Flucht ins Glück: Das Geheimnis von Baxter Hall: Von den Eltern verstoßen (Frauenschicksale im 19. Jahrhundert) (German Edition)
an.
"Wie wäre es mit einem Glas Wein, Lady Ellen?" fragte der junge Lord.
"Mir wäre Limonade lieber", gestand Ellen.
"Mögen Sie keinen Wein?" fragte Lord Gladstone, als sie einem Weg zwischen zu Tierfiguren geschnittenen Buchsbäumen folgten.
"Nicht sonderlich", antwortete sie.
"Ihre Eltern haben bestimmt mit Ihnen darüber gesprochen, daß ich sie gebeten habe, Ihnen den Hof machen zu dürfen, Lady Ellen", sagte er nach einer Weile. Als sie nickte, fuhr er fort: "Sie haben mich für morgen nachmittag zum Tee nach Rowland Manor eingeladen."
"Also werden wir uns auch morgen sehen, Lord Gladstone", meinte Ellen. Sie überlegte, was sie noch sagen konnte. Sie wollte ihm keine Hoffnung machen, aber auch nicht unhöflich sein.
"Seit dem letzten Ball gehen Sie mir nicht mehr aus dem Sinn, Lady Ellen", fuhr er fort. "Die Gedanken an Sie begleiten mich Tag und Nacht. Ich komme aus einer sehr angesehenen Familie, habe eine sehr aussichtsreiche Karriere beim Militär vor mir und..."
Das junge Mädchen blieb stehen. "Bitte, sprechen Sie nicht weiter, Lord Gladstone", bat es. "Ich schätze Sie wirklich sehr und ich bin gern mit Ihnen zusammen, dennoch kann es für uns keine gemeinsame Zukunft geben."
"Was spricht dagegen, Lady Ellen?" fragte der junge Lord völlig überrascht.
"Mein Herz gehört bereits einem anderen", erwiderte Ellen und zwang sich, ihm ins Gesicht zu schauen. "Es wäre nicht richtig von mir, Sie im Ungewissen zu lassen."
Lord Gladstone atmete tief durch. Es fiel ihm schwer, Ellens Worte zu akzeptieren. "Wissen Ihre Eltern davon, Lady Ellen?" fragte er.
"Ja." Sie nickte.
"Aber sie sind nicht damit einverstanden?"
"Meine Eltern haben mir verboten, auch nur an Joshua zu denken."
"Es sieht nicht aus, als würden Sie Ihren Eltern den schuldigen Gehorsam erweisen", meinte Lord Gladstone sarkastisch. "Nun, ich werde mich damit abfinden müssen." Er neigte den Kopf. "Erlauben Sie, daß ich Sie in den Ballsaal zurückbringe, Lady Ellen?"
Kaum hatten sie den Ballsaal betreten, verabschiedete sich Lord Gladstone auch schon von ihr. Ellen kam nicht dazu, noch mehr als ein paar Worte mit ihm zu wechseln, denn ihr nächster Tanzpartner wartete bereits auf sie. Während sie mit dem Sohn ihrer Gastgeber tanzte, dachte sie über die letzten Minuten nach. Sie spürte, daß ihr Bekenntnis Lord Gladstone zutiefst getroffen hatte. So leid es ihr tat, sie hatte ihm die Wahrheit sagen müssen. Es wäre unrecht gewesen, ihn in falschen Hoffnungen zu wiegen.
Ellen nahm gerade in Gesellschaft einiger junger Mädchen eine Erfrischung zu sich, als sie ihre Mutter bemerkte, die auf sie zukam. Sie stellte ihr Glas auf einem Tablett ab.
"Ich würde dich gern sprechen, Ellen", sagte die Duchess of Rowland. Ihrer Stimme war anzumerken, wie schwer es ihr fiel, allen freundlich zuzulächeln.
Ellen folgte ihrer Mutter zu einem kleinen Raum, in dem sich momentan niemand aufhielt.
"Lord Gladstone hat den Ball vor wenigen Minuten verlassen, Ellen", sagte Lady Victoria. "Er sprach von einer Nachricht, die er erhalten hätte und die ihn zwingen würde, sofort nach London zu reisen." Sie blickte ihrer Tochter ins Gesicht. "Ich möchte wissen, was zwischen euch vorgefallen ist. Ich bin überzeugt, seine überstürzte Abreise hängt mit dir zusammenhängt. Ihr seid zusammen im Garten gewesen."
"Ja." Ellen nickte. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen. "Lord Gladstone ließ durchblicken, daß er an eine gemeinsame Zukunft mit mir dachte." Sie senkte den Blick. "Ich sagte ihm, daß mein Herz bereits einem anderen gehört."
Lady Victoria schnappte nach Luft. Sie griff unter das Kinn ihrer Tochter und hob es an. "Was hast du ihm gesagt, du undankbares Geschöpf? Wie konntest du es wagen, einen Mann wie ihn derart zu brüskieren?"
"Es wäre nicht richtig von mir gewesen, ihm die Wahrheit zu verschweigen, Mutter. Wie verlogen müßte ich sein, wenn ich es zulassen würde, daß Lord Gladstone um mich wirbt, obwohl ich nicht vorhabe, ihn zu heiraten?"
Ihre Mutter hob die Hand, um sie zu schlagen. In letzter Sekunde besann sie sich. Ellen konnte nicht mit ihrem Handabdruck im Gesicht in den Ballsaal zurückkehren. "Wir sprechen uns später noch", sagte sie drohend. "Glaube nicht, daß dein Verhalten keine Folgen haben wird."
Ellen gab sich keinen Illusionen hin. Sie war sich sicher, daß ihren Eltern eine harte Strafe für sie einfallen würde, trotzdem bereute sie nicht, Lord Gladstone die Wahrheit gestanden zu haben. Während sie
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