Flowertown - Die Sperrzone
eine Zimmergenossin habe, der es richtig schlecht geht und die sich richtig Sorgen macht, dass sie nicht ihren Passierschein bekommt. Sie braucht mich, und deshalb gehe ich zu ihr zurück und kümmere mich um sie.«
Ellie drehte sich um und ging die Straße hinunter. Bing wartete nur eine Sekunde, dann rannte er hinter ihr her und holte sie ein.
»Warum sollte Rachel nicht ihren Passierschein bekommen? Hat sie die Entgiftungskur nicht bestanden?«
»Das haben sie ihr nicht gesagt. Sie lassen sie alle möglichen Mätzchen machen, nur um sie dann in der Luft hängen zu lassen, einfach, weil sie die Macht dazu haben. Weil sie eben so drauf sind.«
Bing schwieg bis zum nächsten Straßenblock. »Und sie sind so drauf, weil sie zu Feno gehören. Feno, die eben eine Gruppe Einheimischer verhaftet haben, die uns zu einem Geheimtreffen eingeladen hatten.«
»Mist.« Ellie seufzte und versuchte ohne Erfolg schneller zu laufen, als ihre Gedanken purzelten. »Mist.«
»Ganz richtig. Was sollen wir tun, Ellie?«
»Nun, egal was wir tun werden, lass es uns nicht einen halben Kilometer entfernt von lauter Feno-Lastern tun.«
Sie gingen schnell und schweigsam. Sie wählten die Straßen, die weniger beleuchtet waren und wichen entgegenkommenden Passanten so gut es ging aus. Ellie spürte Bings Nervosität und Anspannung, wenn er in die Gassen hineinblickte oder wenn eine Sicherheitskontrolle an ihnen vorbeirollte. Als sie auf dem dritten Stock von Ost Fünf ankamen, war Bing dermaßen angespannt, dass er durch Metall hätte beißen können. DieHälfte der Lichter im Flur war durchgebrannt, und die restlichen Lampen flackerten – ein sicherer Hinweis darauf, dass der Strom bald wieder ausfallen würde.
»Sieht ganz so aus, als würde es nicht schwierig sein, im Schatten zu bleiben.« Ellie unterbrach sich, als sie an den Toilettenkabinen vorbeigingen und die vertrauten Würgegeräusche hörten. Sie klopfte an die Tür. »Rachel? Bist du das?«
»Ja. Alles okay. Ich komme gleich. Hat eure Schnitzeljagd geklappt?«
Ellie warf Bing einen Blick zu. »Nicht wirklich. Das war ein ziemlicher Reinfall.«
»Kann man sagen«, flüsterte Bing. Ellie schob ihn weiter.
»Wir gehen auf unser Zimmer, Schätzchen. Kann ich dir etwas bringen?«
»Ach,« seufzte Rachel, und Ellie hörte, wie sie ausspuckte, »ein Cocktail in Las Vegas wäre nicht schlecht.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann.« Ellie klopfte noch einmal an die Tür, dann folgte sie Bing auf das Zimmer.
Sie wusste nicht mehr, wo sie die Akten und die herausgerissenen Seiten aus dem Pflegezentrum liegen gelassen hatte und hoffte, dass ihre Schlamperei ihr Zeit geben würde, ihrem Freund alles zu erklären, bevor er die Akten von alleine entdecken würde. Aber Bing schien nichts aufzufallen. Er ließ sich auf Rachels Bett, das ein bisschen ordentlicher aussah, fallen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
»Schieß los, Ellie. Und erzähl mir in allen Einzelheiten, was heute Abend passiert ist.«
»Ich habe dir schon alles erzählt.« Die Akten lugten unter ihrem Kissen hervor, weshalb Ellie, als sie sich in ihrer gewohnten Pose auf ihr Bett setzte, beiläufig ein Handtuch über sie warf. »Feno hat das Treffen hochgenommen.«
»Nimm es mir nicht übel, aber du bist eine schlechte Geschichtenerzählerin.Und du würdest eine noch schlechtere Spionin abgeben. Der liebe Gott steckt im Detail, das weißt du doch. Hast du etwas Besonderes gehört oder etwas Ungewöhnliches gesehen? Konnte jemand aus dem Gebäude entkommen?«
»Es sah nicht danach aus. Sie sagten, das Gebiet sei unter Kontrolle, und dass sie sieben Leute verhaftet haben.«
Bing setzte sich auf und blickte Ellie über das Chaos auf Rachels Nachttisch hinweg ins Gesicht. »Du warst so nah, dass du ihre Funksprüche hören konntest, und sie haben dich nicht gesehen?«
Ellie zuckte mit den Achseln und überging die Frage. Sie wollte keine Guy-Hassrede von Bing mehr hören, weder an diesem noch an irgendeinem anderen Abend. Sie wollte nachdenken. Sie hörte Bing unmelodiös vor sich hin pfeifen, ein klares Zeichen dafür, dass auch er nachdachte.
»Okay, ich will dich nicht in Panik versetzen.« Bing setzte seine Füße auf den Boden und starrte Ellie an. Sie wusste, dass er genau das Gegenteil vorhatte. »Kann es sein, dass Annabeth und Torrez uns in eine Falle gelockt haben? Weil wir ihnen zu neugierig geworden sind, haben sie uns zu einem Treffen eingeladen, von dem sie wussten, dass es auffliegen
Weitere Kostenlose Bücher