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Flut

Flut

Titel: Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Galera
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es zu brodeln. Von schierer Angst getrieben paddelt er mit aller Kraft auf den Strand zu, den Blick auf einen festen Punkt im Sand gerichtet. Erst als er durch das knietiefe Wasser läuft, blickt er zurück und sieht riesige Wellen über die Felsplatten brechen. Wenn er später daran zurückdenkt, hat er keinen Zweifel, dass sie ihm das Genick gebrochen hätten.
    Nachmittags im Schwimmbad denkt er die ganze Zeit darüber nach, was er Panela erzählen soll, und als es so weit ist, sagt er nur, dass er aufhören will, wenn möglich nur für eine Weile. Panela akzeptiert das nicht.
    Willst du mehr Geld?
    Darum geht es nicht.
    Worum dann?
    Ich brauche eine Auszeit.
    Wann willst du aufhören?
    Jetzt.
    So läuft das nicht. Du hast einen Monat Kündigungsfrist.
    Im Fitnessstudio neben dem Empfang gibt ein Glatzkopf mit aufgepumpten Oberkörper und dünnen Beinen während der letzten Wiederholungen einer Übung animalische Laute von sich, lässt dann die Hanteln auf den Holzboden krachen und läuft schnaubend im Kreis herum. Débora rollt mit den Augen und widmet sich wieder dem Videospiel auf ihrem Handy.
    Ein Monat ist zu lange.
    Ich brauch mindestens zwei Wochen, um einen Ersatz zu finden.
    Dann bleib ich noch zwei Wochen.
    O.   k., aber lass uns nochmal drüber reden. Was muss passieren, damit du bleibst?
    Nichts, Panela, tut mir leid. Vielleicht komm ich irgendwann wieder.
    Ich kann dir nicht garantieren, dass du den Job dann noch hast.
    Ich weiß. Das sehen wir dann. Danke, dass ich hier arbeiten durfte, das war eine wirklich wichtige Zeit für mich.
    Du wirst uns fehlen, Alter.
    Panela zuckt mit den Schultern und geht. Débora, die alles mitgehört hat, sieht ihn jetzt mit zusammengepressten Lippen und erhobenen Augenbrauen an.
    Ich hoffe, du hast einen guten Grund.
    Ich auch.
    Wann willst du dich eigentlich endlich mal rasieren? Du siehst viel besser aus ohne Bart.
    Glaubst du?
    Nicht nur ich.
    Dann werde ich mal ganz ernsthaft darüber nachdenken.
    Alles in Ordnung?
    Inwiefern?
    Du siehst in letzter Zeit ziemlich mitgenommen aus. Ich hab schon viele Leute gesehen, die der Winter hier fertiggemacht hat.
    Heute kam es mir vor, als wäre Sommer.
    Du weißt, was ich meine. Ein Mann, der von seiner Frau verlassen wird, seinen Job kündigt, nur noch zu Hause rumhängt, sich kaum noch blicken lässt. Ich will nicht, dass du … ach, egal.
    Unsinn. Mir geht’s gut. Mach dir keine Sorgen.
    Falls du irgendwas brauchst, sag mir Bescheid, o.   k.? Egal was.
    Er nickt.
    Pass auf dich auf.
    Ich bin ja noch zwei Wochen hier, Débora. Bis morgen.
    Er zögert einen Moment und geht dann um den Tresen herum. Débora steht auf, noch bevor er bei ihr ist, und die beiden umarmen sich lange schweigend. Draußen läuft Beta an der Glastür vorbei.
    Deine kleine Hündin ist wieder gesund, oder?
    Der geht’s prima. Sie ist heute den ganzen Weg allein hergelaufen.
    Ich hab gehört, ihr schwimmt zusammen weit aufs Meer raus.
    Ja, sie geht ins Wasser, aber nicht so weit raus. Die Leute übertreiben.
    Er erzählt Débora von seiner morgendlichen Begegnung mit dem Wal, aber sie scheint nicht sonderlich beeindruckt. Vor vier Jahren hat sie beim Surfen an der Praia da Ferrugem schon mal einen Glattwal angefasst, außerdem hat sie direkt vor ihrer Nase Delfine springen sehen. Er gibt sich geschlagen und verabschiedet sich.
    Er bestellt am Stand auf dem Supermarktparkplatz einen Cheeseburger Spezial und setzt sich zum Essen auf eine flache Mauer vor dem Bürgersteig. Als er nach Hause geht, ist es dunkel. Das Al Capone ist wie immer offen, er setzt sich an einen der Tische draußen und trinkt ein Bier. Aus dem Lautsprecher erklingt leise Janis Joplin, und er erinnert sich an ein Mixtape, das er früher gern im Bus auf dem Weg zur Schule gehört hat. Der Rastafari-Kellner streichelt Beta am Hals und blickt die Straße rauf und runter, als könnte da irgendwas passieren. Drinnen sitzt ein Paar, und am Tisch daneben sitzen zwei Männer. Sie alle wissen, dass der Abend schon lange vorbei ist, und werden bald nach Hause gehen. Niemand wird mit ihm reden. In letzter Zeit spricht kaum noch jemand mit ihm. Er isst ein paar Erdnüsse, kippt sein Bier runter und zahlt die Rechnung.
    Nachdem er eine Straße weiter in Richtung Strand gelaufen ist, fällt plötzlich in der ganzen Stadt der Strom aus. Die Hauptstraße verwandelt sich in einen dunklen Tunnel, in dem ein eisiger Wind weht. Seine Augen gewöhnen sich langsam an die Neumond-Nacht, und nach und

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