Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
sogar, die Galeone ins Schlepptau zu nehmen, um so nicht auf einen Großteil der Ladung verzichten zu müssen, die sonst an Bord der WITCH BURNING nicht untergebracht hätte werden können?
Das alles ließ die Leute jubelnd schreien, während der Steuermann die Fregatte einen sanften Bogen beschreiben ließ. Anschließend wurden die Segel vollständig gerefft. Den Rest des Weges mussten sie sich auf die eigenen Ruderer verlassen. Aber die waren stark und bereit. Sie legten sich kräftig in die Riemen, die sichere Beute vor Augen. An ihnen jedenfalls würde es nicht scheitern. Und wenn sie die Galeone erreicht hatten, würden die Ruderer selber zu den Waffen greifen, um bei dem Gemetzel mitzumischen.
Keiner an Bord des gegnerischen Schiffes durfte überleben. So lautete der Befehl von ihrem Kapitän Jeannet "WITCH". Sie hatte sich zur Richterin über die Galeone ob deren blutiger Taten erhoben und das Todesurteil bereits ausgesprochen. Ihre Vollstrecker warteten auf die Gelegenheit zum Vollzug.
Egal, wie verzweifelt auch der Widerstand war, den man ihnen entgegenbrachte.
*
Erst auf hoher See gelang es Lord Cooper, seine wirren Gedanken zu ordnen. Er hatte zwar keine Lust, jetzt schon zu sterben, aber nach dem Befehl von seiner Königin würde es wohl keinen anderen Ausweg geben.
Wie sollte er es denn jemals schaffen, ein Piratenschiff, das allgemein als so überlegen angesehen wurde wie noch nie zuvor ein Schiff mitsamt Besatzung, zu kapern und anschließend dazu zu bringen, im Sinne der englischen Krone zu handeln?
Nein, es würde ein Kampf auf Leben und Tod werden - und er konnte dabei nur verlieren. Entweder, indem die Piraten von vorn herein siegten, oder wenn er sie tötete... Ja, dann wartete in London bereits das Henkersbeil auf ihn!
Was für ein ruhmloses Ende für einen Lord, der eine solche Karriere gemacht hatte, dass er sogar bis in den Kreis der engsten Berater der Königin hatte aufsteigen dürfen! Da war es ihm wirklich lieber, im Kampf zu sterben.
Allerdings nicht ganz freiwillig, denn auch Selbstmord wäre für ihn einfach zu ehrlos gewesen.
Ein schlimmer Konflikt für einen als unbesiegbar geltenden Kämpfer für England und die Ehre. Er konnte sich eigentlich nur noch darauf verlassen, dass die Piraten wirklich so unbesiegbar waren, wie es allgemein hieß.
Aber dazu musste er sie erst einmal finden.
Er hatte sich schon bei den ersten Vorbereitungen eine Strategie zurechtgelegt. Zwar passte sie jetzt nicht mehr so völlig ins Konzept, da er seinen eigenen Tod halbwegs mit einplanen musste gezwungenermaßen, wie er fest glaubte! -, aber leider gab es keine andere Möglichkeit, denn wo sollten sie dem schwarzen Piratenschiff auf offener See begegnen? Niemandem war es bislang gelungen, dem Freibeuter und seiner Besatzung zuvorzukommen.
Nein, das durfte man von vornherein gar nicht in Betracht ziehen. Es sei denn, man legte es auf einen glücklichen Zufall an. Der konnte aber auf sich warten lassen. Sollten sie denn jahrelang die See befahren, um auf diesen Zufall zu hoffen? Das hätte die Königin sicherlich schon vor der Zeit dazu bewogen, ihn einen Kopf kürzer machen zu lassen. Seine Überlegungen gingen in eine völlig andere Richtung: Wie man sich unter Seeleuten erzählte, handelte es sich um eine wendige und äußerst schnelle Fregatte. Sicherlich keine Standardbauweise, bei dem, was dieses Schiff angeblich alles vermochte. Aber wo mochte ein solches Schiff für diese besonderen Zwecke umgebaut worden sein?
Doch wohl kaum auf offener See! Und wohin sollte man die Schätze bringen, die man anderen gestohlen hatte? Auch die würden die Piraten nicht einfach auf dem Meer deponieren können. Mit anderen Worten: Sie brauchten einen Unterschlupf, wo sie Ruhe fanden, ihre Schätze lagerten, neuen Proviant an Bord nahmen, auch Frischwasser...
Das Festland kam dafür nicht in Frage. Die wilde Küste Englands ließ
sich recht gut überwachen. Piraten hatten da wenig Chancen, auf Dauer einen guten Unterschlupf zu finden, zumal ihr Hauptoperationsgebiet die Atlantikroute der Spanier war. Aber auch die Kanarischen Inseln wären wenig geeignet gewesen, nicht nur deshalb, weil sie Hoheitsgebiet der Spanier waren. Genauso wenig wie die Azoren...
Lord Donald Cooper war fest überzeugt davon, dass die Piraten ihr geheimes Versteck innerhalb von Englands Hoheitsgewässern unterhielten. Dafür gab es nur eine einzige Möglichkeit, doch diese war geradezu hervorragend geeignet: Die vorgelagerten
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