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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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»Sehen Sie sich die Bilder an, und wenn Sie sicher sind, daß Sie Halleck erkannt haben, brauchen wir den alten Herrn nicht weiter zu belästigen.«
    »Ja, das wäre gut. Wenn Sie dieses Schwein Halleck zu fassen kriegen, werden Sie ihn dann einsperren?«
    »O ja. Ich habe einen Haftbefehl bei mir.«
    Das überzeugte sie. Als sie aus dem Wohnwagen hüpfte, wobei ihr Rock einen atemberaubenden Blick auf ihre braunen Beine preisgab, sagte sie etwas, das Ginelli eine Gänsehaut über den Rücken jagte. »Ich glaube kaum, daß es von ihm noch viel einzusperren gibt.«
    Sie kamen an den Laborleuten vorbei, die in der tiefer werdenden Abenddämmerung immer noch den Sand nach Kugeln durchwühlten. Sie kamen an mehreren Zigeunern vorbei, einschließlich der beiden Zwillinge, die schon identische Flanellpyjamas anhatten. Gina nickte ihnen zu und sie grüßten zurück. Offenbar hegten sie keinen Verdacht – der große, italienisch aussehende Mann war vom FBI, und es war das beste, wenn man sich in solche Dinge nicht einmischte.
    Sie ließen das Lager hinter sich und kletterten den Hügel hinauf zu Ginellis Auto. Die Dunkelheit hatte sie verschluckt.
    »Es war so einfach wie nur was, William. Die dritte Nacht hintereinander, und es war so einfach ... warum auch nicht? Das Lager wimmelte nur so von Polizisten. Wäre der Kerl, der auf sie geschossen hatte, etwa gleich am nächsten Tag zurückgekommen, um wieder zuzuschlagen, während die Polizei noch den Tatort untersuchte? Das glaubten sie nicht, aber sie sind dumm, William. Von den anderen hatte ich das erwartet, aber nicht vom Alten - du lernst nicht dein ganzes Leben lang, den Bullen zu mißtrauen und sie zu hassen, um dann plötzlich zu glauben, daß sie dich gegen den Mann beschützen werden, der dir an den Kragen will.
    Aber der Alte schlief. Er ist erschöpft, und das ist gut so.
    »Wir könnten ihn kriegen, William. Es könnte vielleicht klappen.«
    Sie gingen zum Buick. Ginelli öffnete die Fahrertür, während das Mädchen neben ihm wartete. Als er sich hineinbeugte und mit einer Hand den 38er Colt aus dem Schulterhalfter zog, während er mit der anderen gleichzeitig den Deckel des Weckglases öffnete, spürte er, wie ihre Stimmung abrupt von haßerfülltem Jubel in Argwohn um-schlug. Er selbst lief auf Hochtouren. Seine Emotionen und Intuition vibrierten regelrecht, so daß seine Sinne sich förmlich nach außen kehrten. Er schien direkt zu spüren, wie ihr plötzlich das Zirpen der Grillen bewußt wurde. Dazu die Dunkelheit, die sie umgab, die Leichtigkeit, mit der sie sich von den anderen hatte weglocken lassen. Und das von einem Mann, den sie noch nie zuvor gesehen hatte, zu einem Zeitpunkt, in dem sie es besser hätte wissen müssen, in dem sie keinem Mann hätte vertrauen dürfen, den sie noch nie gesehen hatte. Jetzt kam ihr zum erstenmal der Gedanke, warum dieser ›Ellis Stoner‹ die Fotos nicht mit ins Lager genommen hatte, wenn er schon so scharf darauf war, sie identifizieren zu lassen. Aber da war es schon zu spät. Er hätte den Namen ausgesprochen, der sie vor Wut und Eifer in die Knie gehen ließ und mit Haß verblendete.
    »Da sind sie ja«, sagte Ginelli und drehte sich, den Colt in der einen, das Weckglas in der anderen Hand, zu ihr um.
    Wieder weiteten ihre Augen sich. Ihre Brust bebte, als sie tief Luft holte.
    »Du kannst schreien«, drohte Ginelli, »aber ich garantiere dir, das wird der letzte Laut sein, den du je von dir gegeben hast, Gina.«
    Eine Sekunde lang dachte er, sie würde es trotzdem tun ... doch dann atmete sie mit einem langgezogenen Seufzen aus.
    »Du bist also der Mistkerl, der für das Schwein arbeitet«, rief sie. »Hans satte sig pa-«
    »Sprich Englisch mit mir, du Nutte«, sagte er fast gleichgültig. Sie zuckte zusammen, als hätte er sie geschlagen.
    » Du nennst mich nicht Nutte«, zischte sie. »Niemand wird mich je eine Nutte nennen.« Ihre Hände - diese kräftigen Hände – verkrallten sich zu Klauen.
    »Du nennst meinen Freund ein Schwein, also nenne ich dich eine Nutte, deine Mutter eine Hure, deinen Vater ein Scheißhaus ausleckendes Hundearschloch«, antwortete Ginelli ungerührt. Er sah, wie sie die Zähne bleckte und knurrte -
    und lächelte. Etwas in diesem Lächern ließ sie stocken. Sie wirkte nicht ängstlich – Ginelli erzählte Billy später, daß er damals nicht so recht gewußt hätte, ob sie zu Angstgefühlen überhaupt fähig war – aber auf die heißen Wellen ihrer Wut schien sich dämpfende

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