Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flucht aus Korum

Flucht aus Korum

Titel: Flucht aus Korum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
raschelten Mäuse. Dielenbretter knackten.
    Vorsichtig ging der Mandaler weiter. Auf einmal wurde über ihm der Durchgang aufgestoßen.
    »Diebsgesindel! Räuberpack!« kreischte eine Frauenstimme. »Ich werde euch lehren, in mein Haus einzudringen, ihr Lumpen.«
    »Oh weh«, konnte Gerrek noch stammeln, dann ergoß sich auch schon der nasse Inhalt eines Eimers über ihn und nahm ihm den Atem. Abwehrend riß er die Arme hoch, als das Gefäß ebenfalls auf ihn zu flog. Er verlor den Halt und stürzte rücklings die Treppe hinab. Der dabei entstehende Lärm klang in seinen Ohren wie ein Weltuntergang.
    »Alte Schrulle!« fauchte er, sich mühsam aufrappelnd. Die Frau stimmte ein Gezeter an, das laut genug war, um halb Korum aus dem Schlaf zu schrecken. Sie war nicht sonderlich groß, aber auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck von Unnachgiebigkeit. Sie trug ein langes weißes Gewand und eine Haube von ebensolcher Farbe, was ihr das Aussehen eines Geistes verlieh.
    »Buh«, rief Gerrek, »ich bin ein Drache !« und schickte sich erneut an, die Treppe hinaufzustürmen. Aber Mythor, der ihm auch vorhin nicht sofort gefolgt war, hielt ihn zurück.
    »Jeden Augenblick können die Amazonen hier auftauchen«, gab der Gorganer zu bedenken. »Sieh zu, daß wir verschwinden.«
    Gerrek erwiderte nichts, er zitterte nur. »Wasser«, murmelte er vor sich hin. »Ausgerechnet Wasser.« Dabei schien er ganz zu vergessen, daß er ohnehin völlig durchnäßt gewesen war.
    Vor dem Haus blieben sie kurz stehen. Hinter ihnen wurden die Schreie der Frau leiser.
    »Wohin?« wollte Gerrek wissen.
    »Uns darüber Gedanken zu machen, haben wir später Zeit«, erwiderte Mythor barsch. »Nur weg von hier.« Aus der Höhe fiel etwas herab. Der Beuteldrache brüllte auf, als es an seinem Schädel zersplitterte. Während über ihm in einem Fenster die Frau erneut lauthals zu zetern begann, bückte er sich nach den gläsernen Scherben, ließ diese aber angewidert sofort fallen. Er wurde blaß.
    »Das ausgerechnet mir«, jammerte er. »Mit einem Nachttopf trachtet dieses Weib danach, den gutmütigsten Beuteldrachen zu erschlagen, den es auf der Welt gibt.«
    Sicher hätte er sich noch länger ereifert, hätte Mythor ihn nicht kurzerhand mit sich gezerrt. Ziellos hasteten sie durch die Stadt.
    Von einer kleinen Anhöhe aus bot sich dem Mandaler ein umfassender Rundblick. Allmählich wich die Schwärze der Nacht einer grauen, trüben Dämmerung. In der Ferne tobte die aufgewühlte See. Manchmal konnte man das Donnern der Brandung hören, die wild gegen die Steilküste schlug.
    »Du bist der Fremde?«
    Mythor wirbelte herum, als er hinter sich die Stimme vernahm. Seine Rechte glitt wie von selbst an den Knauf des Gläsernen Schwertes.
    »Laß deine Klinge stecken. Ich will nicht gegen euch kämpfen.«
    Der Gorganer sah sich einem Mann mittleren Alters gegenüber, der in etwa seine Statur besaß und an der Hüfte ein leicht gebogenes Langschwert mit schmaler Klinge trug, das in einer ledernen Scheide steckte.
    »Du hast uns gesucht?« platzte Gerrek heraus. »Deine Worte erlauben keinen anderen Schluß.«
    »Ich bin Forgin«, sagte der Fremde, als erwarte er, daß jeder ihn kenne.
    »Und?« machte der Beuteldrache.
    Forgin blickte ihn verwundert an.
    »Einer von Burras ’Männern für alles’. Deshalb weiß ich zumindest über dich Bescheid, Honga, und auch, daß Burra euch jagt.«
    »Wenn du uns helfen willst, meinetwegen – wenn nicht, halte uns nicht auf.«
    »Wohin wollt ihr?«
    Mythor zuckte mit den Schultern.
    »Ihr werdet nicht weit kommen. Keine Frau wird euch bei sich aufnehmen, und die Sklaven sind zu gering, als daß sie euch beistehen könnten.«
    »Ich bin es gewohnt, meinen Weg allein zu gehen.«
    »Das will ich dir glauben, Tau. Auch Burra hat dies erkannt, und sie ist nicht gewohnt, auf etwas zu verzichten, das ihr gefällt. Täglich übt sie sich in allen Kampfarten und schreckt nicht einmal davor zurück, ihre eigenen Kriegerinnen schwer zu verwunden.«
    »Warum erzählst du uns das?«
    »Weil wir vier Männer sind, die Burra dienen. Einer wäre zuviel, wenn sie dich bei sich aufnimmt. Wahrscheinlich müßte der Älteste von uns sterben.«
    »Du fürchtest, daß es dich treffen würde«, vermutete Mythor spontan.
    »Deshalb biete ich euch ein Versteck«, sagte Forgin. »Wenn es sein muß, für die Dauer einiger Nebel, bis Burra die Suche einstellen läßt.
    Es gibt einen Bund der Männer in Korum, von dem keine Frau weiß. Vor langer Zeit

Weitere Kostenlose Bücher