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Flutgrab

Flutgrab

Titel: Flutgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meister Derek
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er die Bauern im Wald … Also wie er den Konvoi verteidigt hat – aber dann, der Regen. Mein Gott, Alheyd, dieser Regen! Du glaubst es nicht.«
    Sie starrte ihn weiter abwartend an. Der Blick seines Weibs machte ihn nervös. Alheyd blickte ihm direkt ins Gewissen. Sie wusste genau, dass er ihr eine Lügengeschichte auftischte, war er sich sicher, aber er musste jetzt einfach da durch.
    »Ah, wo war ich … Regen. Ja. Also Marek mit dem Schwert. Zeigt mir, wie er so kämpft und dann … Dann war da dieser Schweinedings. Schweinekoben. Schweinekoben, genau und durch den Regen. Also, Fluten, sag ich dir, Fluten!« Zur Illustration des Gesagten begann er, wild zu gestikulieren, ließ seinen Kapitän ein imaginäres Schwert durch die Luft hauen, ließ ihn nebenbei auch Kopfschmerz und Unbehagen zerstückeln, fand in seine Geschichte, glaubte sie beinahe schon selbst. »Und das Schwert fällt in den Schweinedreck und wir also hinterher. Doch die Sau – wahrscheinlich die einzige in ganz Lübeck, die noch lebt – na ja … Wir in den Dreck rein, suchen sein Bastardschwert. Kommt die Magd raus, denkt, wir sind Diebe. Stell dir das mal vor. Und was macht die Kuh von Magd?« Er deutet ein Eimerkippen an. »Die ganze Schweinescheiße über uns.« So unschuldig wie möglich lächelte er Alheyd an.
    »Ganz ehrlich? … Du erzählst dumm Tüch! Ich hab gesehen , wir ihr euch absichtlich im Hinterhof gewälzt habt! Wie die Schweine eingesaut habt ihr euch.«
    Rungholt kratzte sich am Kopf. »Äh. Ja. Stimmt. Das … Also das war davor. Da hat Marek mir gezeigt, wie er entkommen konnte. Und dann sind wir ja noch mal los. In den Travekrug.«
    »So eingesaut?«
    »Äh.« Wieder tropfte etwas von dem Batzen herunter. Rungholt meinte, ein verräterisches Klacken vernommen zu haben. Er schloss kurz die Augen, als das Bild eines Menschenknochens in ihm aufblitzte, der sich im Stoff verfangen hatte. »Ach, das ist doch alles kein Problem. Das ist doch ein Klacks. Das bisschen Dreck. Gib mal her, Hilde.«
    Zum Entsetzen der Frauen griff Rungholt sich den Batzen, drückte ihn sich vor das nasse Gewand und stampfte damit zur Feuerstelle. Er sah sich nach einem leeren Grapen um und ließ alles hineinfallen.
    »Kann man doch waschen.«
    »Richtig, Rungholt. Mann kann. Ich hätt’s in der Sickergrube versenkt.« Mit einem Kopfnicken gab sie Hilde ein Zeichen, und die Magd nahm einen Topf vom Feuer und hängte stattdessen Rungholts Kessel an den Hal. »Viel Vergnügen.«
    Ohne ein weiteres Wort ließen die beiden Frauen ihn allein.
    »Ha! Ein Klacks!«, rief er ihnen trotzig nach. »Der kleine Fleck!«
    Schwarzer Morast starrte ihn an, als er mit langem Hals in den Grapen lugte.
    Sein Nachthemd war längst in der Hitze des Herdfeuers getrocknet, hatte über die Stunden jedoch dunkle Striemen bekommen, weil er immerzu seine dreckigen Pranken daran abgewischt hatte. Sieben Mal hatte er den Grapen in den Hof geschleppt, das Dreckwasser ausgekippt und ihn mit frischem Regenwasser befüllt. Der Tappert war inzwischen nicht mehr undurchdringlich schwarz, dafür erinnerte er ihn jedoch mit einem tiefen Grün-Grau an Alheyds Hirsebrei mit Erbsen. Der Geruch nach Rattenkot und Verwesung wollte allerdings partout nicht weichen.
    »Sickergrube«, brummte Rungholt und gähnte. »Immer alles wegwerfen, als regnete es Geld.«
    Angewidert schnupperte Rungholt an dem kochenden Kleidungsstück. Sein Blick fiel auf die getrockneten Kräuter, die Hilde an einem Balken über der Feuerstelle hübsch aufgereiht hatte.
    Wie ein Kind, das auf dem Markt einen Apfel stehlen will, sah Rungholt sich um, bevor er zwei Büschel abrupfte. Die Kräuter verströmten einen frischen, belebenden Duft. Kurzerhand schmiss er sie in das kochende Wasser, warf noch ein wenig Quendel hinterher und entschied sich dann, alles mit einer Prise Pfeffer abzuschmecken. Na bitte, der Quendel übertünchte den Friedhofsgestank. Zumindest verfeinerte er ihn.
    Gähnend beschloss Rungholt seine Kleidersuppe noch etwas köcheln zu lassen und sich anzuziehen. In der Schlafkammer tapste er müde zu seiner Kleidertruhe und klappte den Deckel auf. Beinlinge, der breite Dupsing aus Kalbsleder und eine rotbraune Schecke. Prüfend roch er daran. Holz, Asche und ein leichter Duft von Geräuchertem. Er bekam Hunger.

22
    Die Rufe der Männer und Frauen drangen bis auf die Via Regia und den Schrangen, wo sie sich zwischen den verlassenen Buden verfingen. »Köpfelberg! Köpfelberg!«, riefen sie. Ein paar

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