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Flucht aus Oxford

Titel: Flucht aus Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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seit vielen Generationen im Familienbesitz befänden. Auf dem Boden lagen zwei abgenutzte, mit einer Schicht Hundehaaren bedeckte Perserteppiche. Dazwischen war viel glänzender Holzboden zu sehen, auf dem die Absätze von Emmas schicken Schuhen wie Pistolenschüsse knallten, wenn sie von einem Gast zum anderen ging. An der langweilig roten Wand hingen Emmas Perücken tragenden, in Samt und Seide gewandeten Vorfahren in Goldrahmen. Im Gegensatz dazu wirkte das Sofa, auf dem Jenny Philbee sich niedergelassen hatte, modern und bequem, ebenso wie die um den offenen Kamin gruppierten Sessel.
    Kates Inventur wurde durch die Ankunft von zwei weiteren Gästen unterbrochen. »Hilary und Aubrey Massen«, verkündete Emma. Ein weiteres, ländlich aussehendes Paar betrat das Zimmer.
    »Hilary und ich waren zusammen in der Schule«, sagte Emma. Hilary machte den Eindruck, sich eher auf einem Pferderücken als in Gesellschaft eines Buches wohlzufühlen. Sie und Emma tauschten die Art Küsse, die kaum die Wange berührten. Aubrey war sauber geschrubbt, adrett angezogen und auffallend gut gelaunt.
    Während der nächsten zehn Minuten plätscherte die Unterhaltung so höflich dahin, dass Kate sich nur noch wünschte, irgendetwas möge die Monotonie durchbrechen. Selbst Party-Spielchen wären ihr recht gewesen. Warum um alles in der Welt hatte ihre Mutter derart viel Wert darauf gelegt, von diesen Langweilern eingeladen zu werden? Falls sie gehofft hatte, mehr über Donnas Tod zu erfahren, dann hatte sich diese Erwartung bisher nicht erfüllt. Falls sie jedoch vorgehabt hatte, Kate aufzuheitern, indem sie ihr hochkarätige Bekanntschaften verschaffte, dann war sie damit noch erfolgloser geblieben. Just in diesem Moment entstand eine jener Pausen, wie sie manchmal bei Gesprächen in der Gruppe vorkommen – alle hören wie auf ein geheimes Signal hin mit einem Mal auf, sich zu unterhalten.
    »Erzählen Sie mir doch von dieser netten Familie in Gatts Farm«, war Roz in dieser Stille zu hören.
    Kate sah, wie in den Gesichtern sämtlicher Anwesenden der Ausdruck wechselte; von Entsetzen bis Abscheu war alles dabei. Man hatte den Eindruck, dass ein unvorhergesehener Todesfall auf dem eigenen Grundstück in diesen sozialen Kreisen als unverzeihlicher Fauxpas galt.
    »Oh!«, rief Roz in einem Ton, den Kate sofort als zutiefst unaufrichtig erkannte. »Habe ich etwas Dummes gesagt? Ich war der Ansicht, dass die Eigentümer eines so hübschen alten Bauernhauses und so vieler schöner Antiquitäten zu Ihren besten Freunden zählen würden.«
    »Sie sind nicht ganz unser Stil«, äußerte Emma frostig.
    »Und Bauern sind sie auch nicht«, dröhnte Sam Philbee. »Kaum hatten sie das Haus gekauft, stießen sie auch schon das zugehörige Ackerland ab.«
    »Und wer hat es gekauft?«, erkundigte sich Roz interessiert.
    »Jemand drüben in Hensford. Ich hätte es gern gehabt, aber für unsereinen war es viel zu teuer, das können Sie mir glauben.« Mit diesen Worten versenkte Sam seinen grimmigen Blick in die Überreste seines Drinks und nahm nicht weiter an der Unterhaltung teil.
    »Und dann diese schrecklich vulgären gelben Lieferwagen, die Tag und Nacht durch das Dorf fahren!«, schimpfte Jon. »Es ist verteufelt schwer, in den Kurven mit dem Pferdehänger an ihnen vorbeizukommen. Schreckliche Leute!«
    »Nun ja, sie werden die Lieferwagen brauchen. Schließlich handeln sie mit Möbeln«, gab Roz zu bedenken.
    »Und wie oft fährst du schon mit dem Pferdehänger?«, giftete Emma, deren rote Nasenspitze darauf schließen ließ, dass sie dem Gin schon länger zusprach als die anderen und allmählich streitbar wurde. »Diese undankbare Aufgabe überlässt du doch grundsätzlich mir!«
    »Schließlich sind es deine Pferde, altes Mädchen«, erwiderte Jon gedehnt. »Ich halte sie für dumme, nutzlose Tiere, die sich auf meine Kosten durchfressen.«
    »Willst du mir etwa mein einziges wirkliches Interesse madig machen?«, beschwerte sich Emma mit weinerlicher Stimme.
    »Pferde können nicht dein einziges Interesse sein. Dazu verbringst du viel zu viel Zeit mit der Ginflasche.«
    »Mein Gott, bist du geschmacklos. Und dann auch noch hier vor unseren Freunden!«
    Die Stimmen der beiden Streithähne wurden unerbittlich lauter. Kate hatte den Eindruck, zwei unterschiedlichen Orchestern zu lauschen, die zwei verschiedene Symphonien spielten und von zwei Egomanen dirigiert wurden. Sie ließ die Geräuschkulisse über sich hinwegschwappen, ohne den Versuch zu

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