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Flug in Die Nacht

Flug in Die Nacht

Titel: Flug in Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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gehört, Genosse Botschafter«, antwortete Außenminister Zhou durch seinen Dolmetscher.»Wir wollen Vietnam die uneingeschränkte Kontrolle über die Nansha-Inseln überlassen. Die Regelung soll zunächst für neunundneunzig Jahre gelten; nach Ablauf dieser Frist ist China bereit, über eine Verlängerung des Vertrags oder die endgültige Überlassung der Inseln an Vietnam zu verhandeln.«
    Leing war wie vor den Kopf geschlagen. China betrachtete die Nansha-Inseln, wie die Spratly-Inseln auf Chinesisch hießen, als chinesisches Territorium und hatte seine Besitzansprüche sogar mit Atomwaffen verteidigt. Und jetzt wollte es sie einfach abtreten? Noch dazu an Vietnam, das im Augenblick kein Verbündeter war, sondern eindeutig im Lager der Gegner Chinas stand …
    »Das ist eine höchst unerwartete Entwicklung, Genosse Ministerpräsident«, murmelte Leing schließlich. »Und ein höchst attraktives Angebot. Vermute ich richtig, daß diese Überlassung an Bedingungen geknüpft ist?«
    »Ganz recht, Genosse Botschafter«, bestätigte Zhou durch seinen Dolmetscher. »Wir erwarten eine Abstimmung, wenn die Association of South East Asian Nations auf ihrer Konferenz in Singapur über unser Engagement auf den Philippinen diskutiert. Obwohl wir uns bemüht haben, allen beteiligten Staaten zu erläutern, daß wir uns dabei strikt ans Völkerrecht halten, sind wir uns darüber im klaren, daß fremde Mächte versuchen werden, unsere Bemühungen um Wiederherstellung des Friedens in diesem Gebiet zu torpedieren.
    China wird keine Gelegenheit erhalten, den Stand der Dinge aus seiner Sicht zu schildern, was eine faire und angemessene Lösung des Konflikts ausschließt. Deshalb ersuchen wir Vietnam, gegen ein Eingreifen der ASEAN auf den Philippinen zustimmen und auch andere ASEAN-Staaten in diesem Sinne zu beeinflussen. Da ein militärisches Eingreifen oder die Verhängung eines Handelsembargos nur einstimmig beschlossen werden kann, würden durch dieses Abstimmungsverhalten Vietnams schwerwiegende Konsequenzen verhindert.
    Sollte Vietnam außerdem bereit sein, uns bei der Verteidigung unseres Rechts, auf den Philippinen zu bleiben, militärisch zu unterstützen, bietet China der Republik Vietnam einen ähnlich langfristigen Vertrag für die westliche Inselgruppe des Xinsha-Archipels an.«
    Ein erstaunliches Angebot! China war bereit, Vietnam eine beherrschende Stellung im Südchinesischen Meer einzuräumen, um sich seine Duldung der chinesischen Invasion auf den Philippinen zu erkaufen. Natürlich war das ein ungleicher Handel – die Philippinen waren weit wertvoller als die Spratly- und Paracel-Inseln zusammen –, aber mit Stützpunkten auf den Inseln konnte Vietnam seine Kriegsmarine aufrüsten und damit ganz Südostasien seinen Willen aufzwingen.
    »Ich sehe voraus, daß eine Übereinkunft dieser Art Vorwürfe wegen arglistiger Komplizenschaft nach sich ziehen wird«, sagte der Botschafter. Ministerpräsident Cheung verzog keine Miene, aber Leing beobachtete ohnehin General Chin, der sich von einem Vietnamesen bestimmt keine Frechheiten bieten lassen würde. »Aber meine Regierung würde die Rückgabe unserer Inseln Quan Mueng Bang und Phran-Binh mit großer Freude und Dankbarkeit begrüßen.«
    Seine List wirkte. Statt die umstrittenen Inseln auf Chinesisch zu benennen, hatte Leing die traditionellen vietnamesischen Namen der Spratly- und Paracel-Inseln benützt. Das brachte General Chin so auf, daß er zu einer wütenden Tirade ansetzte, die sich erst gegen Leing, dann gegen Ministerpräsident Cheung richtete.
    »Er sagt, daß das eine verrückte Idee ist, der er nie zustimmen wird, weil Vietnam keinen Anspruch auf diese Inseln hat … «,flüsterte sein Dolmetscher hastig. »Jetzt sagt er, daß ich den Mund halten soll, sonst … schneidet er mir …
    General Chin ist sehr aufgebracht, Genosse Botschafter.
    Vielleicht sollten wir lieber gehen … «
    »Nein«, antwortete Leing ebenso leise auf Vietnamesisch.»Hier findet offenbar ein Machtkampf statt.
    Wir müssen seinen Ausgang beobachten, bevor wir Hanoi von diesem Vorschlag unterrichten können.«
    »Das können wir nicht, wenn wir tot sind!«
    »Sparen Sie sich den Kommentar, und sagen Sie mir, was gesprochen wird«, fauchte Leing.
    »Der Ministerpräsident fordert Chin auf, den Mund zu halten … Chin erklärt dem Außenminister, daß er nicht zulassen wird, daß Vietnam die Spratlys bekommt … der Ministerpräsident befiehlt erneut Ruhe.« Diesmal schien der Befehl

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