Fluch des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Kuss des Tigers 3: Roman (German Edition)
praktisch, seinen Fehler einfach auszuradieren. Das falsche Mädchen ausgesucht? Kein Problem. Einfach markieren und löschen. Keine lästigen Erinnerungen mehr. Könnte man das als Pille verkaufen, würde man Milliardär werden. So viele Menschen haben Dinge getan oder waren mit Menschen zusammen, die sie am liebsten aus dem Gedächtnis streichen würden. Alles vergessen. Das Gedächtnis neu starten!
Nach einer Stunde Selbstmitleid kehrte ich langsam zur Hütte zurück. Als ich durch die Tür kam, wurde es schlagartig still. Beide Brüder beobachteten mich, während Phet begann, emsig Gewürze zu zermahlen.
Ren erhob sich und machte einen Schritt auf mich zu. Ich sah ihn ausdruckslos an, und er blieb wie angewurzelt stehen.
»Es gibt also nichts, was Sie sonst noch für uns tun können?«, fragte ich Phet.
Der Schamane drehte sich zu mir um und legte den Kopf schief. »Phet bedauern«, sagte er nüchtern. »Niemand können helfen.«
»Okay.« Ich wandte mich an Kishan. »Ich würde jetzt gerne aufbrechen.«
Er nickte und schickte sich an, die Rucksäcke zu packen.
»Kelsey.« Ren streckte die Hand nach mir aus und zog sie rasch weg, als er meinen Blick bemerkte. »Wir müssen reden.«
»Es gibt nichts, worüber wir reden müssen.« Ich schüttelte den Kopf und nahm Phets Hand. »Vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft und alles, was Sie für uns getan haben.«
Phet umarmte mich. »Du nicht sorgen, Kahl-see. Du nicht vergessen, Wasser und Erde glücklich zusammen.«
»Das werde ich nicht, aber ich denke, ich bin gerade der Mond. Kein Wasser für mich.«
Phet legte die Hände auf meine Schultern. »Es geben Wasser für Kahl-see. Mond vielleicht, aber Mond ziehen Gezeiten an.«
»Okay«, flüsterte ich leise. »Vielen Dank für Ihren Optimismus. Ich bin sicher, mir geht’s schon bald wieder besser. Machen Sie sich keine Sorgen um mich«, versicherte ich ihm, als ich ihn ebenfalls an mich drückte. »Auf Wiedersehen.«
»In Zukunft mich besuchen, dann glücklicher, Kahl-see«, sagte Phet.
»Das hoffe ich. Ich werde Sie vermissen. Tut mir leid, dass wir so abrupt aufbrechen, aber ich kann es auf einmal nicht abwarten, diesen Fluch ein für alle Mal loszuwerden.« Ich packte meinen Rucksack und eilte aus der Tür.
Kishan sammelte seine Habseligkeiten auf und holte mich ein. »Kells«, begann er.
»Können wir nicht einfach eine Weile schweigend wandern? Mir ist gerade nicht nach reden.«
Die Blicke aus seinen goldenen Augen glitten über mein Gesicht, bis er schließlich leise sagte: »Okay.«
Es dauerte nicht lange, da trottete der weiße Tiger neben mir her und stupste mit dem Kopf gegen meine Handfläche. Ich weigerte mich, ihn anzusehen, umklammerte krampfhaft die Gurte meines Rucksacks und schritt absichtlich auf Kishans andere Seite. Kishan betrachtete mein angespanntes Gesicht und dann den weißen Tiger, der zurückfiel und hinter uns hertappte. Schon bald hatten wir einen solchen Vorsprung, dass ich ihn nicht mehr sehen konnte.
Meine Schultern entspannten sich, und ich wanderte wortlos und ohne eine Pause oder etwas zu essen weiter, bis ich keinen einzigen Schritt mehr tun konnte. Nachdem ich mit dem Göttlichen Tuch ein kleines Zelt gefertigt hatte, fiel ich erschöpft auf meinen Schlafsack und ließ das Abendessen ausfallen. Die Brüder müssten sich um sich selbst kümmern. Sie ließen mich in Ruhe – wofür ich ihnen dankbar war, doch zugleich war ich ein bisschen enttäuscht –, und ich fiel in einen tiefen Schlaf.
Ich erwachte, als der Himmel noch immer dunkel war, und sah zum ersten Mal seit Tagen auf mein Handy. Keine Anrufe von Mr. Kadam. Es war vier Uhr. Ich hatte keine Lust, mich noch einmal aufs Ohr zu legen, weshalb ich den Kopf aus dem Zelt steckte und die schwachen Flammen des sterbenden Feuers beobachtete. Weder Ren noch Kishan waren zu sehen. Ich legte ein paar neue Scheite ins Feuer, schürte es, bis es wieder hell prasselte, und wünschte mir eine heiße Schokolade herbei. Bedächtig nippte ich an meinem Getränk und starrte in die Flammen.
»Hattest du einen Albtraum?«
Ich wirbelte herum. Ren lehnte an einem Baum. Sein weißes Hemd leuchtete in der Dunkelheit, doch sein Gesicht war in Schatten gehüllt.
»Nein.« Ich blickte wieder zu den lodernden Flammen. »Ich habe einfach genug geschlafen, das ist alles.«
Er trat in den Schein des Feuers und setzte sich mir gegenüber auf einen umgestürzten Stamm. Die flackernden Flammen tauchten seine bronzefarbene Haut in
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