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Flucht aus Oxford

Titel: Flucht aus Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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könnte?«
    »Weil wir glauben, dass sie Ihre Freundin war. Sie nannte Sie ihren Raben, nicht wahr?«, fragte Tim.
    »Nein«, widersprach Graham. Und dieses Mal hörte es sich an, als ob er die Wahrheit sagte.
    »Aber Sie kannten sie. Erzählen Sie uns von ihr«, forderte Roz ihn auf.
    Roz Ivory konnte sehr überzeugend wirken, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, doch Graham ließ sie eine Weile zappeln. Er aß erst einmal seinen Teller leer und trank den letzten Schluck Bier.
    »Möchten Sie noch eins?«, wollte Tim wissen.
    »Gern, aber lieber nur ein halbes. Danke.«
    Tim tauchte in die Menge ein und zwängte sich zur Bar durch.
    »Gut. Dann erzählen Sie mal«, sagte Roz.
    Graham setzte einen verschlagenen Blick auf. »Sie meinen über Donna? Nun, ich habe nichts verbrochen. Ich war nicht dabei, als sie starb.«
    »Aber Sie kannten sie.«
    »Wir sind mal miteinander gegangen«, sagte er. »Allerdings machte sie vor ein paar Monaten Schluss, als sie diesen Kerl kennenlernte, den sie ihren Raben nannte. Wissen Sie, Donna wollte unbedingt fort aus Gatt’s Hill. Sie wollte das große Geld machen.«
    »Dann haben Sie beide also Geschäfte miteinander gemacht?«
    »In gewisser Weise schon. Es war ihre Idee, zu den Antikmärkten zu gehen. Sie dachte, damit könne man reich werden.«
    »Wie sind Sie an das Kapital für Ihre erste Ware gekommen?«
    Grahams Blick wurde noch finsterer. »Wir haben es eben zusammengekratzt«, erklärte er. »Ein bisschen hier, ein wenig da. Sie wissen ja, wie das so geht.« Er warf einen Blick zur Bar, wo Tim sich eifrig bemühte, die Aufmerksamkeit des Barkeepers auf sich zu lenken.
    »Zumindest kann ich es mir vorstellen.« Roz nickte. »Vielleicht sollten wir es hinter uns bringen, ehe der Pfarrer mit Ihrem Bier zurückkehrt und wir meiner manchmal etwas hitzigen Tochter gegenübertreten müssen.«
    »Hinter uns bringen?« Graham hatte nicht viel Erfahrung darin, unschuldig dreinzublicken.
    »Nun ja, Sie haben da eine interessante Ansammlung von hübschen Dingen in Ihren Vitrinen. Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass ich das eine oder andere davon recht gut kenne.«
    »Das ist nicht wahr. Sie haben geblufft, was den Smaragdring angeht.«
    »Ganz bestimmt nicht. Soll ich vielleicht etwas mehr ins Detail gehen? Zum Beispiel gibt es da eine sehr hübsche Brosche mit einem Peridot und Perlen, spätviktorianisch, mit goldener Sicherheitskette.«
    »Und?«
    »Ich weiß, woher sie stammt, Graham. Sie sind sicher nicht daran interessiert, dass offizielle Stellen davon erfahren, habe ich recht? Das muss auch nicht sein, aber im Gegenzug erwarte ich mehr Informationen über das Geschäft, das Sie mit Donna aufgezogen haben.«
    »Kann ich darauf zählen, dass alles unter uns bleibt?«
    »Natürlich wird meine Tochter davon erfahren, aber auf Kate ist absolut Verlass. Darauf achte ich schon!«
    »Na, ich weiß nicht.«
    »Ich schlage vor, dass Sie sich beeilen. Selbst Tim wird irgendwann bedient werden, und es dürfte weitaus schwieriger sein, einen Pfarrer davon zu überzeugen, etwas Illegales zu tun, als das bei mir der Fall ist.«
    Graham sah zu Tim mit seinem goldenen Ohrring und der coolen Frisur hinüber. »Ist der Mann wirklich Pfarrer?«
    »Ehrenwort.«
    »Okay, ich sag’s Ihnen. Mittlerweile ist allgemein bekannt, dass niemand sich mehr die Mühe macht, geklautes Zeug zu horten. Man mietet einfach einen Stand auf einem Antikmarkt und bringt den Krempel direkt unters Volk. Ohne viel Federlesen.«
    »Das habe ich mir fast gedacht. Ich habe mal irgendwo gehört, dass man Diebesgut auf die Weise am besten loswird. Aber wie steht es mit der Polizei? Wenn ich es schon wusste, werden unsere Ordnungshüter erst recht auf dem Laufenden sein.«
    »Wir sind so viele, dass sie kaum jeden aufs Korn nehmen können. Jede Woche gibt es Tausende solcher Antikmärkte über das ganze Land verteilt. Viele haben mehr als hundert Stände auf wer weiß wie vielen Quadratmetern Verkaufsfläche. Die Polizei erwischt nur einen Bruchteil der Hehler.«
    »Und wer hat die Ware gestohlen? Hatte Donna damit zu tun?«
    »Nein. Sie ist zwar ein paarmal mitgekommen – wegen des Kicks, wie sie sagte. Sie stand dann Schmiere. Ich glaube, sie genoss ab und zu den Reiz des Verbotenen, aber sie hatte es auch schnell wieder über. Sie interessierte sich eigentlich nur für den Verkauf. Manchmal gab sie uns Tipps, in bestimmte Häuser einzubrechen, wo sie gearbeitet hatte, aber auf Dauer war das zu gefährlich.

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