Flugrausch
Marihuana angebaut hat, und als er am selben Tag gleich zweimal Besuch von der Polizei bekommt, diesmal mit einem Durchsuchungsbefehl, rastet er aus.«
Challis hielt inne und fasste die Einzelheiten seines Berichts zusammen. »Man könnte folgern, dass er sich dann auf den Weg machte, um alte Rechnungen zu begleichen – erst der Anwalt …«
»Warum der, Chef?«, fragte einer der Detectives.
»Er vertrat Munro vor ein paar Jahren gegen die Banken und die Kommune. Munro beschuldigte ihn, zu nachgiebig gewesen zu sein.«
Der Detective nickte befriedigt.
»Dann stürzte sich Munro anscheinend auf Pearce, der ihn vielleicht schon seit Jahren piesackte und ihn wegen allem Möglichen bei den Behörden anschwärzte. Wir haben herausgefunden, dass Pearce dafür berüchtigt war. Außerdem«, fuhr Challis fort, »besitzt Munro mindestens zwei Schrotflinten und ein Gewehr, soweit wir wissen, und er hat mit einer Schrotflinte auf uns geschossen, als wir mit dem Durchsuchungsbefehl bei ihm aufgetaucht sind. Es kann also gut sein, dass Munro für alle drei Morde in Frage kommt.«
»Aber«, sagte Ellen Destry trocken.
»Aber«, pflichtete ihr Challis bei. Er hielt inne und dachte kurz darüber nach, wie er seine nächsten Überlegungen am besten präsentierte. »Ich habe heute Morgen mit Superintendent McQuarrie gesprochen und ihm meine Bedenken mitgeteilt, dass es derart massive Unterschiede zwischen den beiden Tatorten gibt, dass von zwei Tätern ausgegangen werden muss. Ich komme gleich noch darauf zu sprechen. Der Superintendent gab mir darauf eine gute, solide Standardantwort aus der Polizeischule: Warum nach einer komplizierten Antwort suchen, wenn es schon eine vollkommen einfache und logische Erklärung gibt?«
Challis schaute alle nacheinander an. »Also, halten Sie Ihre Augen offen. Das sollte die erste Regel bei der Polizeiarbeit sein. Wir sammeln Beweise, analysieren sie und folgen der Spur, die sie uns aufzeigen.
Nun zu den Unterschieden zwischen den beiden Morden. Der Anwalt lag gegen vier Uhr früh im Bett, als jemand hereinkam und ihn aus nächster Nähe erschoss. Die einzige andere anwesende Person war ein kleines Kind, das vermutlich tief schlief, aber sowieso nicht viel gehört hätte, weil der Schuss gedämpft wurde und das Kind am anderen Ende des Hauses lag.«
Challis hielt inne. »Nehmen wir mal an, es war Munro. Nach einer Zeitspanne von mehreren Stunden spaziert er bei den Pearces herein, die nur einen Kilometer von seinem Wohnhaus entfernt leben, wo er am Abend zuvor auf die Polizei geschossen hat – und wo die Polizei immer noch nach Beweisen für seinen Marihuanaanbau sucht. Die Pearces sind allein, ihr Kind ist in der Schule. Munro bringt sie ins Wohnzimmer und zieht dem Mann eins über die Rübe.«
Scobie Sutton platzte dazwischen. »Wissen Sie das genau?«
»Die Rechtsmedizinerin hat das bestätigt. Sie hat Schädelfragmente gefunden, die eine Vertiefung aufweisen, wie sie von einem schweren Schlag, mit einem Schürhaken zum Beispiel, entstehen.«
Ellen runzelte die Stirn. »Und was macht die Frau die ganze Zeit?«
Challis zuckte mit den Schultern. »Starr vor Angst? Eine Waffe, die auf sie gerichtet war? Jedenfalls muss sie sich aufs Sofa setzen, der Killer tritt hinter sie und schießt ihr in den Hinterkopf – mit Mostyn Pearce’ eigener Schrotflinte, wie wir wissen. Schließlich erschießt er den Mann in der Hoffnung, dass die Schrotkugeln alle Beweise vernichten, dass er mit dem Schürhaken niedergeschlagen worden ist, und inszeniert dann einen Selbstmord, bevor er uns als Letztes anruft und einen Mord mit anschließendem Selbstmord meldet.«
Challis machte eine Pause und beugte sich, die Handflächen auf den Tisch gestützt, nach vorn. »Ziemlich viel Aufwand für einen Mann, der auf einem Rachefeldzug ist und gerade eben erst einfach in ein Haus spaziert ist und ohne viel Federlesen einen Mann in dessen Bett erschossen hat. Warum dann die Mühe, den Mord an den Pearces zu vertuschen?«
»Und was hat er zwischen vier Uhr und zehn Uhr früh gemacht?«, fragte Ellen.
»Genau«, sagte Challis.
Er richtete sich wieder auf, trat einen Schritt zurück und ging dann auf und ab. »Wir behandeln also beide Fälle getrennt und tun so, als würde Ian Munro nicht existieren. Wenn wir Beweise finden, die ihn mit einem oder beiden Morden in Verbindung bringen – ein Augenzeuge wäre toll, ein Fingerabdruck, ein Geständnis –, dann wäre alles in bester Ordnung, doch in der Zwischenzeit
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