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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Wilson
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noch nicht erreichen können«, sagte Frank.
    »Wen?«, fragte Henry.
    »Phil und Urs. Wir haben lauter alte Nummern. Und diesen Brief von der Anwältin hat Dots gerade nicht finden können. Sonst hätten wir dort angerufen.«
    »Du hast ihn doch mir gegeben«, meinte Henry. »Und ich habe ihn vor dem Gewitter in die Felder geworfen.«
    »Ach so«, meinte Frank. »Na ja. Ist möglicherweise der beste Ort dafür. Vielleicht ist er da draußen zu irgendwas nütze.«
    Henry schob sich auf seinem Stuhl ein Stück höher. »Onkel Frank«, begann er. »Meinst du, dass bei mir alles normal ist?«
    »Natürlich ist bei dir nicht alles normal, Henry.« Henry konnte hören, wie sein Onkel sich sein Stoppelkinn kratzte. »Und im Moment würde ich sagen, dass mit deinen Augen auch etwas nicht normal ist. Wenn es nicht am Blitz lag, dann eben an etwas anderem. Aber ich bin froh, dass sie nicht futsch sind. Es ist nämlich ein Unterschied, ob etwas futsch ist oder nur gerade nicht funktioniert.«
    »Glaubst du, dass sie wieder funktionieren werden?«
    »Ich glaube das«, antwortete Richard. Henry hatte ganz vergessen, dass er auch noch da war.
    »Keine Ahnung«, meinte Frank. »Ich denke, wir müssen einfach abwarten und sehen, was passiert.«
    Henry sackte auf seinem Stuhl wieder zusammen. »Oder abwarten und nichts sehen«, brummte er.

    »Fertig«, sagte Dotty. Sie fasste Henry an den Händen und er stand auf und wartete darauf, geführt zu werden. Ein sanfter Arm schlüpfte unter seinen und er wurde herumgedreht.
    Henry roch seine Tante und lauschte auf das Vorüberziehen der Welt. Der Fernseher verklang hinter ihm und die automatische Tür glitt auf. Menschen gingen vorbei und redeten, frische Luft wehte Henry ins Gesicht und um die Ohren, seine Schuhe liefen über Asphalt, Autos wurden gestartet, stoppten, wendeten, und schließlich erklang das Quietschen, mit dem die Tür des Trucks aufging. Die Federn in den Sitzen seufzten, Staubgeruch drang aus den Polstern, die älter waren als Henry, die Türen wurden zugeschlagen und Richard plumpste mit einem gedämpften Knall auf die Ladefläche. Schließlich erklang das Klimpern des Schlüssels und das schwerfällige Jaulen, mit dem der Motor zum Leben erwachte und losknatterte.
    Dieses Knattern begleitete sie nach Hause.
     
    Henrietta ging ins Erdgeschoss. Sie hatte ihr nasses Haar fest zu einem Pferdeschwanz zusammengezurrt und trug ein altes Sweatshirt, das sie ihrem Vater vor ein paar Monaten gemopst hatte.
    Ihre Schwestern saßen mit Zeke am Tisch. Sie hatten ihm ein Glas Limonade angeboten, aber jetzt war nur noch das Eis übrig. Er drückte seinen hageren Körper an die Rückenlehne seines Stuhls und warf eine alte Baseballkappe von einer Hand in die andere. Eine Rille in seinem kurzen Haar verriet, wo sie normalerweise saß.
    »Hallo, Henrietta«, sagte er.

    Henrietta lächelte und blieb neben Pennys Stuhl stehen. Zeke wusste über das alte Haus und die Fächer auf dem Dachboden Bescheid. Zumindest wusste er genauso viel wie Anastasia und Penelope. Er hatte sich seinen Baseballschläger am Kopf der Hexe ruiniert. Blutspritzer hatten Henrys Wangen versengt.
    Die anderen starrten sie an. In ihrem Gesicht schien sich etwas verändert zu haben. Sie hatte Menschen sterben gesehen. Und fast wäre sie mit ihnen gestorben. Ihre Geschwister durften nicht erfahren, was ihr passiert war. Aber sie würden schon mitbekommen, dass sie etwas furchtbar Dummes gemacht hatte. Wie viel Wasser durch diese Pforte hätte sickern können! Die Stadt Henry in Kansas hätte sich in einen Salzwassersee verwandeln können …
    Penelope stand auf und deutete auf Zekes Glas. »Möchtest du noch etwas Limonade?«
    »Klar doch«, sagte er. »Danke.« Und er reichte ihr das Glas.
    »Henrietta«, meinte Anastasia. »Erzähl ihm mal von Henrys Augen. Meinst du, er …« Sie verstummte.
    Henrietta legte ihre Arme um Penny und drückte sie. Sie wusste nicht, warum es irgendwie peinlich war, dass sie ihre Schwester umarmte, aber so war es nun mal. Es war ihr egal. Sie fühlte, dass ihr die Tränen kommen wollten und blinzelte sie schnell weg. Nicht schon wieder! Sie ließ ihre Schwester los, trat einen Schritt zurück, blies die Wangen auf und sah in die drei Gesichter, die sie aufmerksam beobachteten.
    Penny lächelte. Zeke sah kein bisschen überrascht aus. Anastasias Mund stand offen und ihr Gesicht war leer.
    »Entschuldigt bitte«, sagte Henrietta. »Ich glaube, ich muss
mich ein bisschen hinlegen. Heute

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