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Flucht übers Watt

Titel: Flucht übers Watt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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doch etwas beunruhigt.
    |232| »Wenn Sie mich fragen: Die tappen im Dunklen.« Als er die Treppe schnaufend ein paar Stufen weiter war, drehte er sich noch einmal zu Harry um.
    »Ihre Freundin hat sich schon nach Ihnen erkundigt. Sie wissen schon.« Hans-Peter grinste vielsagend.
    Die Pensionswirtin, die unten aus der Küche kam, guckte ziemlich verärgert.
    »Ich weiß, Frau Boysen, ich bin spät dran. Aber einen Kaffee krieg ich doch vielleicht noch? Oder?«
    »Ja, ja, ja«, seufzte sie. »Frühstücken Sie noch schnell.« Ihr Haarkranz hatte sich an einer Stelle leicht aufgelöst.
    »Aber Sie wissen: Eigentlich bis neun!«
    »Ja, natürlich, ich weiß. Kommt nicht wieder vor.« Darauf kann ich dir mein Wort geben, dachte Harry. Er war fest entschlossen, heute seine Bilder einzupacken und die Insel zu verlassen. Langsam wurde es hier reichlich ungemütlich für ihn. Am Nachmittag sollte angeblich wieder eine Fähre nach Dagebüll fahren, hatte Frau Boysen gehört. Gleich nach dem Frühstück wollte er sich nach der Fährverbindung erkundigen. Aber der Pensionswirtin sagte er besser nichts davon. Die würde womöglich gleich den Kommissar alarmieren.
    »Übrigens, Herr Räräh, Frau Dings hat schon nach Ihnen gefragt.« Die Zimmerwirtin starrte ihn neugierig aus ihren wasserblauen Augen an.
    »Was will die bloß«, brummte Harry mehr zu sich selbst.
    »Wissen Sie, das frag ich mich langsam auch. Ich |233| glaub, Herr-räh   ..., die hat einen richtigen Narren an Ihnen gefressen.«
    Er musste grinsen. Aber Frau Boysen verzog keine Miene. Er hatte sie, seit er hier war, kein einziges Mal lächeln sehen, überlegte er.
    »Und von dem Kunsträuber in dem Museum drüben auf’m Festland soll ja sogar ’n Bild in der Zeitung sein.«
    Harry glaubte, er hörte nicht richtig.
    »E-ein B-bild?« Harry fühlte sein Blut in den Kopf schießen. Ihm wurde richtiggehend schwindelig. Der letzte Schluck Kaffee kam ihm sauer die Speiseröhre hoch.
    »Hat Herr-räh Wiese gesacht. Ich hab’s nich gesehen.«
    »Was für ein Bild?«
    »Na ja, also kein Foto, mehr so eine Zeichnung   ... Wie heißt das?«
    »E-ein Phantombild?«
    »Genau. Aber wie gesacht, ich hab’s nich gesehen.«
    Harrys Herz schlug rasend. Er hatte eiskalte Hände. Sein Kopf war heiß und die Nase auf einmal völlig frei. Sein Phantombild in der ›Bild‹-Zeitung? Verdammte Scheiße. Das durfte alles nicht wahr sein. Aber von wem sollte das Bild sonst sein? Und schließlich hatten ihn mehrere Leute gesehen. Andererseits: Der dicke Hans-Peter schien ihn nicht mit dem Bild in Verbindung zu bringen. Oder tat er nur so arglos, um in aller Ruhe die Polizei zu alarmieren? In Harry breitete sich langsam, aber sicher Panik aus.
     
    |234| Der Zeitungsständer vor dem Laden in Nebel war fast vollständig mit ›Bild‹-Zeitungen bestückt. Es ist eine Katastrophe, dachte er, überall Zeitungen mit meinem Bild, auf dem alle Welt mich erkennen wird. Mit zittrigen Fingern nahm er sich ein Exemplar aus dem Drahtständer und bezahlte im Laden. Hektisch blätterte er die Zeitung durch. Erst ziemlich weit hinten wurde er fündig. Die Zeichnung war sehr viel kleiner, als er sich das in seiner Fantasie ausgemalt hatte. Und in dem Bild mit der Unterschrift »Der Kunst-Kidnapper« mochte er sich nun wirklich nicht wiedererkennen.
    Nein, dieses Phantombild war eine Zumutung. Er fand sich ja selbst nicht sonderlich attraktiv mit seinen Aknenarben und der zu großen Nase. Aber diese Zeichnung in der Zeitung war eine Unverschämtheit. Das hatte nun wirklich aber auch gar nichts mit ihm zu tun. Die Haare stimmten vielleicht. Das war offensichtlich eine gute Idee gewesen, dachte er im Nachhinein, dass er sich im Nolde-Museum die Haare so albern ins Gesicht gekämmt hatte. Und die Nase hatte vielleicht auch eine gewisse Ähnlichkeit mit seiner. Aber sonst? Sonst sah das Phantombild eher aus wie eine Mischung aus Kindermörder und arabischem Terrorist. Wahrscheinlich war das nach den Angaben der Putzfrau gemacht worden. Es waren die Angstfantasien dieser verblödeten Putzfrau mit der idiotischen roten Dauerwelle. Hatte sie nicht schon vorgestern zu Protokoll gegeben, dass der Täter irgendwie ausländisch ausgesehen hätte? Und vor allem: brutal. Er und brutal, das war doch einfach lächerlich. Doch langsam |235| bekam Harry selbst Zweifel an seiner Friedfertigkeit. Immerhin hatte es in den letzten Tagen in seiner unmittelbaren Umgebung zwei Tote gegeben.
    Harry war so sehr mit seinem

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