Flug in Die Nacht
weit unter ihnen detonieren.
Ab zwanzigtausend Fuß nahm Cobb die Steiggeschwindigkeit etwas zurück; er blieb jedoch bei fünfundzwanzig Metern in der Sekunde, bis sie vierzigtausend Fuß durchstiegen hatten.
Der Zerstörer südlich von ihnen schoß zwei Fla-Raketen ab, aber die ECM-Störsender der B-2 sorgten dafür, daß sie nicht einmal in gefährliche Nähe kamen. Während sie stiegen schrumpfte die rote Radarkuppel zu einer winzigen Erhebung weit hinter ihnen zusammen.
McLanahan sah zu seinem Piloten hinüber. Cobb hatte wieder die für ihn typische Haltung eingenommen:
Sauerstoffmaske aufgesetzt, beide Hände an Steuerknüppel und Leistungshebeln, den Blick starr nach vom gerichtet, steinern unbeweglich. McLanahan stellte die Innenbeleuchtung etwas heller, um das Cockpit auf Beschädigungen kontrollieren zu können. Aber er fand nur ein paar herausgeflogene Sicherheitsschalter.
Erst als er seine winzige rotleuchtende Taschenlampe auf seinen Partner richtete, sah er das einzige Anzeichen dafür, daß Henry Cobb sie soeben davor gerettet hatte, als riesiger Feuerball ins Philippinische Meer zu stürzen: einen Schweißfaden, der unter seiner Sauerstoffmaske herauslief.
Aber gerettet hatte er sie.
»Cockpit überprüft«, berichtete Patrick McLanahan. Und er fügte hinzu: »Danke, Henry.« Die Bestätigung bestand nur aus einem Doppelkick von Cobbs Sprechtaste.
Weißes Haus, Washington, D.C.
Büro des Nationalen Sicherheitsberaters
Freitag, 7. Oktober 1994,10.05 Uhr Ortszeit
»Wir müssen unbedingt über eine friedliche Beilegung dieses Konflikts reden, Mr. Ambassador«, sagte Außenminister Dennis Danahall, »bevor alles außer Kontrolle gerät.«
Tang Shou Dian, Geschäftsträger der Botschaft der Volksrepublik China in Washington, faltete gelassen die Hände auf den Knien, während er die drei Amerikaner betrachtete, denen er gegenübersaß: Außenminister Danahall, Sicherheitsberater Kellogg und Stabschef Cesare mit ihren Dolmetschern und Sekretärinnen. Auch Tang hatte einen Assistenten und eine Dolmetscherin mitgebracht; da sein »Assistent« als Geheimdienstmann bekannt war, waren im Vorzimmer und draußen auf dem Flur Secret-Service-Leute postiert.
»Ich bin gern bereit, meine Regierung prompt über etwaige Bitten oder Vorschläge zu unterrichten, Mr. Danahall«, antwortete Tang ohne seine Dolmetscherin. Sie beugte sich nach vom und flüsterte dem Assistenten etwas ins Ohr, als übersetze sie für ihn; dabei war allgemein bekannt, daß er ausgezeichnet Englisch sprach.
»Hier geht’s nicht um Bitten oder Vorschläge, Mr.
Ambassador«, sagte Frank Kellogg, »sondern um eine Erläuterung unserer Politik. Die Vereinigten Staaten sind entschlossen, weitere aggressive Akte auf der Insel Mindanao als feindselige Akte gegen die Vereinigten Staaten zu betrachten, und werden die entsprechenden Gegenmaßnahmen bis hin zum Einsatz militärischer Gewalt ergreifen. Das ist die Botschaft, die Sie Ihrer Regierung überbringen sollen.«
»Diese Botschaft hat Präsident Taylor in seiner gestrigen Fernsehansprache bereits sehr deutlich formuliert«, erwiderte Tang. »Wie wir in unserer Antwort dargelegt haben, hat die Regierung Teguina festgestellt, daß José Samar nicht befugt ist, außenpolitische Verpflichtungen einzugehen oder sich irgendwo auf den Philippinen – auch nicht in dem auf Mindanao errichteten Bundesstaat – militärische Befehlsgewalt anzumaßen. Deshalb sind etwaige Vereinbarungen mit Samar wertlos, und Ihre illegale Position ist völlig unhaltbar.«
»Die Verfassung der Philippinen gewährt Samars Staat das Recht auf Selbstverteidigung«, stellte Danahall fest. »Samar handelt vollständig legal, wenn er diese Verantwortung delegiert.«
»Darüber können nur die Vereinten Nationen entscheiden«,sagte Tang. »Sie sollten Gelegenheit erhalten, darüber zu beraten.«
»Ganz recht«, stimmte Danahall zu. »Aber das Überleben einer unabhängigen Regierung Samar liegt im Interesse der Vereinigten Staaten, und die Stationierung starker chinesischer Truppen verbände auf Mindanao gefährdet ihr Überleben. Ist die chinesische Militärführung bereit, alle Kampfhandlungen einzustellen und ihre Truppen abzuziehen, bis die Frage der Souveränität Mindanaos entschieden ist?«
»Das wäre sicherlich zu erwägen«, antwortete Tang, »wenn José Samars Rebellen nicht wären. Präsident Teguina ist der Überzeugung – und meine Regierung stimmt ihm darin zu – ,daß ein Waffenstillstand den
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