Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
BURNING ins Leere gingen, wurde das Feuer von einem eigentlich überlegenen, weil größeren Schiff erwidert!
Schließlich handelte es sich nicht um ein halbwegs wehrlosen Handelssegler, sondern um ein Schiff, das ursprünglich für den Krieg gebaut worden war.
Außer Jeannet wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, mit einer viel kleineren Fregatte einen so stattlichen Viermaster zu überfallen. Es sei denn, er hätte auf die gleiche Strategie gesetzt.
Eines Tages wird dieses Manöver einmal misslingen!, vermutete Ben Rider im stillen - und hoffte dabei inbrünstig, daß dieser Tag noch nicht gekommen sein möge.
Und dann waren die bangen Sekunden vorbei, in denen die
Kanonenkugeln unterwegs waren.
Deutlich sah man, wie und vor allem wo sie auftrafen: Sie knallten in das feindliche Schiff hinein, einige sogar mittschiffs.
Es hatte verheerende Folgen, denn die gegnerische Crew hielt Kanonenkugeln und Pulver bereit, um damit den Verfolger loszuwerden. Ein Teil des Pulvers ging hoch und riss achtern den Schiffsrumpf auf. Wäre es nicht noch zu weit gewesen und hätte die steife Brise nicht die Schreie der Sterbenden und Schwerverletzten mit sich gerissen, hätte man sie bis zur WITCH BURNING hören können.
"Wir werden diese mörderische Brut auslöschen!", murmelte Jeannet an Riders Seite, und er pflichtete ihr bei: "Sie sollen bezahlen - für alles!" Dass er damit auch meinte, sie für seine eigene Situation bezahlen zu lassen, brauchte er nicht extra zu erwähnen, das wusste Jeannet auch so.
Mit unverminderter Geschwindigkeit fuhr die WITCH BURNING auf die feindliche englische Galeone zu. Durch die Treffer drohte das ein wenig dickbauchige Schiff abzudriften. Ruderer versuchten, das aus einer Galeere entwickelte Kriegsschiff wieder dwars zu lenken, um endlich die schweren Geschütze in Stellung gegen den Angreifer bringen zu können.
Doch da wich die WITCH BURNING leicht nach backbord (also nach links) aus. Die Bewegung des angeschlagenen Kriegsschiffs vor ihnen war sehr träge und es würde ihm schwerlich gelingen, den Ausweichkurs der wendigeren und schnelleren Fregatte durch ihre eigene Drehung auszugleichen.
"Refft die Segel!" kam Jeannets entscheidender Befehl. Ihre Leute befolgten ihn - und schon verminderte sich die Fahrt ihres Schiffes.
"Position!" forderte der Erste Offizier Marschall Ben Rider.
"Feuer frei!" schrie Jeannet, abermals die rechte Hand mit der Pistole hochreißend.
Die Kanonen unterdecks waren gemeint, denn jetzt war die WITCH
BURNING ihrerseits dwars gegangen.
Die Geschütze krachten los und spien den Tod gegen die Galeone. Diese war ohnehin schon angeschlagen, aber das Hauptziel des neuerlichen Beschusses lag bugseits, denn Jeannet wusste aus Erfahrung, dass viele Kriegsschiffe dort leichte Geschütze plaziert hatten. Sie eigneten sich nicht auf weite Entfernung, aber wenn man einer Galeone zu nahe kam... Fast waren sie in Reichweite jener Geschütze, sofern es sie überhaupt gab. Also mussten sie vorbeugen und die Gefahr eliminieren, ehe sie greifen konnte.
Die Kugeln verfehlten auch diesmal nicht ihr Ziel. Jeannet konnte mächtig stolz auf ihre Kanoniere sein. Sie hatte wirklich die besten bekommen, die man sich denken konnte. Ohne sie wäre die WITCH
BURNING nicht nur weniger erfolgreich gewesen, sondern keiner von ihnen würde überhaupt noch leben!
Die Kugeln rasierten den Bugspriet der Galeone weg. Der vordere Mast brach wie ein Streichholz. Und Jeannet hatte recht mit ihrer Vermutung, dass dort leichtere Geschütze plaziert waren: Das ebenfalls vorhandene Pulver ging hoch und schaffte es beinahe, den Bug bis zum Kiel aufzuspalten.
Dort würde keiner überleben.
Je weniger Überlebende, desto weniger stellen sich uns entgegen!, dachte Jeannet grimmig.
Und dann kam ihr nächster Befehl: "Enterkurs!" Ein Jubel brach an Bord aus. Ihre Leute schrien ziemlich undiszipliniert durcheinander, als würden sie sich auf das bevorstehende Abschlachten der Galeonencrew schon mächtig freuen. In Wahrheit löste sich dadurch nur ihre innere Anspannung, denn dieser Befehl bedeutete auch, dass ihnen die Galeone in ihrem angeschlagenen Zustand nicht mehr gefährlich werden konnte. Das Schiff war weitgehend unmanövrierbar geworden. Sie würden es bugseits entern, um nicht in Reichweite der Kanonen zu gelangen. Und noch etwas kam hinzu: Weiterer Beschuss hätte die Galeone vielleicht zu sehr beschädigt. Dann wäre auch die wertvolle Ladung verlorengegangen. Vielleicht gelang es ja
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