Flucht ins Glück: Das Geheimnis von Baxter Hall: Von den Eltern verstoßen (Frauenschicksale im 19. Jahrhundert) (German Edition)
Freude."
"Ich liebe ebenfalls Musik", bekannte Lady Violette. "Es wäre eine große Freude für uns, wenn Sie uns ab und zu vorspielen könnten."
"Das werde ich gern tun, Lady Denham", sagte Darcey.
"Mrs. Hill, bitte zeigen Sie Miss Curtis die Zimmer Miss Elizabeths", wies Lord Denham das Kindermädchen an, das noch immer neben der Tür wartete, "und machen Sie sie mit den Gepflogenheiten unseres Haushalts vertraut. Ich wünsche, daß Sie Miss Curtis denselben Respekt erweisen wie Mr. Rice." Er legte seine Hände auf Elizabeths Schultern. "Du wirst deine Nanny und Miss Curtis begleiten. Miss Curtis, ich erwarte, daß Sie uns heute abend den Unterrichtsplan für Elizabeth vorlegen."
"Wie Sie wünschen, Euer Lordschaft", erwiderte Martha Hill. "Wenn Sie mir bitte folgen würden, Miss Curtis."
Darcey seufzte in Gedanken auf. Lord Denham hatte es vermutlich gut gemeint, dennoch trugen seine Worte nicht dazu bei, eine gewisse Freundschaft zwischen ihr und der Nanny zu fördern. Sie nahm an, daß das Kindermädchen in ihr eine Konkurrentin sehen würde.
"Ich werde Ihnen den Unterrichtsplan heute abend vorlegen, Lord Denham", versprach sie und folgte mit der kleinen Elizabeth dem Kindermädchen nach draußen.
Schweigend stiegen sie die Treppen hinauf. Elizabeth nahm sie bei der Hand und führte sie in ihr Spielzimmer, einem wahren Paradies für ein Kind. Auf dem ersten Blick erkannte Darcey, daß dieser Raum nicht allein für Elizabeth eingerichtet worden war, denn es gab auch Spielzeug für Knaben.
"Miss Elizabeth ist das erste Mädchen seit drei Generationen, das den Denhams geboren wurde", sagte Mrs. Hill. "Lord und Lady Denham lieben ihre Tochter sehr." Sie wies auf eine dreistöckige Puppenstube, die auf einem niedrigen Tisch zwischen den Fenstern stand. Bei dieser Puppenstube war an alles gedacht worden, was einen vornehmen Haushalt ausmachte. "Ein Geschenk zu Miss Elizabeths fünften Geburtstag."
"Und diese Puppe habe ich von Onkel Frederic bekommen", sagte Elizabeth und reichte Darcey eine Puppe, die wie eine kleine Prinzessin gekleidet war. "Mummy näht manchmal Kleider für meine Puppen."
"Lady Denham ist sehr geschickt in allen Handarbeiten", warf das Kindermädchen ein. "Sicher möchten Sie nun das Schulzimmer sehen, Miss Curtis?"
Das Schulzimmer lag nebenan. In seinen hohen Regalen standen verschiedene Bücher. Es gab Schiefertafeln, eine Landkarte, die Großbritannien zeigte, Stifte jeder Farbe, mehr Papier, als Elizabeth und sie brauchen würden, ein großes Tintenfaß und in einer Schale zugeschnittene Schwanenfedern zum Schreiben. Zu ihrer Überraschung entdeckte Darcey in einem Kästchen auch mehrere Schreibfedern aus feinem Kupfer. Diese Schreibfedern waren erst seit wenigen Jahren in Gebrauch, hatten sich jedoch noch nicht richtig durchgesetzt. Sie hatte erst ein einziges Mal zuvor solche Schreibfedern gesehen, auf dem Schreibtisch ihres Onkels. Er hatte sie auf die Finger geschlagen, als sie nach einer hatte greifen wollen.
"Wird es lange dauern, bis ich lesen kann, Miss Curtis?" erkundigte sich Elizabeth.
"Nicht, wenn du dich anstrengst, Elizabeth."
"Ich werde mich anstrengen", versprach das kleine Mädchen und blickte ernsthaft zu ihr auf.
* * *
Darceys Leben auf Denham Manor ließ sich in keiner Weise mit ihrem bisherigen Leben vergleichen. In Norwich und in London war sie stets die arme Verwandte von Mr. und Mrs. Marlow gewesen, was sie auch die Dienstboten hatten spüren lassen. Hier zollte ihr jeder als Gouvernante der kleinen Miss Elizabeth Respekt. Selbst der Butler behandelte sie mit ausgesuchter Höflichkeit und sprach mit ihr wie mit seinesgleichen und nicht so herablassend wie mit dem übrigen Personal.
Lord Denham war schon wenige Tage nach Darceys Ankunft nach London zurückgekehrt. Lady Denham vertrieb sich die Zeit, in dem sie sich ihren Handarbeiten widmete, Briefe schrieb, viel las und die Oberaufsicht über den Haushalt führte. Dreimal in der Woche ließ sie anspannen und machte Besuche, oft erhielt sie auch Besuch von Damen aus der näheren Umgebung. An diesen Nachmittagen schickte sie nach Darcey, damit sie Elizabeth nach unten brachte, ansonsten war sie kaum zwei Stunden am Tag mit ihrer kleinen Tochter zusammen. Darcey wunderte sich nicht darüber, da sie dieses Verhalten auch von anderen Familien kannte.
Die kleine Elizabeth folgte ihr schon bald auf Schritt und Tritt. Sie gab sich mit dem Lernen sehr viel Mühe und saugte das Wissen wie ein Schwamm auf. Mit
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