Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
handelte.
Es war das Zeichen für den Ausbruch eines solchen Jubels rings herum, wie Lord Cooper ihn selten in seinem Leben erlebt hatte. Und dann überbrückte der König die kurze Entfernung zu ihnen beiden mit schnellen Schritten, packte den Lord an beiden Schultern, schaute ihm kurz und forschend ins Gesicht, küsste ihn spontan auf beide Wangen und am Ende sogar auf den Mund, um ihn dann unter dem tosenden Beifall aller Umstehenden fest in seine Arme zu schließen. Die Prinzessin stand eine wenig verloren daneben, doch sie ließ sich nichts anmerken.
Bis der König Lord Cooper auf Armlänge von sich drückte und ihn noch einmal ausgiebig musterte.
"Ich werde das Gesicht des Mannes niemals wieder vergessen, der mir meine Tochter zurückgegeben hat! Es ist, als wäre sie soeben ein zweites Mal geboren worden!"
Jetzt erst wandte er sich direkt ihr zu.
Lord Cooper sah überrascht, dass König Philipp II. dicke Tränen in den Augen hatte. Er, der mächtigste Mann seiner Zeit, schämte sich deren ganz und gar nicht und er nahm jetzt Carla in seine Arme. Sie ließ es nicht nur geschehen, sondern klammerte sich regelrecht an ihn. Auch in ihren Augen sah der Lord Tränen und er wusste jetzt ganz sicher, dass sich Vater und Tochter alles andere als gleichgültig waren. Für den König musste es ganz schlimm gewesen sein, als seine Tochter vor ihm geflohen war.
"Verzeiht mir, Majestät!", murmelte sie, auch für Lord Cooper, der unmittelbar daneben stand, hörbar. Sonst bekam es niemand mit. Kein Wunder, bei dem Jubel ringsherum, der einfach nicht mehr abreißen wollte. Ja, er ebbte noch nicht einmal allmählich ab und Lord Cooper musste bereits um sein gutes Gehör fürchten.
"Du bist wieder bei mir, Carla! Das ist doch jetzt die Hauptsache. Aber du musst mir alles erzählen." Er wandte kurz den Kopf. "Und Ihr, Lord Cooper, werdet mit dabei sein." Er riss seinen Arm hoch und brüllte:
"Wein und Spiele! Ein Festmahl. Ein rauschendes Fest. Zeigt England, wie Spanien zu feiern versteht. Zeigt unserem englischen Freund, was spanische Gastfreundschaft bedeutet!"
Das schier Unfassbare gechah: Der Jubel vergrößerte sich sogar noch und der Lord hatte alle Mühe, den Drang zu unterdrücken, sich beide Ohren zuzuhalten. Nein, diese Schwäche durfte er sich nun wirklich nicht leisten.
Und dann wurde er von einer Dienerschar abgedrängt und in Richtung Hauptportal geschoben. Irgendwo in der brodelnden Menge wusste er den König und seine Tochter. Sehen konnte er sie indessen nicht mehr.
*
Bis sich hinter ihm die Türen zur Privataudienz mit dem König von Spanien schlossen und er somit mit Philipp II. und dessen Tochter Carla allein war, war alles für ihn viel anstrengender als die gesamte Fahrt von Vigo hierher. Zwar war Lord Cooper kein Feind rauschender Feste, doch was hier im Königspalast von Madrid geschah, war sogar für ihn wesentlich zu viel. Der König feierte halt mit seinen Untertanen die Heimkehr der verlorenen Tochter. Für die Spanier war die Familie mehr als heilig. Das wusste Lord Cooper und deshalb brachte er für das, was die Spanier unter Feiern verstanden und was für ihn eher einer Tortur für all seine Sinne ähnelte, vollstes Verständnis auf.
Carla lächelte, als sie ihn erblickte, aber dieses Lächeln war distanziert, wie es ihrer Stellung als Prinzessin gebührte. Der König stand bei ihr und schaute wohlwollend dem Lord entgegen.
"Schreitet näher, mein Freund! Ich kann mich übrigens nicht erinnern, dass ich Euch in London begegnet bin. Ihr wart auch noch nie zuvor hier in Madrid? Ach, egal, Ihr habt mir meine Tochter zurück gebracht. Sie hat mir das Wichtigste bereits erzählt und so weiß ich, dass Ihr ein Held seid und nicht nur der Sonderbeauftragte Eurer Königin." Als Lord Cooper ihn erreichte und auf das rechte Knie sinken wollte, wie es Vorschrift war, verhinderte er es, indem er nach ihm griff und ihn mit unerwarteter Kraft wieder aufrichtete.
"Nein, mein Freund, Ihr dürft nicht in die Knie gehen vor dem König von Spanien! Ihr seid kein Lakai und auch keiner meiner Soldaten. Für mich seid Ihr etwas Besonderes."
Und doch wäre ich sogleich des Todes, würde ich es wagen, um die Hand Eurer geliebten Tochter anzuhalten!, dachte er indessen. Er ließ es sich aber wohlweislich nicht im Geringsten anmerken, lächelte vielmehr unverbindlich und ließ sich noch einmal von dem König abküssen, in die Arme nehmen und an die Brust drücken wie einen Bruder.
Als der König wieder von
Weitere Kostenlose Bücher