lange Streifen Klebeband an mehreren Fingern und forderte sie auf, ihren Arm nach unten zu nehmen. Sie klebte den Mullverband geschickt fest und rezitierte dabei die medizinischen Instruktionen, die das Gesetz in Flowertown vorschrieb. Ellie hatte sie mehrere hundert Mal gehört: die Medikamente mussten ohne Ausnahme den Anweisungen zufolge eingenommen werden; alle Komplikationen und Probleme mussten umgehend gemeldet werden; die Medikamente durften auf keinen Fall weitergegeben oder anderweitig verwendet werden, bla, bla, bla. Nur weil Olivia und ihre Kollegen verpflichtet waren, die Worte herunterzuleiern, war Ellie noch lange nicht dazu verpflichtet, zuzuhören. Sie drückte ein Stück Klebeband fest, das sich gelöst hatte, sammelte ihre Schmuggelware ein und wartete darauf, dass Olivia ihr Gelaber beendete.
    Als Olivia mit ihrer Litanei, die sie nicht weniger als zwanzig Mal pro Tag herunterbeten musste, endlich fertig war, griff sie nach einem Kugelschreiber. »Sie brauchen Nachschub?«
    Ellie nickte und nahm Olivia den blauen Zettel aus der Hand.
    »Achten Sie auf den Arm. Nichts Schweres heben. Sie können etwas von dem Klebeband abmachen, wenn Sie wollen.«
    Am Arzneiausgabeschalter im selben Gebäudetrakt herrschte tote Hose. Während Ellie auf ihre Pillen wartete, kramte sie ihr Mobiltelefon hervor und wählte Guys Nummer. Sie machte sich nicht wirklich Sorgen um ihn. Sie wollte nur seine Stimme hören. Sie verwählte sich zweimal, weil ihre Finger zitterten, vielleicht wegen des Blutverlusts, vielleicht von der abebbenden Wut, die sie gerade noch übermannt hatte, oder einfach nur, weil sie nicht high war. Der Apotheker schob ihr die Pillen über den Tresen zu, und Ellie ließ sie in ihre Tüte fallen. Sie war noch immer damit beschäftigt, Guys Nummer zu wählen, während sie zurück auf die Straße ging.
    Das ist lächerlich, dachte sie und setzte sich auf den Randstein vor dem Gesundheitszentrum. Sie nahm die Tüte von ihrem Arm und konzentrierte sich ausschließlich auf ihre linkischen Finger. Schließlich hatte sie die korrekte Nummer gewählt. Es klingelte mehrmals, und während sie

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