Fluch der 100 Pforten
Äste und den Stein in der Mitte.
Dort schlief es ein.
DREIUNDZWANZIGSTES KAPITEL
H enry schob sich seitlich durch die Schleuse und spürte rechts und links von sich raue Felswände. Wie gut, dass er es wie Tate gemacht hatte!
Und dann fühlte er Wind. Und Regen. Und es roch nach Wasser. Er stand im Dunkeln, aber ein winziger Spalt, ein kleiner Streifen graues Dämmerlicht lockte ihn voran. Er musste den Rucksack abnehmen, um sich durch den Spalt zu schieben. Und dann stand er an einem Strand, der mit rundgeschliffenen Steinen in der Größe von Melonen übersät war. Ein kleiner Damm aus Felsbrocken ragte ins Meer hinaus, um die Brandung abzufangen. Im Moment aber wurde der Damm von der hohen Dünung überspült, sodass die Wellen, die von der offenen See hereinbrachen, nur ein bisschen gedämpft wurden. Gischt schoss in den Himmel hinauf, höher als die Klippe, die sich hinter Henry erhob.
»Henry!«, rief eine Stimme. Henry konnte sie kaum hören. Er trat noch ein Stück vor, weiter in den strömenden Regen hinaus, und sah die Klippe hinauf. Dort oben standen Monmouth und die Elfen. Sie beschirmten die Augen mit ihren Händen und sahen in die Ferne. Monmouth war es, der gerufen hatte.
Henry kletterte die feuchten Felsen empor zu den anderen. Monmouth zeigte auf das Meer und Henry versuchte seine Augen vor dem strömenden Regen zu schützen.
In der Ferne, auf einer Art Halbinsel, konnte er eine von Mauern umgebene Stadt erkennen. Sie war nicht allzu groß und aus hellem, sandfarbenem Stein erbaut, der sich deutlich von den dahinter liegenden schwarzen Wolken abhob.
Alle paar Sekunden zuckten Blitze über die Stadt. Das Donnern hingegen rührte von der Brandung her.
»Und was jetzt?«, schrie Roland. »Wir sind viel zu weit weg!«
»Zu spät!«, schrie Tate zurück. Vom Regen durchweicht, hing sein Hut über seinen Ohren herab. Über der Stirn aber stellte der Wind die Krempe senkrecht in die Höhe. »Versuchen wir es zu Fuß oder im Boot?«
Der dicke Frank drängte sich neben sie.
Gemeinsam blickten sie auf die schaumgekrönten Salzberge des Meeres und wandten sich dann wieder der kleinen sandfarbenen Stadt mit ihrer Krone aus Blitzen zu.
»Wollen wir gleich sterben oder lieber erst später?«, fragte Monmouth.
»Später!«, antwortete Tate barsch. »Außerhalb des Hafens hat das Boot keine Chance.«
Henry kam näher, um besser hören zu können. Die anderen standen mit dem Rücken zum Wind und steckten die Köpfe zusammen.
»Elfen sinken wie Steine«, rief Roland aus. Sein rotes Haar stand wie Draht in die Höhe und flatterte im Wind.
Henry wischte sich die Augen und schauderte. »Sind es die
Zauberer, die diese Blitze werfen? Sie gehen genau über der Stadt nieder.«
Monmouth nickte. »Die Stadt wird nicht lange standhalten.«
Henry verstand kaum, was er sagte.
»Das werden wir noch sehen«, erwiderte Frank mit lauter Stimme. Er war besser zu hören. »Hylfing verfügt noch über einen Rest alter Kraft in seinen Mauern.«
»Wie kommen wir hinein?«, fragte Tate. Er schlug seinen Mantelkragen hoch und grub die Hände in die Taschen.
Niemand antwortete.
Henry öffnete seinen Rucksack und zog sein bereits nasses Kapuzenshirt heraus. Zumindest schützte es gegen das Prickeln des Regens auf der Haut und nahm dem Wind ein wenig die Schärfe.
Frank begann den Klippenrand abzugehen. Der Regen prallte von seinem Kopf und den Schultern und zerplatzte in viele kleine Tröpfchen. So völlig durchnässt sahen die Elfen ganz anders aus. Ihre dichten Haarmähnen hingen in Strähnen bis zu ihren Wangen herab, wo sie sich mit ihren Bärten vereinigten. Und die Kleider klebten an ihren dürren Beinen.
Frank legte einen raschen Schritt vor. Hier und da verfiel er in Trab oder lief sogar. Roland und Monmouth hatten keine Probleme, ihm zu folgen. Monmouth kam noch nicht mal außer Atem. Zumindest hörte Henry es nicht, bei dem Wind. Tate hingegen lief laut schnaufend hinter Henry her. Das wiederum war durchaus zu hören
Das Gelände war nicht allzu schwierig. Hier und da stieg die Klippe ein wenig an, meistens aber blieb sie auf der gleichen
Höhe. Erst landeinwärts erhoben sich Hügel, die in bewaldete Berge übergingen. Trotz des kalten Windes und der Gischt war Henry froh, dass sie nicht durch die steilere Landschaft liefen, sondern immer nur ein paar Meter über der Wasserlinie blieben.
Während sie der Küstenlinie folgten und durch Buchten oder um ein Kap herumliefen, verschwand die Stadt hier und da
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