Flucht aus Korum
Welt erzählt hatte. Als sie endete, erstrahlte der Kristall in hellem, reinen Glanz.
»Die Stürme der Nacht peitschten Wasser und Land«, sagte Zahda. »Es war eine Nacht, in der sich Menschen und Tiere, Geschöpfe des Dunkels und des Lichtes verbargen, und doch trieb etwas im nie versiegenden Ozean, eine Gestalt, ausgespien vom Tor zum Anderswo und von jenem winzigen Funken am Leben erhalten, der Hoffnung hieß – Hoffnung, Fronja zu finden, der alle Sehnsucht galt.
Ich errettete Mythor vom Tod des Ertrinkens und wiegte ihn in den Schlaf des Lernens und Erfahrens, denn Vanga war ihm fremd. Ich gab ihm ein neues Leben, das des Heroen Honga, um ihn auf seinem Weg zu schützen. Du, Vina, sollst ihn begleiten. Deshalb sandte ich dich aus. Der, der sich Sohn des Kometen nennt, wird auf große Gefahren stoßen.
Ich nahm Mythors Erinnerung zu seinem eigenen Schutz, damit er sich nicht verraten könne. Aber offenbar war mein Zauber nicht stark genug und wurde gebrochen, als der Kämpfer der Lichtwelt mit dem Gläsernen Schwert Alton einen Bezugspunkt zu seinem früheren Leben erhielt.«
»Ist etwas Wahres an seinen Befürchtungen?« wollte die Hexe wissen.
»Du spielst auf Fronja an«, meinte die Zaubermutter Zahda. Für eine Weile schwieg sie dann, bevor sie fortfuhr:
»Leider sieht es wirklich so aus, als sei ihre Sicherheit bedroht. Ein Kräftemessen zwischen Licht und Dunkel scheint sich anzubahnen, und dabei ist Mythor mehr als nur eine unbedeutende Randfigur.«
»Dann muß er erfahren, wo…«
»Nein! Du darfst ihn nicht in die Hintergründe einweihen, es sei denn, dies wäre unumgänglich. Entscheide selbst, wann dieser Zeitpunkt gekommen ist, nur wähle ihn nicht zu früh.«
Das Leuchten des Kristalls erlosch. Zahda hatte von sich aus das Gespräch unterbrochen.
Als Vina die Gondel des Zugvogels verließ, fühlte sie sich ausgelaugt.
*
»Ein Mistwetter!« schimpfte Gerrek ungehalten und schüttelte sich. Er und Mythor hasteten durch die Gassen von Korum, einem ungewissen Ziel entgegen. Sie wußten nicht, ob sie verfolgt wurden, denn das Heulen des Sturmes übertönte fast jedes Geräusch.
Endlich bemerkte Mythor, daß der Beuteldrache ihn in Richtung Hafen führte.
»Was hast du vor?« fragte er überrascht.
»Wir fliehen mit einem Schiff«, erwiderte Gerrek. »Lieber auf See, als ein Sklave Burras zu sein. Es heißt, daß sie sich täglich mit ihren Männern schlägt, um sich im Faustkampf zu üben.«
»Vielleicht braucht sie einen Gegner wie dich.« Mythor konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen. »Einen, der ihr ebenbürtig ist.«
»Spotte nur«, fauchte der Mandaler und blieb stehen, weil auch Mythor seine Schritte anhielt. »Dich will sie haben, nicht mich. Ich wünsche dir jedenfalls nicht, daß du ihr in die Hände fällst.«
»Dann müssen wir umkehren.«
»Wieso?« machte Gerrek verblüfft.
»Das erste, was Burra tun wird, ist, den Hafen zu überwachen. Immerhin muß sie sich sagen, daß wir alles daransetzen werden, Korum zu verlassen.«
»Hm. Das habe ich nicht bedacht.«
»Außerdem ist es unmöglich, bei dem Unwetter auszulaufen. Ein kleines Boot würde sofort vollschlagen, eines der großen Schiffe vermögen wir allein nicht zu segeln.«
»Und ein Ballon würde hoffnungslos abgetrieben werden«, führte Gerrek den Gedanken weiter. Er ballte die Hände zu Fäusten und schlug sie gegeneinander. Aber plötzlich huschte ein Lächeln über seine Züge. »Laß mich nur nachdenken«, triumphierte er. »Ein Beuteldrache findet immer einen Ausweg. Wir brauchen uns nur zu verbergen…«
»Genau das meine ich«, nickte Mythor.
»…und abwarten, bis Nukima und deren Kriegerinnen ihren Rausch ausgeschlafen haben. Ich bin sicher, daß Burra den meisten von ihnen einen Schlaftrunk in den Wein gemischt hat.« Suchend sah der Mandaler sich um. Er, der auch nachts zu sehen vermochte, eilte dann auf das nächste Haus zu. Zu seiner Überraschung war die Tür nicht verriegelt. Leise knarrend öffnete sie sich.
»Psst!« machte Gerrek erschrocken und wandte sich zu Mythor um. »Komm schon.«
Er ging voran. Geschickt wich er Hindernissen aus, die der Gorganer nur schemenhaft erkennen konnte. Sein Ziel war die schmale Treppe am Ende des langen Flurs.
»Unter dem Dach können wir uns verbergen«, flüsterte er.
Die Treppenstufen waren alt und ausgetreten, sie quietschten unter der Last. »Psst!« zischte Gerrek wieder. Er blieb stehen und lauschte in die nächtliche Stille. Irgendwo
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