Flut: Roman (German Edition)
hinausging –, wandte er sich an Storck: »Das war gute Arbeit. Es tut mir wirklich Leid.«
»Was?« Das Gesicht des jungen Polizisten spiegelte völliges Unverständnis und Benedikt stand auf, drehte sich ein Stück zur Seite, als wollte er sich an Naubach oder De Ville wenden, und schlug dem jungen Beamten ohne die geringste Vorwarnung und ansatzlos die Faust gegen die Schläfe. Storck verlor nicht das Bewusstsein, aber er sackte mit einem überraschten Seufzen in sich zusammen und gleichzeitig zur Seite, und Benedikt entriss ihm blitzschnell die Waffe und ließ den Lauf einen drohenden Halbkreis durch die kleine Passagierkabine beschreiben. »Tun Sie jetzt nichts Unüberlegtes«, sagte er.
Rachel hätte nicht sagen können, ob die Warnung De Ville oder Naubach galt, aber es war ohnehin alles viel zu schnell gegangen, als dass einer der beiden auch nur Zeit gefunden hätte, wirklich zu begreifen, was geschah, geschweige denn, die Situation vielleicht zu seinen Gunsten auszunutzen.
Naubach starrte Benedikt nur mit offenem Mund an, während sich auf De Villes Gesicht ein Ausdruck breit zu machen begann, den Rachel als Zufriedenheit gedeutet hätte – wäre diese Vorstellung nicht einfach zu absurd gewesen.
»Ich habe mich schon gefragt, wann Sie es tun«, sagte er schließlich.
»Was?«, murmelte Naubach. »Was haben Sie sich gefragt, De Ville?«
»Wann er ganz genau das tut, was er jetzt getan hat«, antwortete De Ville mit einer Kopfbewegung auf die Waffe in Benedikts Hand, die so plötzlich ihren Besitzer gewechselt hatte. Storck war weiter in seinem Sitz zusammengesunken und kämpfte stöhnend darum, nicht ganz das Bewusstsein zu verlieren. »Es ist doch immer wieder schön, dabei zuzusehen, wie sich die bösen Jungs gegenseitig fertig machen, meinen Sie nicht auch?«
Benedikt maß ihn mit einem Blick, der Rachel erschreckte, aber er schien trotzdem zu dem Schluss zu kommen, dass es der Mühe nicht wert war, auf De Villes Provokation zu reagieren, denn stattdessen machte er eine wedelnde Handbewegung zur Tür. »Aufmachen!«
De Ville verzog zwar verächtlich das Gesicht, stand aber trotzdem gehorsam auf und wuchtete die schwere Schiebetür mit einiger Anstrengung zur Seite. Der Helikopter war so gelandet, dass sie der windabgewandten Richtung zugedreht war, sodass sie diesmal wenigstens nicht sofort wieder bis auf die Knochen durchnässt wurden, aber die Kälte, die hereinfauchte, war entsetzlich. Rachel umschlang die Knie mit den Händen und zog sich auf ihrem Sitz zu einem Ball zusammen, um eine möglichst kleine Angriffsfläche zu bieten, aber es nutzte nicht sehr viel. Die Kleidung, die sie vorhin instinktiv gewählt hatte, mochte gut zu der kindischen Emma-Peel-Rolle passen, in der sie sich (warum auch immer) für eine Weile gewähnt hatte, aber sie passte ganz und gar nicht zur Witterung.
Benedikt wechselte die Waffe von der Rechten in die Linke und benutzte die frei gewordene Hand, um in Storcks Jackentasche zu greifen und das Handy des jungen Polizisten herauszuholen. Achtlos ließ er es auf den Sitz fallen und ergriff Storck anschließend am Aufschlag seiner schwarzen Lederjacke, um ihn in die Höhe zu ziehen. Der Beamte machte eine schwächliche Abwehrbewegung, die Benedikt allerdings gar nicht zur Kenntnis nahm. »Helfen Sie ihm«, befahl er. »Beide!«
De Ville streckte gehorsam die Arme aus und wäre fast zusammen mit Storck rücklings aus der Maschine gestolpert, während er ihn ungeschickt hinausbugsierte. Naubach jedoch rührte sich nicht, sondern starrte Darkov nur weiter und mit immer größer werdender Verständnislosigkeit an. »Was zum Teufel wird das, wenn es fertig ist?«
»Begreifen Sie eigentlich immer so langsam?«, ächzte De Ville. Er hatte alle Mühe, Storck aus der Maschine zu bekommen, ohne ihn einfach fallen zu lassen, und ärgerte sich offensichtlich darüber, dass Naubach keinen Finger rührte, um ihm zu helfen. »Ihr so offenbar unterbezahlter und schlecht motivierter Untergebener hier hatte wohl keine Ahnung, dass unser Freund die Fronten gewechselt hat, habe ich Recht?«
Benedikt machte sich nicht die Mühe zu antworten, sondern wedelte erneut und diesmal eindeutig gereizt mit seiner Pistole. »Wir können uns gerne weiter unterhalten, aber das geht alles von Ihrer Zeit ab«, sagte er. »Nur falls Sie es vergessen haben sollten – in spätestens zehn Minuten tauchen hier ein paar Leute auf, denen Sie ganz bestimmt nicht begegnen möchten. Tun Sie sich also
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