Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
von wenig schlichterer Ausführung wirkte. Sollte sie es wirklich wagen?
Andererseits: Sie konnte unmöglich die Bitte der Königin von England ausschlagen, erst Recht weil sie die Prinzessin von Spanien war.
"Ich weiß Eure Höflichkeit sehr wohl zu schätzen", sagte Carla zunächst vorsichtig, ehe sie der Bitte Folge leistete. "Es ist mir persönlich eine ganz besondere Ehre, zumal ich zwar die Prinzessin von Spanien bin, aber leider nur eine von mehreren, wie Ihr sicherlich wisst."
"Wie schon erwähnt, Verehrteste: Die Tochter eines Freundes ist mir ebenfalls eine liebste Freundin. Zumal die Umstände doch ein wenig unglücklich zu sein scheinen, die Euch zu mir geführt haben. Umso mehr muss meine volle Aufmerksamkeit Euch gelten. Ihr sollt all das Schreckliche der nahen Vergangenheit vergessen und neue
Zuversichtlichkeit schöpfen dürfen. Ihr seid noch sehr jung, wenn Ihr die Bemerkung erlaubt und habt Euer Leben noch vor Euch. Selbst wenn es nicht danach aussehen sollte, dass Ihr jemals den Thron von Eurem Vater übernehmt, so bin ich mir dennoch darüber im Klaren, welch besondere Ehre es meinerseits bedeutet, Euch als liebsten Gast am Hofe Englands willkommen heißen zu dürfen."
Selten hatte Carla von Spanien Gelegenheit gehabt im Laufe ihres Lebens, jemanden zu hören, der es vermochte, sich so perfekt höfisch auszudrücken wie Königin Elisabeth von England. Sie war höchst beeindruckt.
"Wenn Ihr mir die Bemerkung erlaubt, Majestät, aber ich war von jeher beeindruckt von England und der beispiellosen Disziplin des englischen Volkes. Nun, da ich die Ehre habe, Euch persönlich näher kennenzulernen, wundert mich dies allerdings nicht mehr, denn welches Vorbild könnte leuchtender sein als das der englischen Königin?" Daraufhin erst setzte sie sich neben die Königin hin.
Diese beobachtete sie dabei. In ihren Augen irrlichterte es. Sie war anscheinend gleichermaßen beeindruckt vom Vortrag der Prinzessin.
"Es ist nicht das erste Mal, da wir uns begegnen, Prinzessin, aber ich muss sagen, dass Ihr in einem erheblichen Maße in der Zwischenzeit gereift seid. Ihr seid wahrlich einer hochwohlgeborenen Prinzessin von Spanien würdig!"
Noch mehr solcher Floskeln?, dachte Carla respektlos, denn die Nervosität in ihrem Innern wollte sich einfach nicht lösen. Redet die Königin nur deshalb so lange um den heißen Brei herum, weil sie mir etwas mitzuteilen hat, was sicherlich unangenehm in meinen Ohren klingen mag?
Die Königin lächelte in einer Art, wie eine Mutter lächelt, wenn sie stolz ist auf ihre Tochter. Das irritierte Carla nur noch mehr.
"Lord Cooper hat mir berichtet von Eurem besonders tragischen Geschick", sagte Elisabeth von England auf einmal und ohne weitere Umschweife. "Ich versichere Euch, liebste Freundin, dass es wohl keinen Menschen auf dieser Welt gibt, der so sehr mit Euch fühlen kann wie ich. Ihr wisst, dass ich all meine Liebe und meine Kraft dem Wohle meines Volkes gewidmet habe. Somit hat in meinem Herzen kein Mann jemals mehr Platz. Jegliche Vermählung wäre für mich wie Verrat an meinem Volk."
"Ihr versteht meine Lage?"
Die Königin verlor ihr Lächeln und nickte ernst.
"Ja, das tu ich, liebste Freundin. Glaubt Ihr denn, mein Vater hätte es nicht versucht, mich unter die Haube zu bringen, wie er sich auszudrücken beliebte? Er hatte keinen Erfolg damit, auch wenn ich mich nicht gezwungen sah, dessentwegen sogar das Land zu verlassen. Insofern war meine Lage glücklicher als die Eure, denn mein Vater hatte letzten Ende jedesmal Verständnis für mein Sträuben."
"Mein Vater leider nicht!", sagte Carla traurig und senkte den Blick zu Boden.
Die Königin streckte ihre Hand aus und legte sie beruhigend auf den Unterarm der Prinzessin.
"Ja, gottlob hat mir der Lord alles erklärt. Drum konnte ich mir ein Bild machen über alles. Sagt mal, liebste Freundin, was haltet Ihr eigentlich von Lord Cooper? Ist er nicht ein wahrer Held?"
"Ja, das ist er!", strahlte Carla unwillkürlich. Sie bereute diese Überschwenglichkeit sofort, aber es war zu spät. Sie konnte es nicht mehr rückgängig machen.
Irritiert schaute sie die Königin an. Diese lächelte wieder und zog ihre Hand zurück. Was war das für ein Lächeln? War es nicht irgendwie... wissend?
"Nun, er ist in der Tat ein Held, unzweifelhaft", beeilte sich Carla zu versichern, um vielleicht wieder gut zu machen, was sie gerade in ihrer Unüberlegtheit angerichtet hatte. "Immerhin hat er mich befreit und..."
"Aber
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