Fluch von Scarborough Fair
bei eBay ein Kleid gefunden, und Soledad hat den Friedensrichter bestellt und sich um das Catering gekümmert. Im Haus ist alles blitzblank, aber sie rennt immer noch rum und macht wer weiß was.«
» Ja, es ist eine Menge los«, sagte Sarah.
» Ja, sie kümmern sich um alles. Und ich, die Ursache für all die Umstände, hocke da wie ein Fettkloß und sehe zu, wie das Kind in meinem Bauch wächst. Ehrlich, das ist alles, was ich kann. Und ich versuche, in der Schule mitzukommen. Aber ich wette, ohne deine Hilfe würde ich nicht mal das schaffen. Ich bin so durcheinander. Manchmal frage ich mich, ob es sich überhaupt lohnt. Die Schule, meine ich. Was ist, wenn ich in Physik durchfalle? Ich habe es so satt. Aber ich muss so tun, als ob es mich interessiert. Ach, ich bin nur am Jammern und Klagen.«
Sarah verdrehte die Augen. » Bitte. Hier bin nur ich. Ich glaube, du hast ein Recht zu jammern. Ehrlich, Lucy. Wir alle haben das Recht, in schweren Zeiten zu jammern. Weißt du noch? Früher hab ich dir ständig was vorgejammert wegen Jeff, wenn ich mit ihm aus war, oder als ich mich schließlich von ihm getrennt habe. Wieso meinst du, dass es nicht okay ist, wenn du mir jetzt was vorjammerst? Du hast viel größere Probleme als ich sie mit Jeff je hatte.«
» Ich weiß nicht.« Lucy kniff die Augen fest zu. Ihr war nicht bewusst gewesen, wie dringend sie jemanden zum Reden gebraucht hatte, bis sie ihrem Herzen endlich Luft machte. Und jetzt konnte sie nicht mehr aufhören. » Ich weiß, dass ich große Probleme habe. Aber, Sarah, untersteh dich zu behaupten, die Sache mit dir und Jeff sei nicht wichtig und ernst gewesen. Du hast wegen ihm richtig gelitten. Und ich glaube, du leidest immer noch.«
» Und du leidest auch«, sagte Sarah leise in der wohligen Wärme des Zimmers.
Bei diesen Worten verstummte Lucy.
Nach einer Weile zog sie die Knie hoch und umklammerte sie. Sie sah Sarah an, die ihren Blick erwiderte und die Freundin schief angrinste.
» Erzähl mir mehr«, sagte Sarah. » Erzähl mir mehr über Zach, denn ich habe den Eindruck, dass du ihn wirklich liebst. Du machst gerade eine schwere Zeit durch, aber ich sage nicht, dass du ihn nicht heiraten sollst, auch wenn du dir im Moment nicht sicher bist.«
» Nein?«
Sarah schüttelte den Kopf.
» Und was sagst du dann?«
» Dass du ein Problem damit hast, zu nehmen anstatt zu geben.« Lucy machte ein bestürztes Gesicht. Sarah lächelte und fuhr fort. » Ich verstehe das. Aber du musst lernen, das zu akzeptieren, Lucy. Und du musst lernen, ebenso bereitwillig zu nehmen wie zu geben. Wann immer ich dich in der Vergangenheit gebraucht habe, hast du mir viel gegeben. Die Sache mit Jeff ist nur ein Beispiel. Jetzt ist es an der Zeit, den Spieß umzudrehen. Das ist nur gerecht.«
Lucy sah Sarah noch immer sprachlos an.
» Ich werde morgen an deinem Hochzeitstag für dich da sein«, sagte Sarah. » Und das gilt für alle, die dich lieben, Zach eingeschlossen. Und auch für seine Eltern, egal wie schwer es für sie sein mag.«
Lucy schwieg eine ganze Weile. Sie war hierher gekommen, um mit Sarah zu reden und ihre Gefühle offenzulegen. Sie hatte Sarah die Illusion von Nähe vermitteln wollen, da sie ihr nicht die ganze Wahrheit sagen konnte. Sie hatte damit gerechnet, zu geben und nicht zu nehmen.
Lucy hatte ihre Freundin unterschätzt.
Sie musste jetzt ihre Worte mit Bedacht wählen, dann konnte sie Sarah auch die Wahrheit sagen. Jedenfalls die Wahrheit über ihre Gefühle. » Zach ist so stark, Sarah. Das wusste ich bisher nicht. Für mich und das Baby ändert er sein ganzes Leben, seine ganze Zukunft. Das verschlägt mir den Atem.«
» Ja. Er gibt. Und deine Aufgabe ist es, zu nehmen.«
» Aber ich habe nichts zurückzugeben!«, jammerte Lucy. » Er gibt alles und bekommt nichts!« Jetzt war es heraus. Sie hatte ihr Geheimnis gefahrlos an Sarah weitergegeben, die die Sachlage vermutlich nicht voll und ganz begriff, weil sie davon ausging, dass diese Ehe länger dauern würde als nur ein paar Wochen und dass Lucy sich später im täglichen Geben und Nehmen einer normalen Ehe revanchieren könnte.
Aber Sarah machte keine Anstalten, Lucy zu beruhigen. Stattdessen grinste sie und gab sich alle Mühe, ihr Lachen zu unterdrücken.
» Sarah!« Trotz ihrer eingeschränkten Beweglichkeit warf Lucy die Decke zur Seite, griff nach einem Sofakissen und schleuderte es ihrer Freundin entgegen. Ein zweites Kissen traf Sarah am Kopf. » Ich schütte dir mein Herz
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