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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Wilson
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Frau. »Für die Brandwunde habe ich auch keine Erklärung, aber ich kann Ihnen versichern, dass sie mich an keine Verletzung durch einen Blitzschlag erinnert. Und auf keinen Fall ist sie ernst. Es sieht zwar schlimm aus, aber die Wunde ist nicht tief. Sie ist nicht entzündet und sie beginnt auch schon zu heilen. Es mag sein, dass sie im Zusammenhang mit seiner Panik eine Rolle spielt, aber mit seinen übrigen Symptomen hat sie nichts zu tun.«
    »Gnädigste«, erklang Richards Stimme, näselnd zwar, aber dennoch irgendwie mutig. »Äh … also … entschuldigen Sie bitte …«
    Die Frau musste lachen. »Was kann ich für dich tun?«
    »Ich fürchte, Sie irren sich. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass Henry York seine Blindheit nur vortäuscht.«
    Am liebsten wäre Henry aus dem Bett geklettert und hätte Richard umarmt.
    »Oh, seine Blindheit ist durchaus echt. Aber sie wird einfach nur durch seine Angst hervorgerufen.«
    »Henry kennt keine Furcht.«
    Henry schluckte. Leider wusste er, dass dies nicht stimmte.
    Aber Richard fuhr fort: »Ich habe in äußerster Gefahr an seiner Seite gestanden. Oder vielmehr hinter ihm als neben ihm. Und er wurde nicht panisch oder täuschte vor, blind zu sein. Er tat, was die Situation erforderte.«

    »Richard, Liebling«, begann Dotty, aber Frank kicherte unterdrückt.
    Richard sog die Luft ein. »Wenn ich blind im Bett läge und Sie mir sagen würden, dass meine Mutlosigkeit der Grund dafür wäre, dann würde ich Ihnen glauben. Aber nicht bei Henry.« Richard sprach weiter, aber seine Stimme wurde leiser, entfernte sich. Dann verstummte sie. Sie hatten das Zimmer verlassen.
    Henry schämte sich. Er schämte sich, weil Richard sich täuschte. Er konnte durchaus Panikattacken bekommen. Aber dies hier war keine. Er hatte keine Panik gehabt. Er öffnete ein Auge, blickte nach oben und sah … nichts − dort, wo sich eigentlich Deckenplatten und Neonlampen befinden sollten. Er war blind, und Schluss!
    Schlimmer aber als die Blindheit an sich war, blind zu sein und gesagt zu bekommen, man sei es in Wirklichkeit gar nicht. Und noch schlimmer als das war, blind zu sein und vom Krankenhaus nach Hause gebracht zu werden, wo man seinen Cousinen sagen würde, dass seine Blindheit nicht echt war, sondern dass er sie sich nur einbildete.
    Penelope würde Mitleid mit ihm haben. Wahrscheinlich würde sie ihn fragen, ob sie ihm vorlesen sollte. Anastasia würde ihn fragen, warum er nicht einfach damit aufhörte und wieder sah. Und Henrietta würde ihn für einen Waschlappen halten. Das tat sie jetzt schon. Und sie würde sich bestätigt fühlen.
    Und Richard – der treue Richard würde trotzig seine dürren Ärmchen verschränken, seine dicken Lippen zusammenpressen und die Ehre des Henry York verteidigen, seines
königlichen Ritters. Und das gäbe ihm dann den Rest. Richards Verteidigung würde jeden denken lassen, Henry sei komplett durchgedreht.
    Übelkeit machte sich in Henrys Magen breit, als ihm mit einem Mal klar wurde, was das Schlimmste überhaupt war: Seine Cousinen würden alles Zeke Johnson erzählen. Zeke, der ihm Baseballspielen beigebracht und ihn nie ausgelacht hatte, der eine Hexe besiegt und Henry das Leben gerettet hatte. Nun würde auch Zeke ihn verachten. Und sämtliche Jungs auf dem heruntergekommenen Baseballfeld würden sich fragen, warum Henry nicht mehr mitspielte.
    Henry glaubt, er sei blind.
    Mit einem Mal konnte Henry sich vorstellen, wieder in Boston zu sein. Wenn er blind war, würde er nicht zurück ins Internat geschickt. Und wenn er dann in der neuen Wohnung seiner Mutter auf der Couch lag, würde es immerhin bloß eine Person geben, die ihn für einen Waschlappen hielt. Das Kindermädchen würde ihn ansehen und den Kopf schütteln, aber er würde es nicht sehen und es würde ihn auch nicht kümmern. Weil er sie gar nicht richtig kennen würde.
    Aber vielleicht käme ja auch ein Mann? Jemand, der kräftig genug war, ihn zu bändigen, wenn er eine seiner regelmäßigen Panikattacken hatte …
     
    Als die anderen zurückkamen, saß Henry auf der Bettkante und überlegte, wie er in seinem komischen kurzen Kittel wohl aussah.
    Keiner fragte, ob er sehen könne.
    Während er sich anzog, gingen alle hinaus – so kam es ihm
jedenfalls vor – und dann nahm Tante Dotty ihn an der Hand und führte ihn durch die Gänge. Er saß auf einem Stuhl neben Onkel Frank, während Dotty mit irgendwem über die Krankenversicherung seiner Eltern sprach.
    »Wir haben sie

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