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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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›Dünner‹.
    »Ich werde mit ihr reden«, sagte er und machte Anstalten aufzustehen.
    »Wenn du so, wie du jetzt aussiehst, zu ihr gehst, wirst du sie zu Tode erschrecken«, sagte Heidi, und er spürte wieder eine Woge dieses grellen Hasses in sich aufsteigen.
     
    186. 183. 181. 180. Es war, als radiere ihn jemand - der alte Zigeuner mit der abfaulenden Nase, zum Beispiel - mit einem seltsamen, übernatürlichen Radiergummi aus. Pfund für Pfund. Wann hatte er zum letztenmal 180 Pfund gewogen? Im College? Nein ... wahrscheinlich seit seinem Abschluß an der Highschool nicht mehr.
    In einer seiner schlaflosen Nächte zwischen dem fünften und dem zwölften Mai fiel ihm plötzlich eine Beschreibung des Voodoo-Zaubers wieder ein, die er einmal gelesen hatte - er funktionierte, weil das Opfer glaubte, daß er funktionierte. Kein großes, übernatürliches Geheimnis; nur die simple Kraft der Suggestion.
    Vielleicht, dachte er, vielleicht hat Houston recht. Ich denke mich selbst dünn ... weil der alte Zigeuner will, daß ich das tue.
    Nur, ich kann jetzt nicht mehr damit aufhören. Ich könnte eine Million machen, wenn ich eine Antwort auf dieses Buch von Nor-man Vincent Peale schriebe... Die Kraft des negativen Denkens.
    Doch eine innere Stimme in ihm gab zu bedenken, daß die Idee der Suggestion, zumindest in diesem Fall, ein großer Unsinn sei. Alles, was der Zigeuner zu dir gesagt hat, war  ›Dünner‹. Er hat nicht etwa gesagt: Mit Hilfe der Kraft, die mir innewohnt, verfluche ich dich. Du wirst jede Woche zwischen sechs und neun Pfund abnehmen, bis du stirbst.‹ Er hat auch nicht gesagt: ›Ene-mene-mink-mank-pink-pank, bald wirst du einen neuen Ledergürtel brauchen, sonst wirst du deinen Einspruch vor Gericht in Unterhosen erheben.‹ Teufel, Billy, du hast dich ja nicht mal an das, was er gesagt hat, erinnert, bis das mit dem Abnehmen angefangen hat.
    Vielleicht war das der Augenblick, in dem es mir richtig klar geworden ist, bestritt Halleck dieses Argument, aber ...
    Und so tobte der Streit in ihm weiter.
    Wenn die Gründe aber im Psychischen lägen, wenn es tatsächlich die Suggestionskraft wäre, dann blieb die Frage, was er dagegen tun konnte. Wie sollte er dagegen ankämpfen? Mal angenommen, er ginge zu einem Hypnotiseur -
    Quatsch, zu einem Psychiater! – und erklärte ihm sein Problem. Der Seelendoktor könnte ihn hypnotisieren und ihm einsuggerieren, daß der Fluch des Zigeuners wirkungslos war. Das könnte klappen. Oder auch nicht.
    Zwei Abende, bevor er sich in der Glassman-Klinik einfinden sollte, wog Billy sich noch einmal und blickte trübsinnig auf die Skala hinab - 179 Pfund. Und während er so auf der Waage stand und auf die schreckliche Zahl hinuntersah, kam ihm plötzlich eine vollkommen natürliche Einsicht – so, wie die Dinge oft ganz selbstverständlich auf der Be-wußtseinsoberfläche auftauchen, wenn das Unterbewußtsein sie tage- und wochenlang durchgekaut hat - der Mensch, mit dem er wirklich über seine Ängste reden sollte, war Richter Cary Rossington.
    Rossington war ein Busengrapscher, wenn er betrunken war, doch nüchtern war er ein verhältnismäßig sympathischer und verständnisvoller Kerl ... bis zu einem gewissen Grad wenigstens. (Und zusammen mit allen anderen Kon-stanten des Universums - dem Sonnenaufgang im Osten, dem Sonnenuntergang im Westen, der Wiederkehr des Halleyschen Kometen - konnte man sicher sein, daß nach einundzwanzig Uhr irgendwo in New York Männer an einer Bartheke standen, Cocktails schlürften, grüne Oliven aus ihren Gläsern fischten und, mit größter Wahrscheinlichkeit, irgendwelchen Frauen von anderen Männern an den Busen faßten.) Außerdem war Rossington einigermaßen verschwiegen. Halleck nahm an, daß er möglicherweise in einem besoffenen Augenblick auf der einen oder anderen Party seine Diskretion über Billy Hallecks paranoid-schizoide Ängste in bezug auf Zigeuner und deren Flüche vergessen würde. Aber er glaubte ebenfalls, daß er, selbst in angetrunkenem Zustand, zweimal darüber nachdenken würde, ob er Bulys Geschichte wirklich verbreiten sollte. Nicht, daß bei der Verhandlung irgend etwas Illegales geschehen war, es war ein hartes, kompromißloses Schulbuch-verfahren gewesen, keine Zeugen waren beeinflußt, keine Beweisführung war auf den Kopf gestellt worden. Trotzdem, diese Geschichte war wie ein schlafender Hund, und so gewitzte Kerle wie Cary Rossington pflegten solche Tiere nicht mit einem Fußtritt zu wecken. Es

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