Flug in Die Nacht
Ihren Treibstoffvorrat.«
»Ich will den Kurs zur letzten Position von Bullet Seven… «
»Kein EU, kein Notruf … Sechs, melden Sie Ihren Treibstoff.«
Penrose beherrschte sich lange genug, um seinen Treibstoff zu kontrollieren: Die Mindestmenge war unterschritten, und da sein Träger beschädigt war und seine Tanker über hundert Seemeilen entfernt waren, wurde seine Lage kritisch. »Basket, Sechs fordert eine KA-6 an, weil ich mich nicht von der Stelle rühre, bis endgültig feststeht, daß kein ELT-Signal und kein Notruf empfangen worden sind. Ich schlage vor, daß Sie die Sterett, die Fife oder sonst jemand das Seegebiet absuchen lassen, denn ich bleibe hier, bis wir Cowboy gefunden haben.«
»Bullet Six … Six, alle Schiffe sind gegenwärtig im Einsatz.«Der Controller schien auf der Suche nach einer nüchternen, amtlich klingenden Formulierung zu sein, die Penrose begreiflich machen würde, daß wohl niemand herkommen würde, um Wrackteile oder Überlebende zu suchen. Als Penrose wieder an die Ranger dachte, wurde ihm klar, daß so bald kein amerikanisches Schiff mehr in dieses Seegebiet entsandt werden würde – es war zu fest in chinesischer Hand. »Basket, Flashlight und Shamu treten gemeinsam den Rückflug an. Befehl von Home Plate:
Zurückkehren und befohlenen Ausweichflugplatz anfliegen.
Bestätigen Sie!«
Der Kampf war zu Ende. Die Chinesen hatten vier Maschinen verloren, aber dafür einen Träger beschädigt; die Amerikaner hatten zwei Flugzeuge verloren. Penrose fühlte sich, als sei er von einer ganzen Straßenbande verprügelt worden.
Wer hatte diesmal gewonnen?
Wer, zum Teufel, hatte diesmal gewonnen?
9
National Military Command Center Pentagon, Washington, D.C.
30. September 1994, 23.19 Uhr Ortszeit
Das National Military Command Center drei Stockwerke unter dem inneren Ring des Pentagons war eine riesige, hochmodern eingerichtete Kommandozentrale für die Vereinten Stabschefs, die National Command Authority, den National Security Council und ihre engsten Mitarbeiter. Das NMCC hatte viel Ähnlichkeit mit der unterirdischen SAC-Kommandozentrale – auch hier gab es scharfe elektronische und physische Kontrollen, mehrere Farbbildwände, lange Reihen von Telefonen, eine eigens gesicherte Nachrichtenzentrale und Unmengen von Personal –, aber hier wurden strategische Entscheidungen getroffen und weiterverbreitet, nicht empfangen und ausgeführt. Von einem Balkon aus konnten hohe Besucher die Ereignisse verfolgen; auch heute hielten sich dort einige Zuhörer auf.
Die meisten Mitarbeiter der Vereinten Stabschefs und mehrere ihrer Chefs waren schon im NMCC, als General Wilbur Curtis hereingetrabt kam und seinen Platz in der Mitte der ersten Reihe einnahm. Neben ihm auf dem Platz für den höchsten anwesenden Zivilisten – meistens Frank Kellogg, der Nationale Sicherheitsberater des Präsidenten, oder Verteidigungsministers Thomas Preston persönlich – saß diesmal Paul Cesare, der Stabschef des Präsidenten.
Curtis nickte ihm kurz zu und ignorierte ihn dann, während er sein Mikrofon einschaltete. Er konnte den Mann nicht leiden, hatte ihn noch nie leiden können. Nach der damaligen Besprechung im Lageraum des Weißen Hauses hatte er Cesare angerufen und versucht, einen Termin beim Präsidenten zu bekommen, um für mehr Begleitjäger und den Einsatz der Air Battle Force plädieren zu können. »Die Diskussion ist beendet«,hatte der Stabschef ihn eisig beschieden. Cesare war ein brutaler Machtmensch, der stets nur den Vorteil des Präsidenten im Auge hatte und jeden niedermachte, der ihm in die Quere kam. Curtis konnte ihn nicht nur nicht leiden; er konnte ihn nicht ausstehen. »Hier Curtis. Bitte den Lagebericht.«
Aus den Deckenlautsprechern kam Kapitän Rebecca Rodgers’ Stimme: »Guten Tag, Sir, hier Kapitän Rodgers. Die nun folgenden Mitteilungen betreffen einen Vorfall der Prioritätsstufe zwei, sind als streng geheim klassifiziert und dürfen Ausländern nicht zugänglich gemacht werden. Das Command Center ist gesichert, der Balkon schallisoliert … «
Sie machte eine Pause, um zu hören, ob Curtis andere Maßnahmen anordnen wollte. Das war nicht der Fall, und sie fuhr fort.
Verdammt, dachte Curtis, jetzt kommt’s …
»Vor etwa einer Viertelstunde sind der Flugzeugträger Ranger, seine Begleitschiffe, mehrere Jäger der Marine und ein Aufklärer der Luftwaffe südlich der Philippinen von landgestützten chinesischen Jägern und Bombern angegriffen worden.«
Diese
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