Flucht nach Colorado
Posten aus beobachtete er, wie Emily den Landrover neben den anderen Autos parkte - glänzende Limousinen von Cadillac und BMW. Sie war nur wenige Meter von ihm entfernt und zugleich durch eine Kluft von ihm getrennt, die so riesig war wie der Grand Canyon. Er konnte nicht einfach zu ihr gehen und in das helle Licht treten, er musste abwarten und in der Dunkelheit bleiben.
Als sie aus dem Rover stieg, sah er, wie hübsch sie in den schwarzen Jeans und einem weinroten Blazer aussah. Ihr langes gelocktes Haar hatte sie im Nacken mit einer schwarzen Samtschleife zusammengebunden. Jordan versuchte sich zu entspannen. Alles in ihm wollte zu ihr rennen, sie in seine Arme reißen und in Sicherheit bringen. Geh nicht hinein. Sie war auf dem Weg in ein Nest von Klapperschlangen.
„Himmel", flüsterte sie. „Das ist ja ein unglaubliches Anwesen. Ich kann nicht fassen, dass du hier mal gewohnt hast."
Mit geballten Fäusten sah er, wie sie im Innern des Hauses verschwand. Es hatte ihn nie gereizt, an diesen Partys teilzunehmen. Doch jetzt hätte er alles dafür geben, an ihrer Seite sein zu können. Sie zu beschützen. Er ging hinter einem dicken Piniestamm in Deckung und lauschte Emilys Gesprächen mit den anderen Gästen. Ein halbes Dutzend Mal wurde ihr die erwartete Frage gestellt: „Wie war es, als Geisel genommen zu werden?"
Sie lenkte diese Unterhaltungen immer ganz schnell auf ihre Arbeit beim Rettungsdienst.
Doch meistens hörte sie einfach den anderen Leuten zu, die erpicht darauf waren, über sich selbst zu sprechen. Alles schien ganz harmlos zu sein. Vielleicht hatte er ja überreagiert.
Er konzentrierte sich auf das Gästehaus. Sobald Madigan heraus war, wollte Jordan sich hineinschleichen und nach Beweisen dafür suchen, dass er Lynettes Kunstwerke gestohlen hatte. Zwar rechnete er nicht damit, irgendwelche Belege zu finden, aber vielleicht die Adresse eines Händlers oder den Schlüssel zu einem Schließfach, irgendeinen Hinweiseben.
Und wenn er schon mal in dem Haus war, wollte er auch gleich ein Abhörgerät installieren.
Er hatte vier davon in seiner Tasche: Zwei brauchte er noch für Brian Afton, und eines wollte er in Rita Ramirez' Apartment platzieren.
Jordan war überrascht gewesen, als Emily ihm in ihrer E-Mail schrieb, dass ein kleines Mädchen namens Isabel und deren Mutter Rita besucht hatten. Er bezweifelte, dass Lynette es gerne gesehen hätte, dass ihre Haushälterin Gäste beherbergte. Einer der Gründe dafür, dass sie Rita engagiert hatte, war, dass sie keine Familie in Colorado hatte und auch keinen Freund. Sie war verheiratet, und ihr Mann lebte in Mexiko. Rita schickte ihm jeden Monat die Hälfte ihres Lohns, damit sie eines Tages zusammen eine Farm kaufen konnten.
Emily hatte in ihrer E-Mail angedeutet, dass vielleicht Isabels Mutter die Bilder gestohlen hatte. Doch das glaubte Jordan nicht. Rita war eine ehrliche Frau. Er hatte viel Zeit mit ihr verbracht, weil er sich in Colorado immer so fürchterlich gelangweilt hatte. Er fand es entsetzlich, dass ausgerechnet sie ihn mit Lynettes Leiche im Arm gesehen hatte. Jetzt war die Haushälterin überzeugt davon, dass er der Mörder seiner Frau war.
Durch den Empfänger hörte er Emilys flüsternde Stimme. „Jordan, ich bin im Badezimmer. Unglaublich! Das ist ja größer als mein Wohnzimmer. Über der Wanne, in der man ein paar Bahnen schwimmen könnte, ist ein riesiges Oberlicht. Aber warum erzähle ich dir das? Du hast ja schließlich hier gewohnt."
Gut, dachte er, sie versteckte sich im Badezimmer. Am besten bleibst du dort, Emily.
„Ich habe Brian Hallo gesagt", fuhr sie fort, „und irgendeinen Typen vom Fernsehen getroffen, den ich aber nicht kannte. Sollte ich jetzt beeindruckt sein? Kreiger ist auch hier, doch Madigan habe ich bisher nicht gesehen. Ich schaue mich weiter um. Tschüs erst mal."
Um halb zehn verließ Sean Madigan das Gästehaus. Er blieb einen Augenblick auf der Veranda stehen, blickte sich lange um und schnüffelte, als wäre er in der Lage, einen Eindringling zu wittern. Jordan verspürte den überwältigenden Drang, einfach auf ihn zuzugehen und diesen Mann, den Liebhaber und vermutlich Mörder seiner Frau zur Rede zu stellen. Er musste seine ganze Beherrschung zusammennehmen, um im Hintergrund zu bleiben. Beweise, er brauchte Beweise.
Und er war bereits zwei Mal in eine Falle getappt. Das würde ihm nicht noch einmal passieren.
Mit schwingenden Armen spazierte Madigan über einen schmalen Pfad zu dem
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