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Flucht aus Lager 14

Flucht aus Lager 14

Titel: Flucht aus Lager 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Harden
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Kwon Hyuk, ein Überläufer, der das Lager 22 geleitet hatte. Doch Shin sah weder einen Graben noch Spieße.
    Shin und Park hatten vorher darüber gesprochen, dass alles gut würde, wenn sie es schafften, durch den Zaun zu kriechen, ohne die Drähte zu berühren. Wie sie das allerdings anstellen sollten, wussten sie nicht. Als schließlich die Stunde ihrer Flucht gekommen war, stellte Shin zu seiner Überraschung fest, dass er keine Angst verspürte.
    Park hingegen war ziemlich nervös.
    Nachdem die Wächter während ihres spätnachmittäglichen Kontrollgangs an ihnen vorbeigekommen waren, hörte Shin Parks angsterfüllte Stimme.
    »Ich weiß nicht, ob ich das schaffe«, flüsterte er. »Können wir es nicht ein andermal versuchen?«
    »Was redest du da?«, sagte Shin. »Wenn wir es jetzt nicht versuchen, werden wir nie wieder eine solche Chance haben.«
    Shin befürchtete, es würden Monate oder sogar Jahre vergehen, bis sie noch einmal die Gelegenheit erhielten, außerhalb der Fabrik in der Dämmerung in der Nähe eines Zaunabschnitts zu arbeiten, der vom Wachtturm aus nicht eingesehen werden konnte.
    Er konnte – und wollte – nicht länger warten.
    »Wir schaffen es!«, rief er ihm zu.
    Er packte Parks Hand und zog ihn Richtung Zaun. Für einen quälenden Augenblick musste Shin den Mann, dem er seinen Wunsch zu fliehen verdankte, hinter sich her zerren. Doch dann lief auch Park los.
    Sie hatten verabredet, dass Shin voranging, bis sie den Zaun überwunden hätten, doch er rutschte auf dem vereisten Pfad aus und fiel hin.
    Park war als Erster am Zaun. Er ging auf die Knie, dann schob er seine Arme, den Kopf und die Schultern zwischen den beiden unteren Drähten hindurch.
    Sekunden später sah Shin Funken sprühen, und er roch verbranntes Fleisch.
    Die meisten elektrisch geladenen Sicherheitszäune halten Unbefugte davon ab weiterzugehen, indem sie ihnen einen schmerzh aften, aber äußerst kurzen Stromschlag versetzen, der nicht tödlich wirkt, sondern Mensch und Tier lediglich abschreckt. Tödliche elektrische Zäune leiten dagegen einen kontinuierlichen Strom, der Muskelkrämpfe, Lähmungen und den Herzstillstand auslöst.
    Noch bevor Shin wieder auf die Beine kam, hatte Park aufgehört, sich zu bewegen. Vermutlich war er schon tot. Das Gewicht seines Körpers drückte den untersten Draht auf den Boden und vergrößerte so den Abstand zwischen den Drähten.
    Ohne nachzudenken, robbte Shin über den Körper seines Freundes und benutzte ihn so unwissentlich als eine Art Isolierungskissen. Während er sich durch den Zaun wand, konnte Shin den Strom spüren; seine Fußsohlen fühlten sich an, als würde man sie mit Nadeln stechen.
    Shin hatte es fast geschafft, als seine Beine von Parks Rücken abrutschten und, mit den doppelten Hosen, die er trug, den unteren Draht berührten. Die Hochspannung im Draht verursachte schwere Verbrennungen von den Knöcheln bis zu den Knien. Die Wunden bluteten einige Wochen lang. Aber es sollten einige Stunden vergehen, bis Shin überhaupt wahrnahm, wie schlimm er sich verletzt hatte.
    Was er am deutlichsten in Erinnerung behalten hat von den Minuten, in denen er durch den Zaun kroch, war, dass Parks Körper nach verbranntem Fleisch roch.
    Es lässt sich nicht vorhersagen, wie ein menschlicher Körper auf elektrischen Strom reagiert. Aus Gründen, die noch nicht ausreichend erforscht sind, variiert die Fähigkeit von Menschen, einen Stromstoß auszuhalten und zu überleben, sehr stark. Das hat nichts mit dem Körperbau oder der Fitness zu tun. Kompakte, kräftige Menschen sind nicht widerstandsfähiger als magere. Wenn sie trocken ist, kann die menschliche Haut ein relativ guter Isolator sein, und kaltes Wetter schließt die Poren der Haut, was ihre Leitfähigkeit reduziert. Mehrere Schichten von Kleidungsstücken können ebenfalls isolieren. Dagegen setzen schwitzende Hände und feuchte Kleidung den natürlichen Widerstand der Haut gegen elektrischen Strom leicht außer Kraft. Wenn ein hochgespannter elektrischer Strom durch einen Körper geht, der gut geerdet ist (feuchte Schuhe auf verschneitem Boden), sind die Flüssigkeiten und Salze im Blut, in den Muskeln und Knochen hervorragende Leiter. Nasse Menschen, die sich an der Hand hielten, sind durch einen einzigen Stromschlag zusammen gestorben.
    Dass Shin es schaffte, durch den elektrischen Zaun zu kriechen, war einem glücklichen Umstand zu verdanken, der Park nicht beschieden war. Wäre Shin nicht im vereisten Schnee

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