Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
interessiert«, fuhr Joshua fort. »Es gibt ein Problem mit der Erbschaft, und das behindert die Auszahlung. Ich brauche Antworten auf ein paar Fragen, um die Schlußzahlung zu beschleunigen. Sie sagen, Sie wollen nicht den ganzen Tag mit dieser ›Albernheit‹ vergeuden. Nun, und ich will nicht Monate mit dem Frye-Nachlaß vergeuden. Das einzige Motiv, was mich herführte, ist, mir Informationen zu beschaffen, die ich brauche, um meine Albernheit zu Ende zu führen.«
    Mrs. Yancy musterte ihn scharf und schaute dann Hilary und Tony an. Ihre Augen blickten schlau und prüfend. Schließlich nickte sie sichtlich befriedigt, so als hätte sie soeben die Gedanken ihrer Besucher gelesen und das gebilligt, was sie darin fand. »Ich denke, ich werde Ihnen glauben. Also gut. Stellen Sie Ihre Fragen.«
    »Wie Sie sich ja vorstellen können«, meinte Joshua, »wollen wir zuallererst wissen, womit Sie Katherine Frye in der Hand hatten und sie und ihren Sohn dazu veranlassen konnten, Ihnen im Lauf der letzten vierzig Jahre fast eine Viertelmillion Dollar zu bezahlen.«
    »Um das zu begreifen«, meinte Mrs. Yancy, »brauchen Sie ein wenig Hintergrundinformation über mich. Sehen Sie, als ich auf dem Höhepunkt der großen Wirtschaftskrise eine junge Frau war, sah ich mich um und machte mir meine Gedanken über all die Berufe, in denen ich es zu Geld bringen könnte. Dabei kam ich zu dem Schluß, daß keiner mir mehr als bloßes Überleben und ein Leben der Plackerei eintragen würde. Alle, bis auf eine Ausnahme: Ich erkannte, daß der einzige Beruf, der mir die Chance auf echtes Geld böte, das älteste Gewerbe der Welt war. Also wurde ich, mit achtzehn, Prostituierte. In jener Zeit pflegte man solche Frauen ›Damen von zweifelhaftem Ruf‹ zu nennen. Heute braucht man nicht mehr auf Zehenspitzen herumzulaufen, sondern kann sagen, was man will.« Eine graue Haarsträhne rutschte aus ihrem Schopf. Sie schob sie sich aus dem Gesicht und klemmte sie sich hinters Ohr. »Wenn es um Sex geht, so komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus, wie die Zeiten sich verändert haben.« »Sie meinen, Sie waren wirklich eine ... Prostituierte?« fragte Tony und brachte damit die Überraschung zum Ausdruck, die Hilary empfand.
    »Ich war ein ausnehmend gutaussehendes Mädchen«, meinte Mrs. Yancy stolz. »Ich habe nie auf der Straße, in Bars, Hotels oder dergleichen gearbeitet. Ich stand auf der Liste eines der elegantesten und besten Häuser von San Franzisko. Nur die besten Kunden. Wir waren nie weniger als zehn Mädchen und oft fünfzehn, aber jede einzelne von uns stellte etwas Besonderes dar, gab sich sehr kultiviert. Ich verdiente gutes Geld, wie ich das erwartet hatte. Aber mit vierundzwanzig wurde mir klar, daß ich noch viel mehr Geld mit der Eröffnung eines eigenen Hauses verdienen könnte als im Etablissement eines anderen. Also suchte ich mir ein hübsches Haus und investierte fast meine ganzen Ersparnisse in die neue Einrichtung. Dann holte ich mir einen Stall voll netter, eleganter, gebildeter junger Damen zusammen. Die nächsten sechsunddreißig Jahre lebte ich als Bordellmutter, und mein Haus florierte verdammt gut. Vor fünfzehn Jahren, mit sechzig, zog ich mich aufs Altenteil zurück, weil ich hier in Hollister bei meiner Tochter und ihrem Mann leben wollte; wissen Sie, ich wollte meine Enkelkinder öfter sehen. Enkelkinder verschönern das Alter viel mehr, als ich je gedacht hätte.«
    Hilary lehnte sich auf der Couch zurück, ohne sich jetzt noch um die Decken Gedanken zu machen, die über die Polster drapiert waren.
    Joshua meinte: »Das ist ja alles höchst faszinierend, aber was hat das mit Katherine Frye zu tun?«
    »Ihr Vater hat mein Haus in San Franzisko regelmäßig aufgesucht«, erzählte Rita Yancy. »Leo Frye?«
    »Ja. Ein höchst seltsamer Mann. Ich war nie selbst mit ihm zusammen, hatte nie mit ihm zu tun. Als Bordellmutter war ich kaum noch selbst tätig; ich mußte mich viel zu sehr mit der Geschäftsleitung auseinandersetzen. Aber ich hörte all die Geschichten, die meine Mädchen über ihn erzählten. Er muß ein ganz besonderer Schweinehund gewesen sein. Er liebte unterwürfige Frauen, beleidigte sie gern und gab ihnen schmutzige Namen, während er sich ihrer bediente. Er stand auf Disziplin, wenn Sie wissen, was ich meine. Es gab da ein paar häßliche Dinge, die er gerne tat, und zahlte einen hohen Preis dafür, daß meine Mädchen mitmachten. Jedenfalls tauchte im April 1940 Leos Tochter Katherine bei

Weitere Kostenlose Bücher