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Fluegel der Dunkelheit

Fluegel der Dunkelheit

Titel: Fluegel der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Planert
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Handflächen müssen
nach oben zeigen.« Victor drehte Traians Hände in die richtige
Position. »Versuche deinen Atem etwas zu verlangsamen, so als
würdest du dich in die Kältestarre begeben. Damit verringerst du
auch das Weiterbluten der Wunde.«
    Traian folgte
Victors Anweisungen.
    »Nun musst du dich
in jene Situation versetzen und darin so lange verharren, bis deine
Verletzung verheilt ist. Du wirst es genau spüren. Denke an das
warme Blut auf deiner Zunge, an das Kitzeln, an die erweckten Sinne.«
Victors Stimme klang zunehmend leiser, als würde er sich entfernen.
Traian spürte den Untergrund nicht mehr, nur diese ausgiebigen
Sinne, die seinen Körper mit Reizen überfluteten. Er glaubte zu
fliegen und im nächsten Moment fühlte er sich in tausend Stücke
zerrissen, als wäre er explodiert. Diese Selbstheilung war eine
Erlebnisachterbahn der Superlative. Wie viel Zeit verging, bis Traian
in die Realität zurückkehrte, konnte er nicht bestimmen. Er rang
angestrengt nach Atem, als müsse er alles nachholen, was ihm in den
letzten Minuten oder Stunden an Luft entgangen war. Er hörte Victors
Stimme.
    »Ganz ruhig.«
Traian bemerkte eine Hand auf seiner Schulter. »Sehr gut hast du das
gemacht. Am besten schläfst du dich jetzt aus. Für mehr hast du
nach der ersten Selbstheilung ohnehin keine Kraft. Das ändert sich,
je öfter du sie durchführst.«
    Traian widersprach
nicht. Er fühlte sich völlig fertig. Nur gemächlich beruhigte sich
sein keuchender Atem. Eines musste er jedoch unbedingt herausfinden.
Er tastete nach seiner Wunde. Die Haut war noch empfindlich, eine
kleine Rille spürte er, aber es fasste sich trocken an.

    »Wie geht es dem
erleuchteten Vampir nach seiner ersten Selbstheilung?« Victor war
wohl nicht von seiner Seite gewichen, oder er hatte ein verdammt
gutes Zeitgefühl. Traian setzte sich auf. Schmerzen und Durst
schienen wie weggeblasen. Nur die vielen Empfindungen der
Erlebnisachterbahn lagen ihm schwer auf dem Gemüt.
    »Weißt du,
normalerweise wird ein bestimmtes Ritual abgehalten, wenn ein Vampir
siebzehn Jahre alt wird. Feierlich wird er durch seine erste
Selbstheilung in den Kreis der erwachsenen Vampire aufgenommen.«
Victor erhob sich von der Bettkante. »Ich frage mich, warum dir das
entgangen ist.«
    Traian rieb sich das
Gesicht. »Es gab vielleicht keinen passenden Zeitpunkt.«
    Victor lachte kurz,
stellte sich dann vor Traian auf. »Und der wahre Grund?«
    Traian senkte den
Kopf und starrte auf seine Schenkel. Versuchte der Typ im Namen des
Vampirführers ihn weiter auszuhorchen, weil es ihm selbst nicht
gelungen war? Nach seinen letzten Erinnerungen an das Gespräch hatte
Manuel ihm keine Chance mehr geben wollen. Demzufolge musste sich
Victor auf irgendeinen Deal eingelassen haben.
    »Ich versteh schon.
Du willst nicht darüber reden, in Ordnung.« Victor drehte sich zu
seinem Bett um. »Ich habe dir etwas mitgebracht.« Victor kramte in
seinem Rucksack, zog dann ein Stück weißes Papier mit Schlaufen
hervor, welches Traian im ersten Moment nicht erkannte. »Diese
Dinger sind eine fantastische Tarnung für unsere auffälligen
Reißzähne. Einen Arztkittel dazu ...«
    Traian blieb die
Luft weg, wie er das Papier als Mundschutz identifizierte. Gleich
einem Blitzlichtgewitter tauchten Bilder aus seiner Vergangenheit
auf. Victor packte ihn am Oberarm.
    »Hey! Was ist los
mit dir?«
    Traian spürte, wie
sich sein Magen schmerzhaft zusammenzog, sein Herz zu rasen begann
und er kaum atmen konnte. Wiederholt sah er vor seinem geistigen Auge
die letzten Jahre im Zeitraffer vor sich.
    »Geht es dir nicht
gut? Was stimmt mit dir nicht?«
    Traian sprang auf,
wand sich mit aller Kraft aus Victors Griff. Beinah hätte er diesem
Kerl vertraut und seine Freiheit, sein Leben verloren. Dieser Fehler
durfte ihm kein weiteres Mal unterlaufen. Blitzschnell lagen Victors
Hände um Traians Hals, drückten ihm die Kehle zu, wenn auch nur ein
wenig.
    »Verdammt noch mal,
ich habe dir heute das Leben gerettet, jetzt zeig dich mal ein
bisschen kooperativ. Was ist denn plötzlich los?«
    Ja, mit dieser Tat
konnte Victor prahlen. Ein raffinierter Zug, aber damit ließ sich
Traian nicht einwickeln. Oh, nein. Verachtung, Verbitterung,
schäumten in ihm hoch. Er verspürte kaum Widerstand, als er die
würgenden Hände vom Hals riss. Die Wut über die Enttäuschung
diesem hinterhältigen Kerl Vertrauen geschenkt zu haben, verwandelte
sein Knie zu einem mächtigen Rammbock, der sich in

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