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Flucht in die Hoffnung

Flucht in die Hoffnung

Titel: Flucht in die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Rothkamm
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darauf alle Anschuldigungen gegen mich
vor Gericht zurücknahm, war ich mir sicher, das Richtige getan zu haben. Es war
ja auch nur vorübergehend, sagte ich mir. Nur bis ich Arbeit gefunden und alles
drumherum organisiert hatte.
    Farid erklärte dem Richter, er habe sich getäuscht, ich hätte doch
kein Verhältnis mit den Reitern vom Strand und sei ihm eine gute Frau gewesen.
Wie mir der Anwalt riet, den ich zwischenzeitlich mit meinem Fall betraut
hatte, nahm ich meine Anschuldigungen ebenfalls zurück und gab zu Protokoll,
dass mein Mann mich niemals geschlagen hätte. Somit konnten wir unsere
Scheidung beschleunigen, die nun einvernehmlich verhandelt wurde.
    Mohamed fühlte sich ständig beobachtet auf Djerba und beschloss, der
Insel vorläufig den Rücken zu kehren. Er nahm eine Stelle in Tunis an, wo er
ein Zimmer in einer WG mietete. So war ich nun ganz
    allein, 500 Kilometer von Emira und 600 von Mohamed entfernt. Doch das würde ja
nicht so bleiben, versuchte ich mich aufzumuntern.
    Meine Oma und meine Schwester, die mich, wie es seit Langem geplant
war, im September besuchten, waren sehr überrascht, dass Emira nicht bei mir
war. Wir fuhren nach M’Saken, um sie zu besuchen, und wurden dort herzlich
empfangen. Emira war ganz aus dem Häuschen, als sie ihre Uroma und ihre Tante
wiedersah. Meine Oma war begeistert von all den netten Leuten, die sie in dem
großzügigen Haus von Farids Schwester kennenlernte, wo wir für die Zeit unseres
Besuchs wohnten. Beim Abschied nahm ich mich sehr zusammen, um nicht zu weinen,
und auch Emira weinte nicht. Dieser kleine Mensch versuchte alles, um es mir
leicht zu machen, so wie ich versuchte, es ihr leicht zu machen. Gern hätte ich
sie jeden Tag angerufen, doch ich befürchtete, das würde sie zu sehr durcheinanderbringen.
Inständig hoffte ich, sie möge sich gut einleben in M’Saken und der hiesigen
Vorschule. Das würde ihr besser gelingen, wenn ich sie ein wenig losließe.
    Aber wie gern hätte ich sie mitgenommen zu einer Überraschung, die
mir Mohamed geheimnisvoll angekündigt hatte. Als meine Oma und Schwester
abgeflogen waren, fuhr ich zu ihm nach Tunis und erfuhr, was hinter der
Überraschung steckte: ein Ausflug in die Wüste nach Douz!
    »Ach, das würde Emira auch gefallen!«
    »Wir können es ein andermal zu dritt wiederholen«, versprach
Mohamed. Sein Freund Walid, der Wüstentouren mit Touristen unternahm, hatte uns
zu einem Dreitagestrip eingeladen. So wollte Walid seinem Freund Mohamed zu
einem Zusammensein mit seiner Freundin verhelfen. Nicht zum ersten Mal erlebte
ich mit, welch hohen Stellenwert Freundschaft in Mohameds Leben hatte. Er war
überaus beliebt, stand für seine Freunde ein und pflegte die Kontakte.
    In Tunis teilte Mohamed sein WG -Zimmer
mit zwei anderen Männern. Wir waren dort nie allein. Es war auch nicht erlaubt,
Hand in Hand mit ihm zu bummeln, von einem Küsschen ganz zu schweigen. Umso
mehr freute ich mich auf unser Beisammensein in der Wüste. Doch leider waren
wir dort auch nicht für uns: In Gesellschaft schwedischer Touristen würden wir
in einem Beduinenzelt schlafen, Brot auf offenem Feuer im Sand backen und
traditionelle Musik unter dem Sternhimmel hören. Was zu zweit wunderschön
gewesen wäre, war in der Gruppe nur noch schön. Dennoch war ich Mohamed dankbar
für diese Auszeit von all meinen Problemen.
    Seit vielen Jahren lebte ich nun schon in Tunesien und war noch nie
tiefer in die Wüste vorgedrungen. Das sollte sich jetzt ändern. Wie ein
gewaltiges Meer aus Sand breitete sich die Sahara vor uns aus. Vereinzelt
standen Palmen, Ausläufer der Oase von Douz. Dann schien die Welt nur noch aus
Sand und Wind zu bestehen, der den Boden zu weichen Hügeln formte und unsere
Spuren verwehte.
    Mit Spannung erwartete ich den Kamelritt in der Dunkelheit und war
ein bisschen enttäuscht, als ich hörte, dass er nur fünfundvierzig Minuten
dauern sollte. Doch aus fünfundvierzig Minuten wurden mehr als sechs Stunden,
da Walid sich verirrte. Als eine aufwendig gewebte Decke von einem der Kamele
gerutscht war und wir umkehrten, um sie zu suchen, verlor er die Orientierung.
Es war stockfinster. Wir hatten kein Wasser für solch einen langen Ritt dabei.
Nur hin und wieder funkten unsere Handys Empfang. Wir setzten mehrere Notrufe
ab, und Walid erhielt den Rat, hinter dem Mond herzulaufen. Auch die Kamele
wollten nicht mehr. Und wir wollten schon lange nicht mehr, unsere Hinterteile
schmerzen höllisch, und allmählich gerieten

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