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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nur diesen einen Mann gesehen?«
    »Ich fürchte«, antwortete Rachel. »Ich würde Ihnen ja gerne weiterhelfen, wenn ich es könnte, bitte glauben Sie mir. Schon wegen Tanja. Aber ich weiß nichts.«
    »Tanja?«
    »Tanja Scheller«, sprang Naubach ein. »Eine der vermissten Frauen.«
    »Das weiß ich selbst«, sagte De Ville. Sein Blick wurde fordernd. »Was ist mit ihr?«
    »Wir waren –« Rachel verbesserte sich rasch und fast schuldbewusst. »Wir sind befreundet.«
    »Waren Sie das mit den anderen verschwundenen Frauen auch?«
    »Nein.« Rachel schüttelte den Kopf. Wieso hatte sie eigentlich mit jeder Sekunde mehr das Gefühl, sich verteidigen zu müssen? »Ich kannte sie.« Diesmal machte es ihr nichts aus, in der Vergangenheitsform zu sprechen. »Wir sind zusammen zur Schule gegangen und natürlich haben wir uns auch hinterher noch gesehen. Die Stadt ist nicht besonders groß. Aber befreundet?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht.« In mindestens einem Punkt war das glattweg gelogen, aber sie hatte nicht die mindesten Gewissenbisse dabei. Im Gegenteil. Sie wäre sich wie eine Verräterin vorgekommen, hätte sie die Wahrheit gesagt.
    De Ville wirkte weder enttäuscht noch zufrieden. Sein Gesicht blieb völlig ausdruckslos. »Kommen wir zu dem jungen Mann, der bei Ihnen im Wagen war«, sagte er.
    »Eigentlich war es andersherum«, verbesserte ihn Rachel. »Ich war bei ihm im Wagen. Das ist ein Unterschied.«
    »Ich dachte, Sie hätten am Steuer gesessen.« De Ville warf einen fragenden Blick in Naubachs Richtung, aber es war Rachel, die antwortete: »Ich habe den Platz mit ihm getauscht, nachdem er angeschossen wurde, das ist richtig. Aber es war Darkovs Wagen.«
    »Darkov?« De Ville wirkte mit einem Mal deutlich angespannter als noch vor einer Sekunde. Irgendwie hatte sie das Gefühl, etwas Falsches gesagt zu haben. »Woher kennen Sie seinen Namen?«
    »Weil er ihn mir genannt hat«, antwortete Rachel.
    »Wann?«, fragte Naubach.
    »Woher kennen Sie diesen Mann?«, setzte De Ville hinzu.
    Rachel wollte wütend werden, aber dann verbot sie es sich, seufzte ergeben und erzählte den beiden ausführlich und in allen Details, was am Morgen geschehen war und wie sie Benedikt Darkov kennen gelernt hatte.
    Naubach hörte die Geschichte zum zweiten Mal und De Villes Gesicht blieb so ausdruckslos, wie es die meiste Zeit über gewesen war, aber er machte trotzdem irgendwie nicht den Eindruck, dass er ihr glaubte. Als sie die Karte erwähnte, die Darkov ihr gegeben hatte, streckte er fordernd die Hand aus. Sie reichte ihm das Kärtchen. De Ville drehte es einen Moment unschlüssig in der Hand und fuhr schließlich mit dem angefeuchteten Daumen darüber. Der aufgedruckte Text verwischte zu einem hässlichen schwarzen Fleck. »Selbst gemacht«, stellte er fest. »Mit einem billigen Tintenstrahldrucker.« Es klang irgendwie zufrieden.
    »Ist das verboten?«, fragte Rachel spitz.
    »Nein, aber aufschlussreich. Visitenkarten zu drucken kostet so gut wie nichts. Sie selbst herzustellen ist ziemlich umständlich und führt zu keinem sehr professionellen Ergebnis, wie Sie ja sehen. Das gibt Anlass zu der Vermutung, dass dieser Name falsch ist und er nicht allzu viele von diesen Karten braucht.« Offensichtlich gefiel er sich in der Rolle des Sherlock Holmes.
    Rachel sah ihn zwar einen Moment zweifelnd an, machte sich aber nicht die Mühe, seinem Gedankengang folgen zu wollen, sondern erzählte den Rest der Geschichte, wozu sie gute zehn Minuten brauchte. Als sie zu Ende gekommen war, sah De Ville sie schweigend und sehr nachdenklich an. Naubach, der seine Zigarre mittlerweile aufgepafft hatte, ging zum Waschbecken, um sie zu löschen, wobei er die Asche auf dem gesamten Weg dorthin verteilte. Bevor er zurückkam und sich wieder setzte, machte er das Fenster weiter auf. Kalter Wind und ein fein sprühender Regen wehten herein, aber niemand beschwerte sich darüber. Die Luft war in den letzten Minuten zum Schneiden dick geworden.
    »Das klingt alles sehr seltsam«, sagte De Ville schließlich.
    Nichts anderes hatte sie erwartet. »Das stimmt. Aber genau so war es«, antwortete Rachel. »Fragen Sie ihn selbst, wenn Sie mir nicht glauben – es sei denn, er ist Ihnen auch entkommen.«
    De Ville schwieg, aber er und Naubach tauschten einen bezeichnenden Blick.
    »Er befindet sich zwei Etagen tiefer«, sagte Naubach schließlich. »In einem gut bewachten Zimmer. Unglücklicherweise ist er nicht sehr

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