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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Wilson
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und hatte mitbekommen, wie meine Kameraden ertränkt worden waren. Und außerdem kochte mein Blut noch vom Kampf. Bei solchen Gelegenheiten sage ich schon mal Dinge, die ich nicht so meine.«

    Roland grinste.
    »Und was soll ich jetzt tun?«, fragte Henry.
    »Abwarten«, antwortete Tate. »Die Menge steht auf meiner Seite. Das Komitee wird es nicht wagen, gegen sie zu entscheiden.«
    »Wir sollten jetzt Nägel mit Köpfen machen«, meinte Frank. »Bevor das Urteil gesprochen wird. Mag ja sein, dass es gut ausgeht. Aber wenn Hylfing inzwischen fällt, ist es zu spät.«
    »Henry sollte besser gar nicht nach Hylfing gehen«, meinte Roland. »Nicht in dieser Situation. Soll er den Zauberern direkt in die Arme rennen? Da wäre es ja noch netter, ihn mit dem Komitee allein zu lassen.«
    »Ich muss aber nach Hylfing«, wandte Henry ein. »Egal wie. Meine Tante, mein Onkel und meine Cousinen – die sind alle da.«
    »Ganz zu schweigen von deiner Mutter«, ergänzte Tate. »Und deinen Brüdern und Schwestern. Auch wenn ich nicht weiß, wie viele es noch sind.«
    Henry fiel die Kinnlade herunter. »Meine Mutter? Sie lebt?«
    Die Elfen sahen einander an. Tate zuckte die Schultern und drehte seinen Korken zwischen den Fingern.
    »Soweit wir wissen«, meinte er. »Hatte allerdings jahrelang keinen Kontakt mehr mit Mordechais Familie. Hätte ich vielleicht haben sollen. Hat sich aber nicht ergeben.«
    »Wie heißt meine Mutter denn?«
    »Sie heißt Hyazinth«, sagte Frank.
    Henry ließ den Namen in sich nachwirken. Er fühlte etwas ganz Neues, etwas, das er noch nie empfunden hatte. Und er
bekam davon eine Gänsehaut, die ihm das Rückgrat hinaufund wieder hinunterlief.
    »Ich muss nach Hylfing«, sagte er noch einmal.
    »Da ist im Moment nichts zu wollen«, sagte Tate. »Warte ab und geh später mit dem Segen des Komitees. Vielleicht sogar mit einer Unterstützung gegen die Zauberer. Ich habe keine Lust, dich mit Gewalt hier herauszuholen.«
    »Es muss aber sein«, entgegnete Henry.
    Tate reagierte ungehalten. »Es muss sein? Warum muss es sein?«
    »Weil ich nicht weiß, wie lange es überhaupt noch ein Hylfing geben wird, um dort hinzukommen«, antwortete Henry. »Außerdem«, fügte er hinzu, »auch wenn ich einfach abwarte: Ich glaube nicht, dass das Komitee besonders nett zu mir sein wird, selbst wenn alle Faeren auf meiner Seite sind. Im Traum habe ich mitbekommen, wie sie miteinander geredet haben. Darum haben sie meine Verhandlung – oder wie immer man es nennen will – ja vorgezogen.
    »Du konntest im Traum deine Zelle verlassen?«, fragte Roland. »Wie das?«
    »Das weiß ich auch nicht genau«, antwortete Henry. »Ich habe geträumt, dass ich in der Zelle war und einen Traum hatte. Und in jenem Traum konnte ich die Zelle verlassen. In meinem zweiten Traum also.«
    Roland trat einen Schritt zurück und legte seinen Kopf schief.
    »Es spielt keine große Rolle«, sagte Frank. »Was hast du da gehört?«
    Henry gab das gesamte Gespräch beinahe Wort für Wort
wieder und beobachtete dabei den Gesichtsausdruck der Elfen. Zuerst kniffen sie die Augen zusammen, beinahe skeptisch. Aber sie weiteten sie rasch wieder. Der Mund blieb ihnen offen stehen und Roland erblasste unter seinen Sommersprossen. Sein Adamsapfel hüpfte auf und ab wie ein Jojo.
    Henry atmete tief ein und kam zum Ende. »Als Löwenzahn aus der Wand wuchs, merkten sie, dass ich da war und Radulf sagte, dass die Versammlung unverzüglich einberufen werden müsste.«
    »Gütiger Himmel!«, sagte Tate.
    Frank blieb stumm. Er biss die Lippen fest aufeinander und seine Augen waren vor Zorn feucht.
    »Gütiger Himmel!«, sagte Tate noch einmal. »Gütiger Himmel, hab Erbarmen!«
    Roland musste sich auf den Boden setzen. Henry sah zu seiner Überraschung, dass ihm Tränen über die Wange rannen. Er machte sich nicht mal die Mühe, sie wegzuwischen. »Wir haben ihn im Stich gelassen«, sagte er leise. »So viele Jahre lang – um unsere eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen.«
    Frank holte tief Luft. »Die Taufe!«, sagte er plötzlich und klatschte in die Hände. »Wenn sie die Taufe fürchten, gibt es noch Hoffnung! Es stimmt, Henry York, sie werden dich töten wollen. Denn jetzt sind sie dran – oder du.«
    Roland sah auf und schniefte. Tate stand stocksteif und gedankenverloren da.
    »Wir müssen nach Hylfing! Sofort!«, sagte Frank. »Tate, wo ist der nächste Elfenkorridor an diesem Küstenabschnitt?«
    »Gleich draußen vor dem Südtor gibt es einen,

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