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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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flügellahmer Schmetterling hin und her zu taumeln, sondern jagte in stumpfem Winkel auf den vorderen der beiden Geländewagen zu und kippte dann im buchstäblich letzten Moment zur Seite, um schräg nach oben in den Himmel zu schießen. Die Beschleunigung war so heftig, dass Rachel in die Polster gedrückt wurde, als befände sie sich in einem startenden Düsenjet, nicht in einem Hubschrauber.
    »Du hast Recht«, keuchte sie. »Du hast wirklich keine Ahnung, wie man so ein Ding fliegt.«
    Benedikt lächelte knapp. »Ich lerne ziemlich schnell, keine Angst.«
    Rachel schenkte ihm ein verkniffenes Lächeln, beugte sich zur Seite und versuchte einen Blick auf die beiden Geländewagen unter ihnen zu werfen, aber der Winkel stimmte nicht und vermutlich waren sie bereits zu weit entfernt. Sie hatte bisher gar nicht gewusst, dass Hubschrauber zu einer derartigen Beschleunigung imstande waren.
    »Du hast absichtlich gewartet«, vermutete sie.
    Benedikt nickte.
    »Du wolltest, dass sie sehen, wie wir abfliegen.«
    Benedikt nickte abermals.
    »Damit sie denken, irgendetwas ist schief gegangen und Naubach und De Ville haben dich wieder überwältigt.«
    Benedikt nickte wieder. Er sagte immer noch nichts.
    »Und erst gar nicht auf die Idee kommen, nach Spuren zu suchen«, schloss Rachel. »Ich bin gespannt, was Naubach sagt, wenn ich ihm erzähle, dass du dieses Risiko eingegangen bist, nur um De Ville und ihn zu retten.«
    »Ich hoffe, du bekommst die Gelegenheit dazu«, antwortete Benedikt. »Aber im Moment haben wir andere Probleme.«
    »Du machst mir Angst«, sagte Rachel sarkastisch, doch Benedikt blieb vollkommen ernst.
    »Wir müssen dieses verdammte Ding loswerden«, sagte er mit einer Kopfbewegung auf das Armaturenbrett vor sich.
    »Ist es dir zu langsam?«, fragte sie.
    »Was glaubst du, wie weit wir mit einem gestohlenen Hubschrauber kommen?«, erwiderte Benedikt und schüttelte gleichzeitig den Kopf, um seine eigene Frage zu beantworten. »Du kennst dich hier in der Gegend aus, hoffe ich doch.«
    »Hundert Meter über dem Boden? Nicht besonders.«
    »Wenn nicht schon jetzt, dann werden sie in spätestens ein paar Minuten anfangen, uns mit allem zu suchen, was sie haben«, sagte Benedikt ungerührt. »Wir brauchen einen Platz, wo wir ungesehen landen und dieses Ding verstecken können.«
    »Hier?« Rachel hätte fast laut aufgelacht. Wahrscheinlich – nein: bestimmt – waren sie jetzt bereits auf einem Dutzend Radarschirmen zu sehen. »Nur falls du es vergessen hast: Wir befinden uns in einem der am dichtesten besiedelten Länder der Welt. Nicht in Afghanistan oder am Nordpol.«
    »Wenn wir in Afghanistan wären, müsste ich dich nicht um Rat fragen«, antwortete Benedikt.
    »Ja. Vermutlich nicht«, seufzte Rachel. »Aber wenigstens würde es dort nicht regnen.«
    »O doch«, erwiderte Benedikt. »Das würde es.«
    ***
    Alles in allem blieben sie vielleicht zehn oder zwölf Minuten in der Luft und Rachel begriff schon in den ersten Augenblicken zweierlei: Das Erste war, dass Benedikt tatsächlich nicht besonders gut mit dem gestohlenen Helikopter umgehen konnte – sie hütete sich, ihn danach zu fragen, aber sie nahm an, dass er entweder kein besonders geübter Pilot oder ihm dieses Modell vollkommen fremd war. Er schwankte nicht etwa wild hin und her oder drohte gar die Kontrolle über den Hubschrauber zu verlieren, aber die überpräzise Art, in der er die Instrumente bediente, und seine kleinen, nervösen Blicke und Bewegungen verrieten ihr genug. Das Zweite war, wie vollkommen anders selbst eine vertraute Landschaft wirkte, wenn man sie aus vierzig oder fünfzig Meter Höhe betrachtete. Sie dirigierte Benedikt, so gut sie konnte, und eigentlich hätte sie es sehr gut können müssen, denn schließlich war sie in dieser Gegend aufgewachsen, aber sie verlor doch ein paar Mal die Orientierung und begann schließlich aus reiner Verzweiflung nach einer Karte zu suchen. Es gab jede Menge davon an Bord des Helikopters; mehr, als sie sich gewünscht hätte. Unglückseligerweise befand sich jedoch keine mit der näheren Umgebung in großem Maßstab darunter – und hätte es eine gegeben, hätte sie vermutlich nichts damit anfangen können, denn sie begriff schon beim ersten Blick auf die großen Faltblätter, dass sich Flugkarten drastisch von jeder anderen Art von Landkarten unterschieden, die sie je gesehen hatte. Schließlich war es Benedikt, der ihren Landeplatz bestimmte, nicht sie. Er deutete auf eine dünne,

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