Fluch der Nacht: Roman
haben mich davor bewahrt, verrückt zu werden, und ich nehme an, dass sie auch meinen Vater so lange bei Verstand gehalten haben, wie sie konnten. Ich habe ihnen viel zu verdanken und muss sie finden. Ob tot oder lebendig, und egal, wie schlimm es ist, was ich herausfinde – ich muss es versuchen, Nicolas.«
Sie klammerte sich an ihre geistige Verbindung, um seine Reaktion zu sehen, und ließ sich nicht von dem dominanten, machtvollen Dämon einschüchtern, der sich auf einer Flutwelle der Finsternis erhob, um sein Veto einzulegen. »Seinen Fluch« hatte Nicolas ihn genannt. Sie sah ihn jetzt so klar. Nicolas würde nie etwas anderes als das sein, was er war: ein sehr machtvoller Mann, der vollstes Vertrauen in sich selbst und seine Entscheidungen hatte. Er würde nie aufhören zu glauben, sie beschützen und für ihre Sicherheit sorgen zu müssen, aber er bemühte sich auch, ihr mehr Selbstvertrauen zu vermitteln. Er sah in ihr eine Gleichgestellte, jedoch eine, die behütet und gelenkt werden musste. Und er war entschlossen, über sich selbst hinauszuwachsen. Sie sah und spürte sein Bemühen, seine ursprüngliche Reaktion zu unterdrücken. Der in ihm aufwallende Protest war stark – erschreckend stark sogar.
»Du wirst mir das nicht leicht machen, nicht wahr?«, fragte er mit einem leisen Seufzer.
»Ich muss in die Höhle zurück. Versteh das bitte, Nicolas.«
»Das tue ich, das kann ich dir versichern. Und die Wahrheit ist, dass auch ich in diese Höhle zurückkehren muss. Ich war schließlich mit dir dort und habe für kurze Zeit die Schrecken mit dir geteilt. Die Stimmen deiner Tanten haben nicht nur dir geholfen, damit klarzukommen, sondern auch mir, Lara. Du bist meine Seelengefährtin, ein Geschenk der Götter, und deine Tanten haben dich am Leben und bei Verstand gehalten. Ich kann sehr gut verstehen, dass du wissen willst, was aus ihnen geworden ist. Wenn sie tot sind, werde ich ihre Leichname bergen und sie nach Hause bringen. Und sollten sie durch ein Wunder noch am Leben sein, und ich finde den Beweis dafür, werde ich nicht aufhören zu suchen, bis ich sie gefunden habe.«
Zum ersten Mal versuchte sie, sich ihm zu nähern, nahm seine Hände in die ihren und sah ihm ruhig und entschieden in die Augen. »Ich muss selbst hingehen, Nicolas.« Sie betonte jedes Wort, sah, wie sie in sein Bewusstsein eindrangen, und beobachtete seine instinktive Reaktion darauf.
Er sah so unglaublich gut – und gefährlich – aus mit seinen glitzernden schwarzen Augen und den schön geschnittenen, sinnlichen Gesichtszügen. Sein Haar war schon wieder lang und mit einem Lederband zurückgebunden. Einen Moment fragte sie sich, ob es Absicht gewesen war, dass seine Haare ihre nackte Haut gestreift hatten. Bei dem Gedanken konnte sie spüren, wie ihr die Röte in die Wangen stieg.
»Lies meine Gedanken, wenn es sein muss! Sieh dir an, warum es so wichtig für mich ist! Dass ich eine Frau bin, heißt noch lange nicht, dass ich nicht die gleichen Bedürfnisse habe, die dich dazu treiben, die zu beschützen, die dir am Herzen liegen. Meine Tanten waren die einzige echte Unterstützung, die ich in meiner Kindheit hatte. Ich konnte mich nicht einmal an meinen Vater erinnern, bis ich die Eishöhle wiederentdeckte.«
»Köd alte hän!«, zischte Nicolas mit zusammengebissenen Zähnen. Verflucht sei die Finsternis! Das Problem war – er verstand tatsächlich. Wie könnte es auch anders sein? Er wollte nur nicht verstehen, da der bloße Gedanke an Lara in dieser Höhle ihn verrückt machte. Es war viel zu gefährlich für sie. Und was für ein Seelengefährte wäre er, wenn er sie nicht beschützen würde? Sein ganzes Leben hatte er sich darüber aufgeregt, dass Männer zu nachsichtig mit ihren Frauen waren, sich von ihnen um den Finger wickeln ließen ... O jelä peje terád! Verseng s die Sonne! Er hatte die Absicht, vor den Kriegsrat zu treten und zu verlangen, dass Mikhail ein Dekret erließ, das Frauen verbot, Vampire zu jagen. Doch wenn er sich jetzt von diesen blaugrünen Augen vom rechten Weg abbringen ließ ...
Er stöhnte. »Tu mir das nicht an, Lara!«
»Ich weiß, dass es schwierig für dich sein wird. Mir ist klar, dass ich sehr viel von dir verlange, wenn ich dich bitte, deinen Drang, mich zu beschützen, vorläufig hintanzustellen. Aber ich muss dich darum bitten. Als Gegenleistung ...« Sie befeuchtete die plötzlich trockenen Lippen. Ein Zittern durchlief sie, dann reckte sie entschlossen das Kinn. »Ich
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