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Flucht aus Oxford

Titel: Flucht aus Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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unterschätzt? Vielleicht hätte ich daran denken sollen, dass er an einem Oxforder College lehrt. Während Tim und Tony sich über ihre Studentenzeit unterhielten, beobachtete Kate die beiden älteren Fullers.
    Hazel sah aus wie eine Lottogewinnerin auf dem Foto »danach«. Ihr Haar war getönt, mit Strähnchen aufgehellt und frisch gelockt, ihr Gesicht gestrafft, massiert und geschminkt, ihre Beine enthaart und ihre Kleidung nagelneu. Kate konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass sie und Hazel absolut nichts gemeinsam hatten.
    »Was schreiben Sie, Kate?«, erkundigte sich Derek. Er war ein großer, wuchtiger Mann. Zum silbergrauen Anzug trug er ein hellblaues Seidenhemd mit schweren goldenen Manschettenknöpfen, am Arm prunkte eine Rolex. Antiquitäten mussten eine Menge Geld einbringen.
    »Ich schreibe historische Romane«, antwortete Kate und wusste sofort, dass sie ihn mit diesem Thema langweilen würde.
    »Tatsächlich? Nun, ich selbst lese nicht sehr häufig. Vor allem keine Romane. Schreiben Sie unter Ihrem eigenen Namen?«
    »Selbstverständlich.« Kate bemühte sich, die Zähne nicht allzu sehr zusammenzubeißen. »Allerdings ist das Leben eines Schriftstellers nicht sehr aufregend. Wir verbringen die meiste Zeit damit, vor unserem Computer zu sitzen und neue Geschichten zu erfinden. Erzählen’ Sie mir lieber von der Welt der Antiquitäten. Ich bin sicher, dass es dort sehr viel interessanter zugeht als bei mir. Haben Sie sich auf etwas Bestimmtes spezialisiert?«
    »Ich bin Geschäftsmann«, erklärte Derek, »und nicht etwa einer dieser Experten aus Mayfair, die sich ausschließlich aufs achtzehnte Jahrhundert spezialisieren. Ich verkaufe genau die gute und solide Ware, die sich großstadtmüde Mitmenschen gern ins Wohnzimmer stellen. Ich liefere ihnen das, was sie für englische Landhausmöbel halten, und sie kaufen gern und viel.«
    »Ihr Kundenkreis rekrutiert sich also eher aus Leuten mit einer idealisierten Vorstellung vom Landleben, als aus denen, die bei Regen und Matsch mit dem Jauchewagen auf die Felder fahren.«
    »Sie haben es erfasst.«
    »Als ich gestern mit Tim in der Werkstatt war, hat mich eine Sache neugierig gemacht.«
    »Was denn? Tony erwähnte, dass Sie sich umgesehen haben, und ich habe mich schon gefragt, was Ihre Aufmerksamkeit so fesselte. Man hat mir erzählt, dass Sie sich lange mit Carl unterhalten haben.«
    »Er hat mir viel über Holz erzählt«, sagte Kate.
    »Dann muss er Sie mögen. Normalerweise ist er nicht sehr kommunikativ. Aber was hat Sie neugierig werden lassen?«
    »Mich hat die unglaubliche Menge der in Ihren Scheunen gelagerten Möbel in Erstaunen versetzt. Wo um alles in der Welt finden Sie die? Ich dachte immer, dass ein kleines Land wie England in Bezug auf alte Möbel allmählich abgegrast sein müsste.«
    »Sie sind eine gute Beobachterin, das muss ich schon sagen. Die Antwort liegt in Osteuropa«, erwiderte Derek. Seine Manschettenknöpfe blitzten im Licht, als wollten sie daran erinnern, dass die Werkstätten eine wahre Goldgrube waren. »Es gibt dort Tausende von Landwirten – oder sagen wir vielleicht lieber: Bauern –, die überglücklich sind, wenn sie Omis alten Küchenschrank für einen oder zwei Fünfer in harter Währung loswerden können.«
    »Mit anderen Worten: Sie setzen sich in Ihren Lieferwagen und gehen Klinken putzen – so nennt man das doch wohl?«
    Derek lachte, aber sein Lachen klang nicht echt. »Ich setze mich in meinen Range Rover, holpere über die schlammigen Pisten Rumäniens und halte Ausschau nach Bauernhäusern und Scheunen. Ich fahre durch Ungarn bis in die Ukraine und kaufe alles, was ich bekommen kann, bereite es auf und verkaufe es weiter. Meine Vertragspartner vor Ort bringen die Ware in ein Lagerhaus, das ich in der Nähe der Docks besitze. Sie haben ja die Ausstellungshallen und die Werkstätten hier gesehen – nun, das ist noch gar nichts gegenüber dem, was ich dort eingelagert habe.«
    »Und die gelben Lieferwagen bringen die Ware schließlich zu Gatts Farm, wo sie repariert und aufgearbeitet wird.«
    »Wollt ihr zwei euch den ganzen Abend über die blöden Antiquitäten unterhalten?«, unterbrach Hazel. »Ich höre schon den ganzen Tag nichts anderes und habe keine Lust, mir auch noch den Abend damit zu verderben.«
    Es ist verblüffend, dachte Kate, wie leicht ein intelligenter, erfolgreicher Mann wie Derek sich von einer dümmlichen Person wie Hazel unterbuttern lässt.
    »Interessieren Sie sich nicht

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