Flowertown - Die Sperrzone
abholen kannst.«
»Soll das heißen, ich bekomme sie nicht jetzt?« Rachel riss ihre Augen weit auf. »Sie haben gesagt, ich bekomme sie heute.«
»Nein, heute war der letzte Tag deiner Entgiftungskur. Du musst noch die Abschlussuntersuchung bestehen. Danach musst du deine Reisedokumente abholen sowie den Schutzanzug und dein Armband angepasst bekommen. Dannmüssen wir noch dein GPS auf deine Reiseroute abstimmen und den Transport organisieren.«
»Aber die Hochzeit ist am Freitagvormittag! Es hieß, ich käme am Donnerstag hier raus. Das ist morgen. Ich habe nur achtundvierzig Stunden, wenn ich einmal draußen bin, und alle Vorkehrungen wurden schon getroffen.« Rachels Stimme wurde schriller. »Meine Familie hat alles geplant und die Zimmer sind gebucht.«
Die Krankenschwester tätschelte Rachels Arm. »Meinst du nicht auch, dass unsere Regeln wichtiger sind als ein Cocktailempfang?«
Ellie spürte ein ihr wohlvertrautes Gefühl, als sie sich mit starrem Tunnelblick von der Wand löste und auf die Krankenschwester zusteuerte. Rachel sah den Ausdruck auf ihrem Gesicht und sprang schnell vom Tisch auf, um sie aufzuhalten. Ellie konnte hören, wie ihre Mitbewohnerin beruhigend auf sie einredete, aber sie konnte nichts anderes sehen als den herablassenden Gesichtsausdruck der Krankenschwester, die gerade Rachels Formular unterschrieb. Offensichtlich waren Gefühlsausbrüche im Pflegezentrum nichts Ungewöhnliches.
»Können Sie sich wenigstens darum bemühen, dass alles planmäßig abläuft?«, bat Rachel.
»Natürlich Herzchen, das mache ich. Es ist nicht unsere Art, unseren Patienten absichtlich das Leben schwer zu machen.«
Ellie schnaubte nur, als sie das hörte. Die Stimme der Krankenschwester wurde eiskalt.
»Andererseits setzen wir nicht die Sicherheit des ganzen Landes aufs Spiel, nur damit du irgendeinem abgehalfterten Entertainer in Las Vegas zujubeln kannst.«
»Das verstehe ich.« Rachel musste Ellie schubsen, damit sie sich bewegte, und Ellie behielt die Krankenschwester im Auge, bis die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel.
»Lass uns verdammt noch mal hier abhauen, Rachel.« Sie packte ihre Mitbewohnerin am Arm und eilte den Flur hinunter. Mehrere Krankenschwestern auf der Station wollten sich verabschieden, aber dann sahen sie den düsteren Ausdruck auf Ellies Gesicht. Die beiden jungen Frauen hielten nicht eher an, bis sie auf der Mitte der Straße standen und Rachel anfing zu weinen.
»Bitte mach langsamer, Ellie. Ich kann nicht so schnell rennen.« Sie beugte sich nach vorne und erbrach sich auf die Straße. Ein Armeelaster hupte laut, damit sie den Weg frei machte. Ellie zeigte ihm beide Mittelfinger. Er hupte wieder, bis er sah, dass Rachel sich noch immer übergab. Sie wischte sich den Mund ab, richtete sich gerade auf und winkte dem Fahrer entschuldigend zu. Er winkte zurück und Ellie schleppte sie von der Straße herunter.
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Rachel. Er hat dich beinahe über den Haufen gefahren.«
»Na ja, ich stand ja auch im Weg.«
»Er kann warten. Dir war schlecht. Du bist wichtiger als seine Arbeit.«
»Werde ich hier herauskommen, Ellie?« Rachel fing wieder an zu weinen. »Was glaubst du?«
Ellie umarmte sie und drückte sie fest gegen ihre Brust. »Das wirst du. Vertraue mir. Du kommst hier raus.«
Rachel fiel auf ihr Bett, während Ellie den Krug mit Eistee für sie aus dem Kühlschrank holte. »Brauchst du ein Glas? Wir haben nämlich keines mehr.«
»Dann verzichte ich wohl darauf.«
»Gute Idee.«
Rachel nippte an dem Krug und stellte ihn dann auf dem Boden ab. »Würde es dir etwas ausmachen, an meinem Bettsitzen zu bleiben, bis ich eingeschlafen bin? Ich weiß, dass ich dir furchtbar auf den Sack gehe.«
»Ts, ts.« Ellie tadelte sie neckend. »Du weißt, dass Bing solche Ausdrücke gar nicht mag. Er wird dich nie heiraten, wenn du weiterhin so sprichst.«
Rachel kicherte und schlüpfte unter ihre Laken. Ellie deckte sie ordentlich zu und ging dann zurück in ihre Zimmerhälfte. Sie öffnete ein Fenster, zündete sich eine Zigarette an und starrte nach draußen. Ihr Blick ging über die Eisenwarenhandlung hinweg, und etwas in ihr hoffte, Mr Delmuth auf der Straßenecke fegen und winken zu sehen. Aber sie sah nur einen weiteren Armeekonvoi vorbeirollen und wendete den Blick ab.
Als sie die Augen wieder öffnete, war es dunkel im Zimmer. Ellie zuckte vor Schreck zusammen. Sie hatte geträumt, dass sie Kleinanzeigen an ein Schwarzes
Weitere Kostenlose Bücher