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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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irgendeiner Möglichkeit um, sie zu verbarrikadieren. Links neben der Tür stand eine Kommode an der Wand, ein schweres Stück aus dunkel gebeiztem Fichtenholz, größer als sie selbst. Es war zu schwer, um sich bewegen zu lassen; sie zog sämtliche Schubladen heraus und stellte sie beiseite. Dann zerrte sie das große Möbelstück über den Teppich, vor die Tür und schob die Schubladen wieder hinein. Im Gegensatz zu vielen anderen Kommoden verfügte diese hier über keine Beine; sie reichte bis zum Boden, ihr Schwerpunkt lag also ziemlich tief, so daß es jedem schwerfallen mußte, sich gewaltsam Zutritt zu diesem Zimmer zu verschaffen. Im Badezimmer stellte sie den Cognac auf den Boden und legte das Messer daneben. Sie füllte die Wanne mit heißem Wasser, zog sich aus und ließ sich langsam hineingleiten, wobei sie unwillkürlich zusammenzuckte. Seit dem Augenblick, da Frye sie auf den Schlafzimmerboden gedrückt, seine Hand zwischen ihre Beine gepreßt und ihre Strumpfhose zerfetzt hatte, war sie sich schmutzig, irgendwie besudelt vorgekommen. Jetzt genoß sie das heiße Wasser, schäumte sich kräftig mit einem Waschlappen ab und machte gelegentlich eine Pause, um einen Schluck Remy Martin zu trinken. Im Gefühl, nun wieder gründlich sauber zu sein, legte sie das Stück Seife beiseite und ließ sich noch tiefer in das duftende Wasser sinken. Dampf hüllte sie ein, während der Brandy von innen heraus wärmte, und diese angenehme Kombination aus innerer und äußerer Wärme trieb ihr feine Schweißtröpfchen auf die Stirn. Sie schloß die Augen und konzentrierte sich ganz auf den Inhalt ihres Cognacschwenkers.
    Der menschliche Körper funktioniert nicht lange ohne geeignete Wartung. Schließlich entspricht der Körper einer Maschine, einer wunderbaren Maschine aus vielen Arten von Geweben, Flüssigkeiten, Chemikalien und Mineralien, ein hochkompliziertes Räderwerk mit einer Herzmaschine und einer Menge kleiner Motoren, einem Schmiersystem und einem Luftkühlungssystem, beherrscht vom Computerhirn, mit Antriebszügen aus Muskeln, und alles das auf einem raffinierten Gestell aus Kalzium.
    Um so zu funktionieren, braucht der Körper viele Dinge, nicht zuletzt Nahrung, Entspannung und Schlaf, Hilary hatte geglaubt, nach all den schlimmen Ereignissen kaum Schlaf zu finden und wie eine Katze mit gespitzten Ohren die ganze Nacht auf Gefahren zu lauschen. Aber sie hatte sich über Gebühr angestrengt. Und obwohl ihr Bewußtsein nicht abschalten wollte, hielt ihr Unterbewußtsein dieses Abschalten doch für notwendig und unvermeidbar, um die erforderlichen Reparaturen vornehmen zu können. Nachdem sie ihren Cognac geleert hatte, fühlte sie sich so benommen, daß sie kaum noch die Augen offenhalten konnte.
    Sie stieg aus der Wanne, zog den Stöpsel raus und trocknete sich mit einem großen, flauschigen Handtuch ab. Sie hob das Messer vom Boden auf, verließ das Badezimmer, ließ das Licht aber brennen und zog die Tür halb zu. Die Beleuchtung im Zimmer schaltete sie ab und ging mit trägen Bewegungen durch das weiche Licht und die samtenen Schatten, legte das Messer auf den Nachttisch und stieg nackt ins Bett. Sie fühlte sich völlig locker, so, als hätte die Wärme ihre Gelenke auseinandergeschraubt.
    Und ein wenig benommen. Das kam vom Cognac. Sie lag mit dem Gesicht zur Tür. Die Barrikade beruhigte sie sehr. Sie wirkte sehr solide, beinahe undurchdringlich. Bruno Frye würde nicht durchkommen, so sagte sie sich. Nicht einmal mit einer Belagerungsramme. Selbst eine kleine Armee hätte Mühe, durch jene Tür einzudringen. Nicht einmal ein Panzer würde es schaffen. Ein großer alter Dinosaurier vielleicht? fragte sie sich schläfrig. Einer dieser Tyrannosaurus-Rex-Typen aus den Monsterfilmen. Godzilla. Ob Godzilla diese Tür wohl aufbrechen könnte...? Um zwei Uhr an jenem Donnerstagmorgen schlief Hilary.
     
    Am Donnerstag früh um 2.25 Uhr fuhr Bruno Frye langsam an Hilary Thomas' Haus vorbei. Der Nebel hatte inzwischen auch Westwood erreicht, war aber nicht so dicht wie am Meer.
     
    Er konnte gut erkennen, daß hinter keinem der Fenster der Vorderseite mehr Licht brannte.
    Er fuhr zwei Häuserblocks weiter, bog in eine Seitenstraße ein und kam wieder am Haus vorbei, diesmal noch langsamer; er studierte aufmerksam die am Straßenrand parkenden Fahrzeuge. Er rechnete eigentlich nicht damit, daß die Bullen eine Wache aufgestellt hatten, aber er wollte kein Risiko eingehen, Die Wagen schienen leer; niemand

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