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Flucht aus Oxford

Titel: Flucht aus Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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Professor am Leicester College und vorübergehend als Verkäufer tätig. Sie dürfen mich Tony nennen.«
    Tony Fuller war durchschnittlich groß, von durchschnittlichem Körperbau und auch sonst ein sehr durchschnittlich aussehender Mensch. Er hatte sehr dichtes hellbraunes, lockiges Haar, blaue Augen und helle Haut und trug ein verblichenes rotes Sweatshirt und eine ausgebeulte Kordhose, die sowohl einem Professor in Oxford als auch einem Verkäufer anstanden, wie Kate dachte. Auch seine Aussprache war klassen- und akzentlos und passte zu einem Professor ebenso wie zu einem Verkäufer.
    »Sagten Sie gerade Leicester?«, fragte Tim.
    »Richtig. Kennen Sie das College?«
    »Ich habe dort studiert.«
    »Tatsächlich. Dann müssen wir unbedingt einmal zusammen ein Bier trinken gehen.«
    Kate zog es vor, ihre eigene Verbindung zum Leicester nicht zu erwähnen.
    »Dann sind Sie also Hazels Sohn«, stellte Tim fest.
    »Genau. Leider ist sie im Augenblick nicht hier. Sie muss sich von einem Schock erholen, den sie nach den Ereignissen der vergangenen Tage erlitten hat.«
    »Natürlich. Ich fühle mit Ihnen.« Tim war ganz Profi.
    »Sie haben meiner Mutter sicher sehr geholfen«, äußerte Tony knapp. »Zurück zu Ihrem Besuch – suchen Sie nach etwas Bestimmtem, oder sehen Sie sich einfach nur um?«
    »Wir sehen uns nur um«, behauptete Kate, während Tim gleichzeitig sagte: »Ich habe einen Sekretär mitgebracht, der repariert werden müsste.«
    »Wir haben gehört, dass Sie hier eine Werkstatt haben« fügte Kate hinzu. »Könnten wir uns die einmal ansehen? Ich sage immer zu Tim, er soll nicht zu vertrauensvoll sein.«
    »Sie wollen also unsere Schreinerei überprüfen, ehe Sie sich uns anvertrauen?«, wiederholte Tony. »Sehr vernünftig. Wenn Sie möchten, begleite ich Sie zur Werkstatt, und Sie können sich unterwegs umsehen, Kate.« Er wandte sich an Tim. »Um welche Art Sekretär handelt es sich? Und was muss repariert werden?«
    »Die genaue Epoche kann ich Ihnen leider nicht sagen, aber ich weiß, dass er alt ist«, antwortete Tim. »Ich habe ihn von meiner Großmutter geerbt, und eine der Schubladen ist defekt.«
    »Kommen Sie«, forderte Tony sie auf.
    Sie gingen durch mehrere Ausstellungshallen und erreichten einen weiteren Hof. Auch dieser Hof war sauber, doch längst nicht so hübsch gestaltet wie der Eingangsbereich. Es gab keine Blumentöpfe, dafür zweckdienlich aussehende Gebäude mit großen Toren. Aus dem Inneren ertönten von Popmusik aus dem Radio überlagerte Säge-, Hobel- und Hammergeräusche.
    »Du liebe Zeit! Das ist ja viel größer, als ich dachte«, schwärmte Kate. »Wie viele Leute beschäftigen Sie hier?«
    »Leider kann ich Ihnen das nicht genau sagen. Ich bin nicht über alles auf dem Laufenden, was das Geschäft angeht, sondern kümmere mich nur um das Nötigste.«
    »Natürlich. Schließlich haben Sie Ihre eigene Arbeit.« Kate zwinkerte ihm schamlos zu.
    »Richtig. Allerdings habe ich mich immer für die Antiquitäten interessiert, mit denen mein Vater handelt«, gab Tony zurück. »Dennoch muss ich meine Prioritäten setzen. So – hier müssen wir hinein.«
    Was Kate in der Werkstatt zuerst auffiel, war der wundervolle Duft nach Holz, dem eine Kopfnote von Leim und Lack beigefügt war. Sie musste sich zwingen, daran zu denken, dass sie auf der Suche nach dem Raben war und sich nicht an Lösungsmitteln berauschen durfte. Verstohlen sah sie sich um und versuchte zu schätzen, wie viele Menschen hier arbeiten mochten. Sie zählte etwa sieben oder acht, es konnten aber durchaus auch zehn oder zwölf sein. Und hier handelte es sich nur um eine von vielen Werkstätten. Wie sollte sie bloß in Erfahrung bringen, mit welchem der Männer Donna befreundet gewesen war?
    »Kommen Sie, wir gehen zu Joe«, sagte Tony.
    Joe war um die fünfzig und trug ein breites goldenes Armband am linken Handgelenk – ein vierschrötiger, wettergegerbter Mann, der sein dünnes graues Haar unter einer flachen Tweedkappe verborgen hatte. Der kam bestimmt nicht als Rabe infrage, entschied Kate. Joe arbeitete an einem Sekretär, der um vieles größer und wuchtiger war als das Möbelstück in ihrem Auto. Tony stellte Tim vor und bat Joe, ihm zu zeigen, wie er bei den Reparaturen vorging. Kate wanderte unterdessen in der Werkstatt herum.
    Die Werkbänke waren durch breite, mit Möbelstücken und Holzteilen gesäumte Durchgänge getrennt. Wo um alles in der Welt mochte das ganze Zeug herkommen? Kate kannte sich viel

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